Vom Hasen zum Vogel
Seit 14 Jahren wird im Kanton Basel-Landschaft der Bestand von verschiedenen Brutvögeln dokumentiert. Das Wochenblatt durfte den Vogelkundler Fabio Di Pietro auf einem Rundgang begleiten.
Ausgerüstet mit einem Feldstecher, einem Klemmbrett und einer Karte steht Fabio Di Pietro pünktlich um 6.15 Uhr beim Parkplatz des Schiessstandes bereit, um seinen dritten und letzten Rundgang für dieses Jahr zu starten. Das Wochenblatt darf den Ornithologen begleiten, währenddem er auf seiner Tour Brutvögel beim Schürfeld in Aesch für das Projekt «Brutvogelkartierung BL» beobachtet und registriert.
Als Di Pietro einen speziellen Ruf hört, zückt er seinen Feldstecher: In einer kleinen Tanne entdeckt er zwei Schwarzkehlchen, die sonst nicht häufig in Weihnachtsbaumplantagen anzutreffen sind. Er beobachtet die Tannen genauer und findet noch ein junges Schwarzkehlchen. Zufrieden zeichnet er an unserem Standort die Vogelfamilie ein. Da auch ein Jungvogel mit dabei ist, handelt es sich hier um eine «sichere Brut».
Messdaten aus 14 Jahren
Die Brutvogelkartierung entstand aus dem «Hopp Hase»-Projekt, das 2008 bis 2015 durchgeführt und von verschiedenen Stiftungen finanziert wurde. Dabei wurden Massnahmen zur Förderung von Feldhasen untersucht. Nebst der Bestandsaufnahme von Hasen wurden auch Brutvögel kartiert, da diese ein hervorragender Indikator für die Qualitätsmerkmale eines Areals sind und damit Aussagen zur Biodiversität gemacht werden können. «Wenn der Lebensraum nicht mehr stimmt, kommen keine Vögel mehr in das Gebiet. Gibt es zum Beispiel keine Feldbäume mehr, findet man auch keinen Gartenrotschwanz», erklärt Di Pietro.
Seit 2016 werden Brutvögel nun im Rahmen eines Projekts des Basellandschaftlichen Natur- und Vogelschutzverbands (BNV) weiterkartiert. Die Daten decken mittlerweile 14 Jahre ab. Der Schwerpunkt bei dem Projekt liegt dabei auf den Brutvögeln im Kulturland, wo der Anteil gefährdeter Arten besonders gross ist. Die Kartierungen von den 48 ausgewählten Arten werden dabei in sechs Gebieten im Laufental, im Birstal und Leimental sowie im Oberbaselbiet durchgeführt.
Die Leitung des Projekts liegt bei Nicolas Martinez von Hintermann&Weber AG. Der Biologe ist seit Beginn 2008 an den Projekten beteiligt. Für die Kartierung laufen ehrenamtliche Helfer zwischen dem 15. April und dem 6. Juni jeweils dreimal das ihnen zugeteilte Gebiet ab. Da der zu untersuchende Quadratkilometer beim Schürfeld direkt an der dicht befahrenen Hauptstrasse liegt, hat Di Pietro seine Termine auf die Feiertage gelegt und steht dafür früh auf. Bei Strassenlärm hört man die Vögel kaum, bei Wind und Regen können ebenfalls keine Touren gemacht werden.
Vorsicht bei Bodenbrütern
Der Weg führt uns weiter vorbei an einer Buntbrache: Der Pächter des Landes hat hier eine spezielle Saatmischung gestreut und einige Rosenbüsche gepflanzt. Das längliche Feld, das mehr oder weniger der Natur überlassen wird, ist der ideale Ort für Bodenbrüter. «Am besten wird die Buntbrache nicht direkt am Wegrand angelegt, damit nicht zu viele Störungen auftreten», erläutert Di Pietro. Für die Brache erhalte der Landwirt vom Kanton eine Entschädigung.
Um die Biodiversität von Vögeln zu fördern, können laut Di Pietro verschiedene Massnahmen ergriffen werden, die vom Vogelschutzverein in Reinach unterstützt werden. Sie helfen zum Beispiel, Buntbrachen anzulegen, stellen Mehlschwalbenhäuser auf, pflegen Hecken und stellen Zäune rund um Felder auf, um besonders gefährdete Brutvögel vor Fussgängern und Hunden zu schützen. Aktuell gilt zwar Leinenpflicht für das Gebiet im Wald und am Waldrand, für die Felder gilt diese Regelung jedoch nicht. Irene Rüegg vom Natur- und Vogelschutzverein Reinach, die das Wochenblatt auf das Projekt aufmerksam gemacht hat, sagt dazu: «Man kann es nicht verbieten, Hunde frei herumlaufen zu lassen, aber man kann die Bevölkerung sensibilisieren und über Bodenbrüter informieren.»
«Je mehr Daten, desto spannender»
Wie lange das Projekt zur Kartierung noch weiterlaufe, hänge unter anderem von den vielen freiwilligen Helferinnen und Helfern ab, erklärt Nicolas Martinez. «Fest steht jedoch, je länger die Aufzeichnungen andauern und je grösser die Datenmenge ist, desto spannender ist die Messreihe.»
Die Finanzierung ist vorerst sichergestellt: Seit 2016 finanziert der Swisslos-Fonds Basel-Landschaft das Projekt, der Vertrag läuft noch bis 2025.