Anstellungsverhältnis wirft Fragen auf
Die aussergewöhnliche Machtkonstellation in der Schule Gilgenberg führt zur Zerreissprobe.
In den Räumlichkeiten der Schulverwaltung knallten die Türen. Die Streitigkeiten zwischen dem Präsidenten des Zweckverbandes Schule Gilgenberg und Mitarbeitenden waren letzten Sommer nicht zu überhören. Der Schulleiter verabschiedete sich – mit ihm die gesamte Verwaltung. Der Präsident, Friedrich Wüthrich (Meltingen), blieb und verkündete, der Vorstand springe in die Bresche und teile die Aufgaben der Verwaltung unter sich auf.
Der Zweckverband Schule Gilgenberg war vor zwei Jahren als Zusammenschluss zwischen der Oberstufe und den Primarschulen der Solothurner Gemeinden Himmelried, Nunningen, Zullwil, Meltingen und Fehren aus der Taufe gehoben worden. Entstanden ist ein Acht-Millionen-Franken-Betrieb mit rund 70 Angestellten. Der Vorstand sollte sich auf das Strategische konzentrieren, und die Verwaltung mit der zweiköpfigen Schulleitung, dem Sekretariat und der Finanzabteilung war zuständig für das operative Geschäft. Es kam zu Kompetenzüberschreitungen und zum Vorwurf, es seien Intrigen und Mobbing im Spiel. Der frühere Schulleiter bot an, seine Kündigung zurückzuziehen, sofern die Kommunikation mit dem Vorstand nicht mehr ausschliesslich über den Präsidenten laufe. Wüthrich lehnte die Einigung ab.
Jetzt wurde bekannt, dass Präsident Wüthrich einen Anstellungsvertrag erhalten hat und den Lohn des Schulleiters kassiert. Dem Budget sowie der Dienst- und Gehaltsordnung ist zu entnehmen, dass es um Geld in der Grössenordnung von 100000 Franken geht.
Wüthrich ist Landwirt mit eigenem Betrieb, Gemeindepräsident von Meltingen und zuständig für die Aufgabe des Hirtes auf der Weide Meltingerberg. Die Stelle der Schulleitung war letzten Sommer offiziell ausgeschrieben worden. Das Verfahren wurde durch eine externe Firma begleitet und Ende November teilte die Schule den Eltern in einem Brief mit, dass der Schulvorstand auf August 2025 die beiden erfahrenen Pädagogen Christian Hügli und Roman Scherer als neue Co-Schulleitung einsetzen wird. Früher, also für das laufende Schuljahr Ersatz zu finden, sei ein schwieriges Unterfangen, erklärt Andreas Walter, Leiter des Solothurnischen Volksschulamtes, auf Anfrage dieser Zeitung. «Trotz der Dringlichkeit, die Stelle mit einer kompetenten Persönlichkeit zu besetzen, lohnt es sich, Personalentscheide sorgfältig anzugehen», hält Walter fest und macht deutlich, dass der Personalentscheid Sache des Schulvorstandes sei. «Der Vorstand handelt im Rahmen seiner rechtlichen Rechte und Pflichten. Bei einer Schulleitungsvakanz hat er als kommunale Aufsichtsbehörde die Pflicht, die operativen Aufgaben für die Dauer der Vakanz selber zu übernehmen. Alternativ können Managementaufgaben für die Zeit der Vakanz an eine externe Dienstleisterin vergeben werden, die hoheitlichen Akte verbleiben beim Präsidium beziehungsweise der Ressortverantwortlichen», führt Walter aus und ergänzt: «Der Zweckverband Schule Gilgenberg hat dem Volksschulamt per August 2025 zwei neue Schulleitungen gemeldet. Wie man die Übergangszeit regelt, hat der Vorstand, also die vor Ort zuständige kommunale Aufsichtsbehörde, entschieden. Allfällige Unvereinbarkeiten sind im Gemeindegesetz geregelt», hält Walter fest. Die Gesetzgebung, insbesondere die Statuten des Verbandes, schliessen die jetzige Machtkonzentration nicht aus: Wüthrich kann Schulleiter sein und gleichzeitig den Vorstand als auch die Delegiertenversammlung leiten.
Einige Gemeindevertreter sind mit der jetzigen Konstellation nicht einverstanden und intervenierten. Welchen Weg sie einschlagen, ist noch offen. Philipp Muster, Delegierter und Gemeindepräsident von Nunningen, bestätigt auf Anfrage, dass diverse Abklärungen am Laufen seien, wollte sich aber nicht dazu äussern.
Aus der Delegiertenversammlung sickerte durch, dass Wüthrich aufgefordert wurde, den Gemeinden Red und Antwort zu stehen. Die Gemeinderäte wollen wissen, wie es zu den Abgängen und zur Machtballung kam. Die Delegierten verweisen auf das Öffentlichkeitsprinzip des Kantons Solothurn. Es geht um das Recht auf Einsicht in die Dokumente des Schulvorstandes. Diese Herausgabegesuche können bis vor Gericht gezogen werden.
Offenbar waren die beiden Vorstandsmitglieder André Saladin aus Fehren und Mischa Koch aus Zullwil bereit, Wüthrich den Weg zu ebnen. Mittels ihrer Unterschrift ist der temporäre Anstellungsvertrag zustande gekommen. Willi Knecht, Vorstandsmitglied aus Nunningen, sowie Daniel Nussbaumer, Vorstandsmitglied aus Himmelried, gaben ihren Rücktritt bekannt. «Wir hatten im Vorstand vereinbart, den Weg für einen Neuanfang freizumachen, daran halte ich mich», erklärt Nussbaumer auf Anfrage. «Mir war wichtig, pendente Angelegenheiten mit früheren Mitarbeitenden ins Reine zu bringen. Dies ist erreicht.» Die Fronten seien verhärtet. Aus der gemachten Erfahrung heraus dränge sich bei der Schule Gilgenberg eine Statutenänderung auf. «Analog zu anderen Zweckverbänden — wie zum Beispiel beim Zentrum Passwang — sollte man den Vorstand professionalisieren durch Vorgaben, welche Kompetenzen es braucht. Zudem sollte man verhindern, dass der Präsident des Vorstands gleichzeitig Präsident der Delegiertenversammlung ist», gibt Nussbaumer zu bedenken.
An der Delegiertenversammlung war es zum Beispiel zur Situation gekommen, dass Friedrich Wüthrich durch seinen Stichentscheid die Anträge seiner Kritiker bodigen konnte.