Bedrückend, vorwurfsvoll, aber auch mit viel Humor und guter Laune
Ein Thema, drei Herangehensweisen: Die preisgekrönten Filme der Arlesheimer Kurzfilmtage thematisierten den Klimawandel ganz unterschiedlich.
Eine Frau liegt am Strand, blutet aus dem Mund und ringt nach Luft. Daneben geniessen andere Leute das Leben, baden im Meer und spielen im Sand. Der Mann, der von weither angelaufen kommt, kann nur noch ihren Tod feststellen. Aus ihrem Mund zieht er Reste eines Fischernetzes und Plastikabfall. In den letzten Sekunden des Films wird die Frau zu einem Vogel. Jämmerlich erstickt an der Hinterlassenschaft des Menschen. Der Film hat keinen Dialog – braucht er nicht. Denn die Bilder sagen mehr als tausend Worte und hinterlassen beim Zuseher ein bedrückendes Gefühl. Das empfanden auch die 198 Personen, die online für den Film abgestimmt und ihn so zum Sieger des Publikumspreises in der Höhe von 500 Franken, gesponsert vom «Wochenblatt», gemacht haben. Der Brite Orson Cornick, der während Jahren in Basel gearbeitet hatte, hat mit «Choker», auf Deutsch Halsband oder eng anliegende Halskette, ein Werk geschaffen, das Spuren hinterlässt. «Solche Szenen – dass Vögel hier am Strand ersticken – passieren jede Minute, jeden Tag», sagte Cornick, der per Video zugeschaltet aus London teilnahm. Der Entscheid, den Film komplett ohne Dialog zu machen, habe er bewusst gefällt. Denn der Klimawandel habe keine Sprache. Er passiere überall. «Manchmal ist es besser, gar nichts zu sagen», meinte der britische Filmemacher sichtlich gerührt.
Besserwisserisches Gehabe
Dass die Jury bei ihrer Preisverleihung «Choker» nicht auf die ersten beiden Plätze wählte, zeigt einerseits, wie unterschiedlich Geschmäcker sind, und andererseits, wie vielfältig das Thema «Klima» ansprechend angegangen wurde. Kurzfilmtage-Initiant David Borter, Dokumentarfilmer Matthias von Gunten und SRF-Kulturjournalistin Sarah Herwig waren sich nach intensiver Diskussion einig, dass Pascal Treuthardt mit «Klima Realisten» das Thema am besten umgesetzt hatte. Er setzte zwei Mädchen in einen Park und liess sie über den Klimawandel diskutieren. Beide machten sich Vorwürfe, dass sie mit ihrem Verhalten den Klimawandel verursacht hätten. Der Film spielt in der Zukunft, hält der Gegenwart aber den Spiegel vor. Der Binninger thematisiert Vorwürfe, Ausgrenzung und besserwisserisches Gehabe auf humorvolle Art und Weise. Jurymitglied Sarah Herwig lobte den Film als «entlarvend» und dass damit eine wichtige Botschaft übermittelt werde: «Mit Schuldzuweisungen kommen wir beim Klimawandel nicht weiter.»
Auf den zweiten Platz wählte die Jury Larissa Pumas «Couchsurfing in Switzerland». Sie lässt sich in verschiedenen Stilmitteln über das Meer surfen, das bis in die Schweizer Alpen aufgestiegen ist. Der Film versprüht gute Laune, spricht aber die Katastrophe des stetig steigenden Meeresspiegels an, lobte Matthias von Gunten die Bieler Filmemacherin. Die Jurypreise waren mit 1000 beziehungsweise 500 Franken dotiert.
Die professionell aufgemachte Preisverleihung der Arlesheimer Filmtage am Samstagabend aus dem Culinarium bewies eindrücklich, dass in Zeiten von Corona eine solche Veranstaltung auch digital durchgeführt glamourös sein kann. Für all jene, die nicht live zuschalten konnten, ist die Preisverleihung unter www.arlesheimerkurzfilmtage.ch weiterhin zu sehen.