Der Speierling: Ein Baum mit Vergangenheit und Zukunft

Der Speierling gehört zu den sehr seltenen Baumarten. Seiner Förderung hat sich der Förderkreis Speierling verschrieben. Der hiesige Baumbestand führt den international aufgestellten Verein in diesem Jahr auch nach Arlesheim.

Gross und stark: Die exponierte Lage auf dem Felsvorsprung beim Chilchholz ist für den Speierling bestens geeignet. Foto: ZVG

Gross und stark: Die exponierte Lage auf dem Felsvorsprung beim Chilchholz ist für den Speierling bestens geeignet. Foto: ZVG

Mit viel Herzblut: Martin Dick neben einem jungen Speierling. Foto: Mirjam Sinniger

Mit viel Herzblut: Martin Dick neben einem jungen Speierling. Foto: Mirjam Sinniger

Runde Sache: Der Speierling trägt kleine, apfelähnliche Früchte. Foto: Mirjam Sinniger

Runde Sache: Der Speierling trägt kleine, apfelähnliche Früchte. Foto: Mirjam Sinniger

Hoch über dem Dorf beim Chilchholz thront ein kräftiger Speierling. Die heisse Mittagssonne stört ihn nicht. Im Gegenteil: Der Speierling liebt das Licht und die Wärme. «Er ist so lichtbedürftig, dass er im Wald gegen andere Bäume oft keine Chance hat und auf Aussenseiterpositionen zurückgedrängt wird», sagt Martin Dick, Präsident der Arbeitsgemeinschaft für Natur- und Heimatschutz Baselland, «die Felsvorsprünge der Ermitage sind für ihn daher ideal.»

Der pensionierte Biologe hat sich den Erhalt und die Förderung der Speierlinge in der Region zum Auftrag gemacht. Zufällig stiess er auf die seltene Baumart und war sofort fasziniert: «Der Baum macht es einem nicht einfach», sagt Martin Dick lachend. Der Speierling braucht viel Pflege und gute Rahmenbedingungen. Neben Licht und Wärme benötigt er auch Platz: Die Bäume müssen regelmässig freigestellt werden, damit sie nicht von anderen Bäumen überwachsen werden. Zudem gilt es, sie vor Wildverbiss zu schützen. Im Rahmen eines Förderprojekts haben Martin Dick und seine Mitstreiter bereits 107 Speierlinge in der Region gepflanzt. Auf der Projekt-Website dokumentiert Martin Dick den Baumbestand der Region auf einer Landkarte. Die Bäume werden fotografiert, Standort, Höhe und Umfang werden erfasst und das Erbgut wird gesichert.

Der Speierling war nicht immer gefährdet. Sein aussergewöhnlich hartes Holz war zeitweise stark gefragt, aber neue Methoden der Waldbewirtschaftung haben es dem Speierling schwer gemacht. «Früher war der Wald Energielieferant. Dadurch wurden Wälder regelmässig abgeholzt. Heute geht es eher um Holzgewinnung für Bretter. Entsprechend wachsen die Bäume in die Höhe. In dieser Art von Wald fehlt dem Speierling das Licht, um wachsen zu können», erklärt Dick.

Besuch der Speierling-Freunde

Um auf die Situation aufmerksam zu machen, wurde der Speierling vor 30 Jahren zum Baum des Jahres gekürt. Damals war der Speierling selbst in Fachkreisen wenig bekannt. In diesem Zusammenhang steht auch die Gründung des Förderkreises Speierling, der an diesem Wochenende in Arlesheim und Schaffhausen seine Jahrestagung durchführt. Die Beachtung, die der Baum fand, führte 1994 zur Gründung des Förderkreises in Frankfurt am Main. Zu Beginn waren es etwa ein Dutzend Speierling-Freunde, heute zählt der Förderkreis mehr als 100 Mitglieder aus zehn Ländern. An jährlichen Tagungen werden Erfahrungen ausgetauscht. Auch Martin Dick ist Mitglied und organisiert in diesem Jahr die Jahrestagung.

In Arlesheim steht die Besichtigung besonderer Speierlinge in der Ermitage, auf der Eichmatt und auf dem Chilchholz-Gipfel auf dem Programm. Begleitet wird der Anlass vom Revierförster Fredi Hügi. Die Förderung der Bäume geniesst auch bei ihm einen hohen Stellenwert: «Der Forstbetrieb pflanzt gegen 100 Speierlinge pro Jahr in Arlesheim und Münchenstein.»

Zu einer Jahrestagung des Förderkreises gehören auch Kultur und Geselligkeit: Ein Nachtessen mit Wildobst und den Früchten des Speierlings ist ebenso geplant wie eine Führung durch den Dom und ein öffentliches Konzert in der Klosterkirche Dornach mit Blockflöte, Cembalo und Hackbrett. «Die Blockflöte von Flötistin Madeleine Imbeck wurde zwar nicht aus dem Speierling, dafür aber aus dem Holz der Elsbeere gefertigt – das ist die Schwester des Speierlings», verrät Martin Dick.

Revival wegen Klimawandel

Der Speierling – so viel scheint klar – hat sich die Aufmerksamkeit zurückgeholt. Die Förderung ist wichtig: Der Wald der Zukunft wird seine Wärmebeständigkeit brauchen, denn die Folgen des Klimawandels sind auch in den Schweizer Wäldern zunehmend spürbar. Die zunehmende Trockenheit hat Einfluss auf die Baumartenzusammensetzung im Wald. Aber auch in der Stadt zeigt der Speierling viel Potenzial, weshalb er vom Bund deutscher Baumschulen auf die Liste der Zukunftsbäume für Städte aufgenommen wurde.

30 Jahre nachdem er fast vom Aussterben bedroht war, gilt der Speierling heute also als Baum der Zukunft, und die Liebe zu Licht und Wärme, die dem Baum in der Vergangenheit das Leben schwer gemacht hat, könnte in Zukunft sein Trumpf werden.

arglos.ch/speierling

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