«Ich hätte gerne den Seidenweg entwickelt»

16 Jahre lang amtete Sabine Asprion im Laufner Stadtrat. Sie hatte zuerst das Ressort Technische Dienste und seit 2018 das Ressort Bau und Planung unter sich. Aufgrund der Amtszeitbeschränkung konnte sie bei den vergangenen Wahlen nicht mehr antreten.

Sie sagt nach 16 Jahren adieu: Sabine Asprion amtete bis am 30. Juni als Laufner Stadträtin. Sie blickt auf spannende, erfreuliche aber auch schwierige Momente zurück. Foto: Melanie Brêchet

Am 30. Juni war Sabine Asprions letzter Tag als Stadträtin. Ganze 16 Jahre lang stellte sich die Juristin in den Dienst der Stadt Laufen und erlebte dabei Erfreuliches aber auch schwierige Momente. Das «Wochenblatt» hat mit ihr gesprochen.

«Wochenblatt»: Wie fühlt es sich an, nach so langer, politischer Tätigkeit abzutreten?

Sabine Asprion: Gerade ziemlich befreit. Das hat wohl damit zu tun, dass der 30. Juni 2024 schon lange als Ziellinie bekannt war und ich weder unter Druck zurücktreten musste, noch abgewählt wurde. Zuerst werde ich bestimmt nicht viel merken, da in den Sommerferien schon in den letzten Jahren nur vereinzelt Sitzungen stattfanden. Aber nach den Sommerferien wird es bestimmt spürbar sein.

Das klingt nach neu gewonnener Freizeit. Wie werden Sie diese füllen?

Fürs Erste werde ich mein Arbeitspensum vorübergehend erhöhen, da wir gerade ziemlich viel zu tun haben. Darüber hinaus habe ich keine konkreten Pläne. Ich werde sicher die zusätzliche Zeit geniessen, um mal spontan abzumachen. Kulturelles kam immer etwas zu kurz oder auch Dinge wie zum Beispiel der Besuch eines Volkshochschulkurses oder das Üben für die Stadtmusik — ich hoffe, unser Dirigent liest das nicht ...

Welche Rolle wird die Politik in Ihrem Leben zukünftig spielen?

Ich habe mich in den letzten Jahren vermehrt bei den SP Frauen BL engagiert und verfasse dort quartalsweise den Newsletter. Weitere Mandate habe ich keine, weder in Parteigremien noch in Stiftungs- oder Verwaltungsräten — und das ist mir im Moment ganz recht. Aber weg von der Politik bin ich nicht, einfach in einer anderen Rolle, da mein Mann fast zeitgleich mit meinem Abschied in den Landrat eintritt. Wir werden am ­Küchentisch also mehr über kantonale als kommunale Politik reden.

Von der Exekutivbehörde zurück in die Parteipolitik also. Das eröffnet Ihnen nicht zuletzt auch die Möglichkeit, wieder zu sagen, was Sie denken, da Sie keiner Kollegialbehörde mehr verpflichtet sind. Werden Sie davon Gebrauch machen oder sich in der Laufner Politik eher zurückhalten?

Zurücklassen und zurückhalten ist die Devise. Wobei ich nicht ausschliesse, dass gerade bei Umwelt- und Verkehrsanliegen mein Blutdruck in die Höhe geht und ich mich doch zu einem Engagement hinreissen lasse.

Werfen wir einen Blick zurück auf Ihre Amtszeit von 16 Jahren: An welche Erfolge oder Ereignisse erinnern Sie sich besonders gerne zurück?

Dass wir das Energiestadtlabel bekommen haben. Dass wir das räumliche Entwicklungskonzept während der Pandemie mit Zoom-Konferenzen mit bis zu 90 Teilnehmenden allen Alters durchführten und zu Papier brachten. Die Weiterentwicklung des Hol- und Bringtags, zum Beispiel um die Korkzapfensammlung. Und als kompletter Kontrast dazu: die Jungfernfahrt durch die Diebachstrasse, für die mir mein Bruder seinen Triumph Spitfire auslieh – natürlich Cabrio!

Wo Licht ist, ist auch Schatten: Welche Niederlagen, Misserfolge oder schwierigen Situationen sind bei Ihnen hängen geblieben?

