Ein ambivalenter Ort
Unter dem Titel «Waldeslust» startete letzten Freitag eine neue Ausstellung im Forum Würth in Arlesheim. Mit einem Museumsbesuch verbunden ist ein eigens dafür konzipierter Audiowaldspaziergang durch die angrenzende Reinacher Heide.
Der Wald ist vieles: Sehnsuchtsort und Erholungsgebiet, aber gleichzeitig steht er auch für das Undurchdringbare, Düstere und Unbekannte. Die Vielschichtigkeit und die verschiedenen Blickwinkel auf den Wald abzubilden, ist der Leitfaden hinter der neuen Ausstellung «Waldeslust» im Forum Würth. Myriam Rüegsegger, die für die Umsetzung in Arlesheim verantwortlich ist, erklärt: «Die Initiative, eine Ausstellung zum Thema Wald zu realisieren, stammt vom Unternehmer und Sammler Reinhold Würth selbst. Aus der rund 20000 Werke umfassenden Sammlung Würth haben wir Kunstwerke zusammengestellt, welche die Faszination Wald aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten.»
Von der Wurzel bis zur Baumkrone
Die Ausstellung erstreckt sich über zwei Stockwerke, wobei bereits im Treppenhaus Bilder des Schweizer Fotografen Markus Bühler auf das Waldmotiv einstimmen. Alles beginnt typischerweise bei der Wurzel, so auch die Ausstellung: mit zwei zusammenhängenden Werken von Norbert Tadeusz, die das sich ausbreitende und verwobene Wurzelgeflecht der Bäume zeigen. Um die Ecke strahlt auf einer Fotografie von Elger Esser eine violette Blüte durch das Dickicht. Im Gegensatz dazu steht Christian Rohlfs Werk «Waldweg nach Erling», das in sichtbaren Pinselstrichen den ungewissen und endlos scheinenden Pfad zum lichten Horizont andeutet. Daneben hängt das Ölgemälde «Sonnenuntergang bei Moret» des französischen Malers Alfred Sisley. «Sisley war ein Weggefährte Monets und zählt zu den Hauptvertretern des Impressionismus», erklärt Antonio Russo, Kunstvermittler des Forums Würth. Im hinteren Teil des Raumes steht auf einem Sockel die Skulptur «Walking Manzanita» des englischen Bildhauers David Nash – eine hölzerne Anlehnung an Giacomettis «Walking Man».
Im zweiten Stock zeigt ein drei Meter langes Kohlebild von Robert Longo, das auf den ersten Blick kaum von einer Fotografie zu unterscheiden ist, auch eine düstere Seite des Waldes. «Der Wald ist ambivalent. Er ist nicht nur ein Sehnsuchtsort, sondern kann auch Angst und Unsicherheit auslösen, was hier durch den nebligen Scheideweg symbolisiert werden könnte», ergänzt Kunstvermittler Russo.
Das Thema wird in der Ausstellung nicht nur mit Gemälden und Skulpturen, sondern auch mit Gedichten und Zitaten an den Wänden untermalt: «Wenn wir den Wald sterben lassen, verlieren Worte ihren Sinn», ist über dem schwarz-weissen Werk «Totes Holz» zu lesen, das einen entwurzelten Baumstrunk zeigt. Das Zitat wie auch die Kohlezeichnung stammen von Günter Grass, den viele wohl in erster Linie als Schriftsteller kennen. Aber auch farbige und wärmere Töne kommen vor, wie beispielsweise im Werk «Tessiner Berglandschaft» von Hermann Scherer, einem der zentralen Figuren des Schweizer Expressionismus.
Der Wald im stetigen Wandel
Am Ende des Rundgangs wartet im zweiten Stock der sogenannte Walderlebnisraum, in dem alle fünf Sinne rund um das Thema Wald angeregt werden. Es gibt Duftdosen zu riechen, Tiergeräusche zu hören oder verschiedene Baumrinden zu ertasten. Natürlich kann ein solcher Raum einen echten Waldspaziergang nur bedingt simulieren, aber das soll er auch nicht. «Der Walderlebnisraum gibt Anregungen und lädt dazu ein, nach der Ausstellung gleich weiter in die Reinacher Heide zu gehen und den Wald selbst zu erleben», erklärt Rüegsegger.
Dazu hat das Forum Würth zusammen mit dem Naturschutzdienst Baselland einen Audiorundgang konzipiert, mit dem ausgewählte einheimische Bäume und Waldtypen auf eigene Faust erkundet werden können. Dahinter steht Ranger Yannick Bucher, der dafür wirbt, nicht nur einmal, sondern immer wieder in die Waldatmosphäre einzutauchen: «Das Faszinierende finde ich, dass sich der Wald nicht nur mit den Jahreszeiten verändert, sondern auch täglich im Kleinen, wenn man genau hinschaut.»