Der Grossmeister der Satire

Am letzten Mittwoch begeisterte der soeben 70 Jahre alt gewordene Franz Hohler im reformierten Gemeindesaal das Publikum. Die Gemeindebibliothek konnte ebenfalls ihr 70. Wiegenfest feiern.

Verschmitzt, augenzwinkernd und voller Schalk: Franz Hohler, Jubilar und Solothurner Literaturpreisträger 2013.  Foto: Thomas Brunnschweiler
Verschmitzt, augenzwinkernd und voller Schalk: Franz Hohler, Jubilar und Solothurner Literaturpreisträger 2013. Foto: Thomas Brunnschweiler

Thomas Brunnschweiler

Bevor Kathi Jungen den illustren Gast begrüsste, holte sie ihre Mitarbeiterinnen auf die Bühne und sprach ihnen ihren Dank aus. Mit einem kurzen Text von Hohler über die Zentralbibliothek Zürich leitete sie dann zum Gast über, der geduldig im Hintergrund auf seinen vielbeklatschten Auftritt wartete. Zuerst beschrieb Hohler seine Reise mit dem 10er-Tram. Welthaltig sei die Gegend hier, sagte er. «Da gibt es die Neue Welt und die Zollweiden – wer weiss, welche Zöllner hier weiden? – und dann Elektra Birseck, eine Haltestelle, die an ein griechisches Drama erinnert.» Er gratulierte der Bibliothek, deren Geburtsjahr ja mitten in die Kriegszeit fiel, in der das Geld für Kultur eher knapp gewesen sei.

Eine Klasse für sich
Im Gegensatz zu den öffentlich-rechtlichen Humorverwaltern war der Schriftsteller, Kabarettist und Liedermacher Franz Hohler nie ein eitler Zeitgenosse. Seit seinem ersten Kabarettprogramm im Jahre 1965 hat er über 50 Bücher geschrieben und Theaterstücke, Tonträger sowie unzählige Radio- und Fernsehbeiträge produziert. Der Künstler verstand es stets, politisches Engagement und Fabulierlust zu verbinden. Mit seinem «Totemügerli» oder den Erzählungen hat er sich einen festen Platz in der Literaturgeschichte gesichert.

Kurz: Hohler ist ein Grossmeister, der seine Grösse nicht beweisen muss. So wirkte sein Auftritt bescheiden und sympathisch. Stets mit einem verschmitzten Lächeln trug er seine Texte vor. Er begann mit autobiografischen Notizen, um dann drei berührende Liebesgedichte vorzutragen. Die Erzählung «Bedingungen für die Nahrungsaufnahme», in der satirisch die Tücken der Kinderaufzucht aufs Korn genommen werden, riss das Publikum zu Lachstürmen hin. Sowohl für Vergnügen wie für Gänsehaut sorgte «Der Geisterfahrer», ein genialer Text über die Kollision von moderner Technik und Sage.

Humor, gepaart mit scharfem Intellekt
Dann erwies sich Hohler als brillanter Philologe, der locker lateinische, spanische oder rätoromanische Texte in Mundart übersetzt. Die Mundartvariante von «Le Déserteur» von Boris Vian – deren Ausstrahlung das Schweizer Fernsehen vor Jahren unterband – sang Hohler ohne Begleitung. Es folgten Texte aus seinem Wanderbuch, wobei der erste dem Schwarzbubenland gewidmet war, wo Hohler eine Zeitlang mit seinen Eltern lebte.

Nach einem Spaziergang durch die Weltliteratur, der auch zu Begegnungen mit Autoren wie Federspiel, Canetti und Meienberg führt, kam der Autor schliesslich zu seinem Kinderbuch «Es war einmal ein Igel». Die lakonischen, von unübertrefflichem Witz getränkten Verse verzückten das Publikum nochmals und liessen den denkwürdigen Abend heiter enden. Hohler schrieb am Ende sinngemäss in sein Notizbuch: «Arlesheim 2023: Gemeindebibliothek wird 80.» Der Abend war ein kulturelles Highlight.

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