Klangliche Sphären der Nacht
Unter dem Titel «Teile dich, Nacht» präsentierten die Basler Madrigalisten am Sonntag im Rahmen der Kammerkonzerte Laufen in der St. Katharinenkirche ein attraktives und sehr gelungenes Programm.

Zu Beginn gab Raphael Immoos, der künstlerische Leiter der Basler Madrigalisten, Informationen zur Dirigentin und zum Programm. Deborah Züger ist die Preisträgerin des 1. Schweizer Chorleitungswettbewerbs Swiss Made, der im Frühjahr 2024 stattfand. Züger wählte als Programm eine Reise in nächtliche Gefilde, wobei drei Komponistinnen und zwei marianische Gesänge zum Zuge kamen. Zuerst erklang «Consolation II» des Komponisten Helmut Lachenmann, die auf dem «Wessobrunner Gebet» beruht. Das Werk ist ein 16-stimmiges Sprech- und Lautbild, eine Klanglandschaft, die den Zustand vor dem Urknall spiegelt: pure Energie, noch strukturloses Vermögen. Es babbelte, fauchte, pfiff, schnalzte, schnurrte und zischte; für viele Hörerinnen und Hörer wohl gewöhnungsbedürftig. Die Dekonstruktion des Texts und die Betonung der klanglichen Aspekte der Stimme forderten das Publikum heraus. In Åke Malmfors’ Lied «Månsken» («Mondschein») herrscht eine lyrische, stimmungsvolle Atmosphäre. Der Mondschein ist Symbol für Ruhe und Sehnsucht. Malmfors gebraucht subtile Harmonien; es gelingt ihm, den Text in Gesang zu übersetzen. Alma Mahler lässt sich salopp als «Skandalnudel mit Stil, Geist und Tragik» bezeichnen. Allgemein kennt man sie vor allem als Partnerin berühmter Männer. Umso überraschender sind die «Drei frühen Lieder» für sechs- bis zehnstimmigen Chor in der Transkription von Clytus Gottwald. Mahler war eine eigenständige Komponistin mit einer klaren Vision. Ihre Lieder besitzen eine einprägsame, nuancierte Melodik sowie die Tendenz zur spätromantischen Klangfülle. Die Basler Madrigalisten wurden diesen Liedern klanglich wie artikulatorisch vollkommen gerecht. Malmfors’ «Wiegenlied» zeichnete sich durch seine sanfte, beruhigende Stimmung aus.
Ein weiblich geprägtes Programm
Es folgte ein Lied der Schweizer Komponistin Caroline Charrière: «Marie» aus «Femmes de Jérusalem» von 2009. In diesem fast mystischen Stück, das im Zentrum des Programms stand, ringt Maria als Mutter mit der Endlichkeit. Das Lied ist innig und emotional, schafft Raum für innere Reflexion; der Text von Marie-Claire Dewarrat geht unter die Haut. Francis Poulencs «Tenebrae factae sunt» («Es herrschte Dunkelheit») knüpft stimmungsmässig an Charrières Komposition an. Es ist eine betörende Klangsprache mit dunklen Harmonien, subtilen Modulationen und expressiven Melodiebögen, die zur Verzweiflung Jesu am Kreuz passen. Fanny Hensel Mendelssohn lässt in ihrem «Schilflied» eine Naturszene zu Musik werden, ganz im Geiste der Romantik und doch mit persönlicher Note. «Natten är framskriden» («Die Nacht ist vorgerückt») von Sven-Erik Bäck beeindruckt durch tiefen spirituellen Ausdruck und Innovation. Mit dem trostreichen «Salve Regina» von Poulenc endete das Programm. Diese marianische Antiphon in vierstimmigem homophonem Satz ist ein Beispiel für Poulencs Spätstil. Die makellos singenden Basler Madrigalisten bedankten sich für den Applaus mit der Reprise von Fanny Hensels «Wiegenlied».