Die Gemeinde Blauen springt über ihren Schatten
Blauen erlebte letzten Donnerstag eine geschichtsträchtige Gemeindeversammlung. Wegen des Baustopps auf dem Areal der ehemaligen Baudokumentation mussten die zahlreich erschienenen Stimmberechtigten auswählen zwischen Prinzipien und Zukunftsaussichten.
Auf dem Areal der ehemaligen Baudokumentation am Fusse der Blauener Weide soll eine luxuriöse Überbauung entstehen, die künftigen Bewohnern wunderschöne Aussicht und der Gemeinde Blauen mehr Steuereinnahmen verspricht. Zu haben ist dies alles nur noch unter gewissen Bedingungen. Diese Bedingungen legten einige Stimmberechtigte an der Gemeindeversammlung vom Donnerstag als «Druckmittel und Verstoss gegen das Prinzip der Rechtsgleichheit» aus. Der Grund dafür liegt in der Geschichte des zwölfjährigen Verfahrens. So musste der Souverän nun zum dritten Mal über den für die Überbauung notwendigen Quartierplan entscheiden. Und dieses Mal, um das Fehlverhalten des Bauherrn zu legitimieren. Dieser war im Verlauf der Bauarbeiten von den bewilligten Plänen abgewichen und erstellte die Tiefgarage in seinen eigenen Dimensionen. Das Bauinspektorat des Kantons Basel-Landschaft wurde jedoch auf die Verfehlung aufmerksam gemacht und verhängte einen Baustopp und eine Busse. Diese betrug nach Angaben des Bauherrn fast 50000 Franken. Für die Konsequenzen büsste er noch um ein Vielfaches mehr, sagte der Bauherr. «Der Baustopp kostete mich Millionen von Franken.» Seine Botschaft war unmissverständlich: Verweigere ihm die Gemeindeversammlung die Genehmigung des angepassten Quartierplans, sei Blauen für ihn Geschichte. Dann sollten jene Einwohner, die ihm vorschreiben würden, wie er zu bauen habe, ihre Wünsche und Träume auf dem Areal verwirklichen — auf ihre eigenen Kosten. «Seit zwölf Jahren mache ich auf meinem Areal nichts anderes als mich nach den Vorstellungen anderer zu richten», gab er zu bedenken.
Nichteintreten hatte keine Chance
Die Schuld für den Baustopp könne er keineswegs auf andere abschieben, sondern dies sei auf sein eigenes Fehlverhalten zurückzuführen, stellten Votanten klar. Auch ihre Botschaft war klar: Blauen solle nicht die Seele verkaufen, sondern den Prinzipien von Rechtsgleichheit treu bleiben. Ein Antrag auf Nichteintreten auf die Vorlage wurde von der Mehrheit der Versammlung aber abgelehnt.
Ein aus dem Plenum eingereichter Antrag verlangte, dass man die Anpassung des Quartierplans zumindest einschränken sollte, nämlich auf das, was schon geschehen sei. Die nicht bebaute Fläche solle man weiterhin schützen, dafür brauche es für die Bauten im Untergrund einen Grenzabstand von sechs Metern. Der Bauherr entgegnete, dies stehe im Widerspruch zum technisch Machbaren. Das Betonwerk der Tiefgarage verschaffe zudem auch der Strasse mehr Stabilität. Diese Argumentation überzeugte Kanton und Gemeinderat. Dieser machte sich stark für eine «pragmatische Lösung» und wollte nichts wissen von der Moralkeule.
Aufgeheizte Stimmung
Gemeindepräsident Michael Fuchs sagte dem Souverän, dass der Bauherr von der zuständigen Rechtsstelle seine Strafe erhalten habe. Die Gemeinde könne sich auf das Abwägen der Vor- und Nachteile konzentrieren, die aus der Quartierplananpassung hervorgehen. «Der Gemeinderat hat alle Faktoren geprüft und ist zum Schluss gekommen, dass die Vorteile überwiegen. Deswegen beantragt er der Versammlung die Genehmigung», erläuterte Fuchs. Er gab im Verlauf der Diskussion zu verstehen, dass er Verständnis habe für mögliche Bedenken. «Es geht jetzt aber um die Zukunft Blauens.» Fuchs gelang es auf eindrückliche Weise, die Situation zu entschärfen. Im Saal waren die unterschiedlichen Lager und die Tendenz zu emotionalen Ausschweifungen spürbar.
Ohne Anpassung des Quartierplans müssten bei einem Rückbau Hunderte Kubikmeter Beton abgetragen werden, hielt Fuchs fest. Dies wäre mit erheblichen Immissionen verbunden. Ausserdem schätze der Gemeinderat die Gefahr hoch ein, dass ohne Quartierplananpassung die Bauarbeiten nie mehr fortgesetzt werden könnten und Blauen eine Bauruine drohe.
Ausserdem profitiere die Gemeinde von Durchgangsrechten im Leitungswesen und von der Erneuerung der Strasse, deren Hauptkosten zu Lasten des Bauherrn gehen würden.
In der Abstimmung obsiegte der Antrag des Gemeinderates deutlich. So wurde der Änderungsantrag (unterirdischer Grenzabstand sechs Meter) mit 77 zu 36 Stimmen abgelehnt und die Genehmigung des neuen Quartierplans mit 61 Ja- zu 29 Nein-Stimmen beschlossen.