Wohnungen für Jung und Alt
200 Personen besuchten die Gemeindeversammlung in Duggingen. Was mit dem letzten Stück Land der Gemeinde passieren soll, interessiert die Bevölkerung.
Die Lage ist top, zentrums- und bahnhofsnah, mit Blick übers Tal — einen Investor für das 4400 Quadratmeter grosse Stück Bauland zu finden, wäre einfach. Für die Parzellen ist derzeit ein Quartierplanverfahren im Gange. Der Quartierplan sieht die Realisierung von drei freistehenden Gebäudevolumen auf dem Land Hofaggerbühne vor. Doch Widerstand gegen den Verkauf des letzten gemeindeeigenen Baulands von Duggingen regt sich.
Eine Gruppe von Einwohnern und Einwohnerinnen hat sich zur IG-Hofaggerbühnen zusammengeschlossen. Sie fordern, dass die Gemeinde das Land im Baurecht abgibt und auf dem Land ein gemeinnütziger Wohnungsbau entsteht. «Es ist nicht mehr zeitgemäss, Gemeindebauland zu verkaufen. Die Stadt Basel zum Beispiel vergibt das Land nur noch im Baurecht», erklärt Balz Wiederkehr, Initiator der IG. Er fügt an: «Mit der Vergabe im Baurecht kann die Gemeinde kurz- und langfristig Einfluss auf das Grundstück nehmen.» Das Ziel der IG ist es, dass auf dem Land keine teuren Eigentumswohnungen, sondern bezahlbarer Wohnraum für die Menschen im Dorf entsteht. Ältere Einwohnerinnen und Einwohner, die das Bedürfnis haben, aus dem Einfamilienhaus auszuziehen, sollen die Möglichkeit haben, eine Wohnung in Duggingen zu finden. IG-Mitglied Jonas Müller ergänzt: «Viele meiner Kollegen ziehen nach Reinach oder Aesch, weil sie hier in Duggingen nichts finden, das ist schade. Auch junge Leute, die in Duggingen aufgewachsen sind, sollten eine günstige Wohnung in ihrem Dorf finden können.»
Mit gemeinnützigem Wohnungsbau meint die IG nicht subventionierten Wohnungsbau, sondern dass sich die gemeinnützigen Bauträger an der Kostenmiete orientieren und ohne Gewinnabsichten wirtschaften. Interessenten solcher Bauformen sind zum Beispiel Pensionskassen. Das Bundesamt für Wohnungswesen schreibt auf seiner Website: «Die Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus ist als Verfassungsauftrag ein Ziel der Wohnungspolitik.»
Baurecht statt Gewinnmaximierung
Die IG hatte in zahlreichen Gesprächen den Gemeinderat von ihrem Anliegen zu überzeugen versucht. «Das Landstück ist zu klein, um nur einen Teil — wie es der Gemeinderat vorschlägt — für gemeinnütziges Wohnen zu beanspruchen», erklärt Wiederkehr. Da kein Kompromiss zwischen IG und Gemeinderat gefunden werden konnte, trat die IG mit ihrem Anliegen nach §68 vor die Gemeindeversammlung. Die IG hatte gut mobilisiert und so mussten an der Gemeindeversammlung vom Mittwoch, 14. Juni, alle Stühle hervorgeholt werden, um Sitzgelegenheit für die 200 Anwesenden zu schaffen. «Es geht bei der Abstimmung nur darum, ob der Antrag der IG-Hofaggerbühne, das Bauland ausschliesslich einem gemeinnützigen Wohnbauträger im Baurecht abzugeben, als erheblich erachtet wird», erklärte Gemeinderat Matthias Gysin. Er übernahm an der Gemeindeversammlung die Leitung, da Gemeindepräsident Beat Fankhauser krankheitshalber fehlte. Der Gemeinderat stellte den Antrag auf Nichterheblichkeitserklärung. «Wir wollen für alle im Dorf gute Lösungen finden und nicht nur die 50 Personen quersubventionieren, die dort wohnen werden», argumentierte der ressortverantwortliche Gemeinderat Peter Tschudin. Es folgten wenige Wortmeldungen. Die Meinungen waren bereits vor der Versammlung gemacht worden. Argumente wie Angst vor weniger Steuereinnahmen, dass die geplante Mehrzweckhalle gefährdet sein könnte oder die falschen Personen die Wohnungen erhalten würden, hatten keine Chancen. Der Souverän erachtete mit 145 zu 35 Stimmen den Antrag als erheblich. «Das Resultat bedeutet, dass wir einen Vorschlag gemäss Antrag der IG ausarbeiten müssen. Natürlich können wir auch einen Gegenvorschlag entwerfen. Diese Vorschläge kommen dann an einer weiteren Gemeindeversammlung vors Volk», erklärte Gysin.
Gute finanzielle Lage
Sicher mit ein Grund für den Erfolg der IG ist die gute finanzielle Lage der Gemeinde. Die Rechnung 2022 mit einem Ertragsüberschuss von 54000 Franken wurde einstimmig genehmigt. Das Eigenkapital beläuft sich auf 1750000 Franken. Die Pro-Kopf-Verschuldung liegt bei 286 Franken, was nach Richtwert einer sehr geringen Verschuldung entspricht. Die Nettoinvestitionen lagen bei 935000 Franken.