Kanal und Kamin bringen Projekt in Verzug
Über 80 Wohnungen sollen auf dem ehemaligen Gelände der alten Papierfabrik Zwingen entstehen. Der Investor muss jedoch Auflagen erfüllen, mit denen er so nicht gerechnet hat.
Wer durch Zwingen fährt, staunt. Wo einst die Papierfabrik stand, tut sich heute ein weites offenes Gelände auf. Nebst der Birs ist auch ein weiterer Teil des ans Licht geholten künstlichen Kanals zu entdecken, welcher früher den Betrieb der Fabrik ermöglichte.
Die Abrissarbeiten der alten Papieri sind bereits weit vorangeschritten. Auf dem Gelände sollen fünf Gebäudeeinheiten mit über 80 Wohnungen entstehen. Der geplante Zeitplan könne jedoch nicht eingehalten werden, erklärt Investor Jost Krummenacher, der Firma Barko Imobau AG auf Anfrage des Wochenblatts. Der Kanton Baselland bremse das Vorhaben. Das Bauinspektorat verweigere das Überbaurecht des Kanals. Dabei war der Kanal zu Zeiten der Papierfabrik teilweise überbaut gewesen. «Wir untersuchen im Moment die Möglichkeit einer Verschiebung des Kanals um ein paar Meter», erzählt Jost. Dies sei technisch möglich und im Moment auch optimal, weil der Kanal wegen des Baus des neuen Wasserkraftwerks der EBL in diesem Abschnitt zur Zeit kein Wasser führe (siehe Wochenblatt, Ausgabe vom 26. März 2020). Jost ist zuversichtlich. Man stehe in gutem Kontakt mit dem Amt für Umweltschutz und dem Bauinspektorat. Falls die Verschiebung des Kanals nicht möglich wäre, müssten Baupläne geändert werden, was zu grösseren Verzögerungen führen würde.
Ingenieurbüros wagen sich nicht an die Beurteilung des Kamins
Auf der Visualisierung des Überbauungsvorhabens ist zwar kein Kanal, jedoch der Hochkamin der ehemaligen Papierfabrik sichtbar. Trotzdem wirft dieser Kamin Fragen auf, die noch gelöst werden müssen. Im Teilzonenplan der Gemeinde Zwingen wurde nach Beschluss der Gemeindeversammlung vom 14. Juni 2011 festgehalten, wenn möglich den Hochkamin wie auch das alte Verwaltungsgebäude für die zukünftigen Generationen zu erhalten. Der Erhalt des Gebäudes, das beim Bund als architektonisch wertvoll eingetragen wurde, gilt als unangefochten.
Anders sieht es beim Kamin aus. Aus Angst, dass sich der Investor nicht an die Vorgabe hält und den Kamin einstürzen lässt, hat die Burgerkorporation Zwingen eine Petition lanciert. Innert kürzester Zeit wurden vor Weihnachten 260 Unterschriften gesammelt. Nachdem mehr als 10 Prozent der stimmberechtigen Zwingnerinnen und Zwingner für den Erhalt des Hochkamins der Papierfabrik Zwingen unterschrieben haben, wurden aktiv keine weiteren Unterschriften gesammelt. «Falls der Kamin abgebrochen werden sollte, braucht es die Zustimmung der Gemeindeversammlung. Dann können wir die Leute, die unterschrieben haben, mobilisieren», erklärt Fridolin Scherrer, Vize- und ab Juni Präsident der Burgerkorporation Zwingen.
Soweit möchte es Jost nicht kommen lassen. Er hatte Kontakt mit fünf verschiedenen Ingenieurbüros aufgenommen, doch keines wollte sich betreffend Hochkamin «auf die Äste rauslassen». «Der Kamin ist marode. Aber natürlich ist alles machbar», meint Jost. Er schätzt Kosten von 2 bis 3 Mio. für Analyse, Untersuchung, Fundament, Sicherung und den verlorenen Platz. Ganz anderer Meinung ist die Burgerkorporation. Sie ist überzeugt, dass der Kamin mit wenigen finanziellen Mitteln erhalten bleiben könnte. Ausserdem sei es dem Investor beim Kauf der Papierparzelle sicherlich bekannt gewesen, dass er den Kamin gemäss Teilzonenplan erhalten sollte. Als Beweis für dessen Standhaftigkeit führten sie die Sprengung des Nachbarkamins an: Der Hochkamin habe durch die Erschütterung keinen Schaden erlitten. Jost meint dazu: «Die Sprengung wurde professionell durchgeführt, ohne Druckwelle Richtung Hochkamin.»
Mit dem Ingenieurbüro Jauslin Strebel ist der Investor nun doch noch fündig geworden. Analysen und notwendige Arbeiten werden am Kamin durchgeführt, die alten Maschinen darin entfernt und Entlastungsschnitte gemacht. Anschliessend möchte der Investor die Burgerkorporation, den Gemeinderat und die Denkmalpflege zu einem Augenschein vor Ort einladen, um zusammen eine einvernehmliche Lösung zu finden.