Arlesheim ist die erste «Fair Trade Town» der Nordwestschweiz
Am vergangenen Sonntag, dem Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag, wurde Arlesheim im Badhof mit dem Label Fair Trade Town ausgezeichnet.
«Schön, dass ihr alle gekommen seid, ich dachte, es kommt niemand bei dem Wetter», begrüsste Gemeinderat Jürg Seiberth schmunzelnd die Gäste und Interessierten. Wieder einmal war der Himmel grau verhangen, aber so Seiberth weiter: «Das sind wir gewohnt, und, wenn wirs brauchen, wirds schön.» Tatsächlich fiel während der gesamten Bettagsfeier kein einziger Tropfen, erst danach setzte der Regen wieder ein. Der Eidgenössische Dank-, Buss- und Bettag ist, wie Ständerätin und Gastrednerin Maya Graf in ihrer Rede ausführte, der einzige staatlich festgelegte Feiertag, der kirchlich begangen wird, also ein religiös-politischer Feiertag. Er soll das Gemeinsame zwischen politischen und konfessionell Andersdenkenden fördern. Genau der richtige Anlass also, um Arlesheim als erste Fair Trade Town in der Nordwestschweiz zu zertifizieren, geht es doch gerade bei Fair Trade um den Solidargedanken. Umrahmt von der Bettagsfeier durch Pfarrer Thomas Mory (reformierte Kirche) und Pfarreiseelsorger Josef Willa (römisch-katholische Kirche) sowie den musikalischen Beiträgen des Musikvereins, des Arlesheimer Männerchores und eines eigens komponierten Fair-Trade-Songs nahm Gemeinderat Felix Berchten die Urkunde von Tobias Meier, Präsident Swiss Fair Trade, entgegen.
Austausch und Schlagkraft
«Der Gemeinderat hat sich klar entschieden, das Label Fair Trade Town nicht zu bekommen, um noch ein weiteres Label zu haben», so Felix Berchten. Vielmehr gehe es darum, die etlichen Akteure und Initiativen, die es seit Jahren und Jahrzehnten zum Thema Fair Trade in Arlesheim gibt, zusammenzubringen und ihnen eine grössere Plattform zu bieten. Berchten hofft auf verstärkten Austausch und eine verbesserte Schlagkraft für das Thema fairer Handel: «Wir möchten diesen Gedanken der Bevölkerung noch näherbringen.» 90 Prozent der Bevölkerung, schätzt Berchten, fänden die Idee grundsätzlich gut, den Bauern und Produzenten in den Entwicklungsländern mehr zu zahlen.
Doch das müsse eben auch bei der Entscheidung im Laden präsent sein, etwa beim Kauf von Kaffee oder Bananen. Stichwort Bananen: Maya Graf erwähnte in ihrer Rede (neben der Covid-19-Pandemie) auch die Bananenfrauen in den 1970er-Jahren, die sich damals für einen Mehrpreis für Bananen zu Gunsten der Produzenten einsetzten. Und sie zitierte Mahatma Gandhi mit den für fast alles gültigen Worten: «Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.»
Vorzeigecharakter
Für Arlesheim, das zeigt das Dorf immer wieder, gehören Veränderungswille und Engagement quasi zur Identität. So verwunderte es Maya Graf auch nicht, dass Arlesheim als erste Gemeinde in der Nordwestschweiz die Auszeichnung als Fair Trade Town erhalten hat: «Arlesheim ist eine sehr grüne, fortschrittliche und moderne Gemeinde, die in vielen Belangen wirklich voraus ist und dadurch Vorzeigecharakter hat.» Sie hofft, dass Arlesheim für viele Gemeinden in der Region als Beispiel dienen kann und lacht: «Ich werde versuchen, solch einen Prozess auch in Sissach zu starten.»
Auch Anna Vokinger, Projektverantwortliche Fair Trade Town beim Dachverband Swiss Fair Trade zeigte sich zufrieden: «Die Zusammenarbeit war sehr schön. Besonders hervorzuheben sind das starke Engagement der Arbeitsgruppen sowie der künstlerische Einsatz der Schulklassen, die tolle Bilder gemalt haben.»
Und Philipp Scheidiger, Geschäftsführer von Swiss Fair Trade, antwortete auf die Frage, ob der faire Einkauf in Arlesheim wirklich einen konkreten Nutzen hat: «Definitiv!»