Arlesheimer Ortskern zwischen Entwicklung und Erhalt
Ist der historische Ortskern von Arlesheim ein Museum oder ein Ort, der entwickelt und genutzt werden darf? Dies diskutierte die Frischluft am Samstag auf ihrem Rundgang durchs Dorf.
Tobias Gfeller
Es ist ein Thema, das Arlesheim bewegt wie wenig andere: Der Ortskern, der im Bundesinventar für schützenswerte Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (ISOS) steht, gilt mit Muttenz als der schönste der Region. Dementsprechend gibt es Diskussionen, wenn an ihm etwas verändert werden soll. «Ballenberg oder Hochhäuser im Dorfkern?», fragte die Frischluft Arlesheim auf dem Dorfrundgang am Samstag absichtlich überspitzt. 40 Interessierte folgten den drei eingeladenen Rednern von der Trotte bis zum Sundgauerhof und schalteten sich aktiv in die Diskussionen ein.
Erreichbarkeit fürs Gewerbe wichtig
Die geltende Nutzungsplanung für den Ortskern ist bald 30 Jahre alt und steht vor der Gesamtrevision. Diese wird zeigen, wie der Dorfkern in den nächsten Jahrzehnten aussen soll. Verschiedene Interessen treffen aufeinander. Jene, die am liebsten alles genauso belassen würden, wie es heute ist und jene vor allem von Seiten des Gewerbes, die Entwicklung zulassen wollen und sich wünschen, dass der Ortskern möglichst belebt ist. Dies äusserte auch Philippe Wälle, Vorstandsmitglied des Arlesheimer Gewerbe- und Industrievereins (AGIV). «Für den Detailhandel im Ortskern ist es wichtig, dass die Plätze bespielt werden und etwas läuft.» Für die Geschäfte sei die Erreichbarkeit zentral, sagte Wälle und lobte die Entschlüsse der Vergangenheit, das Auto nicht komplett aus dem Dorfkern zu verbannen.
Nicht alles erhalten
Philippe Wälle fordert von der Zonenplanrevision die Möglichkeit zu höheren Fassaden und mehr Freiheiten für Dachaufbauten. Dies kann Jürg Bossardt von der kantonalen Denkmalpflege nicht nachvollziehen. Er zweifelt am Nutzen von Dachaufstockungen für Läden und kritisiert zu hohe Bauten im historischen Dorfkern. Bossardt stellte auch klar, dass man nicht alles erhalten kann und auch nicht alles erhaltenswert ist. «Es kommt auf die Massstäblichkeit bei Neubauten an und man muss sorgfältig mit der Bausubstanz umgehen.» Bossardt erklärte auch, wieso im Speziellen Ortskerne eine Gemeinde so charakterisieren und einmalig sind. «Bevor die Eisenbahn kam, waren die Transportmöglichkeiten gering. So verwendete man das Material, das es in nächster Umgebung gab. Und das ist halt in jeder Gemeinde unterschiedlich. Solche ortstypischen Baustile helfen, Heimatgefühle zu entwickeln.»
Domplatz mehr beleben?
Der Grossteil der Rundgangteilnehmenden sah dies ähnlich. Vor allem Sylvia Tschanz-Siegfried, die sich immer wieder an der Diskussion beteiligte. Sie wehrte sich auch gegen die Forderung von Architekt Miklòs Berczelly – er plante einst die Überbauung Schappe –, den Domplatz mehr zu beleben. «Dort gehört eine stille Nutzung hin. So eine ältere Zeit von Geist und Atmosphäre muss man bewahren.» Berczelly betonte mehrfach, dass es bei neuen Projekten wichtig sei, gute Architekten in den Planungswettbewerb und Denkmalpfleger in die Wettbewerbsjury zu holen. «Und am Ende ist es doch das Volk, das bei Zonenplanungen entscheidet.»
Vernünftige Balance finden
Die Diskussionen verliefen engagiert, was unterstrich, welche Bedeutung der Ortskern für Arlesheim hat. Denkmalpfleger Jürg Bossardt sprach mehrfach aus, was den Zuhörern auf dem Herzen lag. «Wir leben alle in einer Schizophrenie drin. Einerseits wollen wir eine intensive Nutzung, andererseits das Ortsbild erhalten. Dies ist oft ein Widerspruch. Da müssen wir schauen, dass wir irgendwie eine vernünftige Balance finden.»