Es gab schwierige Momente mit Rollenkonflikten, es gab zähe, laute und uneffektive Sitzungen. Aber grosse Niederlagen? Ich habe eher kleinere Brötchen gebacken und bin nie grosse politische Risiken eingegangen. Aber ja, wir haben als Stadtrat ein paar Niederlagen an der Urne eingefahren. Das Areal Nau, der Werkhof, die erste Revision der Gemeindeordnung und zuletzt die Rückübernahme des Spitalareals. Nicht ganz einfach war ausserdem, dass die letzte Legislatur von so vielen personellen Wechseln geprägt war, wie keine zuvor. Wir mussten uns als Team immer wieder neu ­finden. Meine erste Legislatur ab 2008 war vom Hochwasser 2007 geprägt, alles drehte sich darum. Und gefühlt mussten wir jedes Jahr bei der Budgeterstellung sparen.

Gibt es Geschäfte oder Projekte, die Sie gerne noch beendet, fortgesetzt oder sogar neu aufgegleist hätten?

Ja, die Teilzonenplanung Dürrenboden. Die war zeitlich gut geplant, sodass ich sie an der letzten GV hätte zur Beschlussfassung vorlegen können. Leider gab es dann im Prozess Verzögerungen. Und ich hätte gerne den Seidenweg entwickelt, dort kam es aber schon durch die ­Ablehnung des Werkhofkredits zu Verzögerungen.

Laufen hat in den letzten 16 Jahren viele Entwicklungen durchgemacht. Wo hätte es Ihrer Ansicht nach – abgesehen von vorhin genannten Projekten – schneller vorwärtsgehen dürfen?

Im Stedtli. Das ist sehr komplex, weil man viele Anspruchsgruppen mit unterschiedlichen Bedürfnissen einbeziehen muss. Wir hatten aber vor ein paar Jahren eine grosse Runde unter professioneller Begleitung mit guten Ideen. Leider bleibt die Erkenntnis, dass Papier geduldig ist. Aber ich weiss, dass sich meine Nachfolger nun nicht gerade nach meiner Wunschliste orientieren, aber den Ball wieder aufnehmen.

Nachfolger ist ein gutes Stichwort: Mit Ihnen verlässt die letzte Frau den Laufner Stadtrat. Was fehlt dem Gremium dadurch und könnte die rein männliche Perspektive problematisch sein?

Ja und nein. Mir scheint wichtiger, dass so ein Gremium die Bevölkerung abbildet. Man könnte also argumentieren, sieben Männer sind ok, wenn es darunter auch nicht erwerbstätige Familienväter hat (neben Studis, Rentnern, Angestellten und Selbstständigen). Das ist aber nur ein Aspekt. Der andere ist, dass den Frauen Vorbilder fehlen und so dann die Hemmung, als Frau sich zu engagieren, zu gross wird. Schade eigentlich: Die Kompetenzen und Eigenschaften, die es im Stadtrat braucht, sind ja keineswegs ­geschlechtsspezifisch.

Wie könnten Frauen jeglichen Alters dazu animiert werden, sich politisch mehr zu engagieren?

Die Frage stelle ich mir täglich. Ich kenne sehr junge Frauen, die äusserst politisch denken und schon vor dem 18. Geburtstag die Möglichkeiten nutzen, um wirksam zu werden, die auch eine unglaubliche Debattierlust und Konfliktbereitschaft mitbringen. Andere werden durch ihr Umfeld animiert, wieder andere durch persönliche Interessen. Ich bin aber absolut davon überzeugt, dass mehr Partizipationsprozesse ein Weg wären: Man kann durchaus auch mitwirken, ohne gleich ein Amt zu haben. Wen es packt, kann sich dann für eine Kommission mit mehr Verantwortung (und mehr Sitzungen ...) zur Verfügung stellen. Auch Mentoring spielt eine wichtige Rolle.

Nicht nur die Suche nach einer weiblichen Kandidatin für den Stadtrat gestaltete sich schwierig, generell sind die Leute kaum mehr für politische Ämter zu haben. Woran liegt das?

Das Phänomen zeigt sich auch in Vereinen. Dem Zeitgeist entspricht Unverbindlichkeit — das ist das Gegenteil einer vierjährigen Amtszeit mit wöchentlichen Sitzungen. Kommt hinzu, dass öffentlich und immer schneller mitverfolgt wird, wenn amtierende Amtsträgerinnen und Amtsträger kritisiert werden. Der Ton ist zuweilen schon sehr rau und das mag einige bestimmt auch abschrecken. Der Ton war wohl früher auch schon unflätig, aber die Verbreitung und das Trittbrettfahren in so einem negativen Narrativ sind mit Social Media einfacher geworden.

Vielen Dank für Ihre offenen Antworten. Zum Schluss noch die klassische Abschlussfrage: Was werden Sie aus ihrer Zeit im Laufner Stadtrat am meisten vermissen?

Nicht die Apéros — aber die Netzwerke. Und den Informationsvorsprung.

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