Der Wald steht still und leidet

Der Verband der Waldeigentümer «Wald beider Basel» hat an einer Führung gezeigt, welche Auswirkungen die Stickstoffeinträge auf die Wälder haben.

Über die hohen Stickstoffemissionen orientierte Sven Hopf: Links von ihm steht ein Laubsammler, rechts eine Kronentraufe. Beide geben Aufschluss über die Schadstoffe im Wasser und Laub. Foto: Thomas Immoos
Über die hohen Stickstoffemissionen orientierte Sven Hopf: Links von ihm steht ein Laubsammler, rechts eine Kronentraufe. Beide geben Aufschluss über die Schadstoffe im Wasser und Laub. Foto: Thomas Immoos

Langjährige Studien zeigen, dass die hohen Stickstoffemissionen das Ökosystem der Wälder negativ beeinflussen. Dies führte Sven Hopf, Forstingenieur beim Institut für angewandte Pflanzenbiologie (IAP, Witterswil), bei einem Waldspaziergang in der Brislacher Allmet aus. Das IPA untersucht seit rund vierzig Jahren an rund 200 Standorten in der ganzen Schweiz die Entwicklung der Wälder. Dabei stehen rund 12000 Bäume — vor allem Fichten, Buchen und Eichen — unter stetiger Beobachtung.

Im weitläufigen Forstgebiet der Korporation Brislach registrieren das IAP zusammen mit Revierförster Markus Schmidlin beispielsweise die Bodenverdunstung und die Belastung des Regen- und Bodenwassers mit Schadstoffen, insbesondere mit Stickstoff. Kronentraufen wiederum sammeln das Regenwasser, das von den Baumkronen Richtung Waldboden fällt. Schliesslich gibt es noch den Laubsammler, in den Laub und Nadeln fallen. Deren Gelbfärbung lässt etwa erkennen, ob die Bäume genügend Nährstoffe wie Phosphor und Kalium aufnehmen können. Mit dem Lysimeter wird die Menge und Qualität des Bodensickerwasser gemessen.

Zu hohe Stickstoffbelastung

Die Erkenntnisse seien ernüchternd, nicht nur in der Region Nordwestschweiz, stellte Philipp Schoch, Präsident von Wald beider Basel, fest. Pro Hektare und Jahr lagern sich 25 bis 30 Kilo Stickstoff in den Wäldern ab. Der Grenzwert liege bei 5 bis 15 kg pro Jahr und Hektare. Der Stickstoff kommt zu zwei Dritteln aus der Landwirtschaft, zu einem Drittel aus Industrie und Verkehr. Wirksame Gegenmittel wären die Verwendung von Schleppschläuchen durch Bauern beim Ausbringen der Gülle und weniger Benzinmotoren im Verkehr. Der Stickstoff — etwa beim Gülleausführen — gelangt als Ammoniak in die Luft. Die Baumkronen wirken wie ein Kamm und filtern so den Schadstoff heraus. Über Regenfälle gelangt dieser dann in den Waldboden, der auch der Nährboden der Bäume ist.

«Wir wollen aber nicht den Zeigefinger erheben», betonte Schoch. Es gehe darum, die Bevölkerung zu sensibilisieren. Man suche den Dialog mit den Bauern, der Industrie und andern Beteiligten. Nebst dem Stickstoffausstoss machen den Wäldern auch die Trockenheit und der beschleunigte Klimawandel zu schaffen. Dass auch vermehrt Winde auftreten, führe dazu, dass Wälder schneller austrocknen.

Was den Stickstoff angeht, so versauert er den Boden, was das Wachstum der Bäume hemmt und es Schädlingen und starken Winden leichter macht, Bäume zu schwächen. Alle vier Jahre misst das IAP zudem das Wachstum der Bäume. Dafür werden sie mit einer Nummer versehen und das Wachstumsstadium mit einem waagrechten Strich markiert. «Das Wachstum hat sich merklich verlangsamt», hat Förster Markus Schmidlin festgestellt.

Brombeeren lieben Stickstoff

Die hohe Stickstoffkonzentration erleichtert dagegen stickstoffliebenden Pflanzen, wie etwa Brombeersträuchen das Wachstum. Diese müssen regelmässig radikal gerodet werden, damit sie Jungbäumen nicht das Licht für das Wachstum nehmen. Dank dieser Massnahmen hat sich der Brislacher Forst auch nach dem Sturm Lothar (1999) wieder sehr gut erholt.

Da der Zustand der Wälder sich wegen mehrerer Faktoren verschlechtert, ist es auch schwierig, wirksame Gegenmassnahmen zu ergreifen. Das Einbringen von Kalk gegen die Versäuerung wäre eine Möglichkeit: «Das ist logistisch aber kaum zu bewerkstelligen», sagt Schoch. Mehr verspricht man sich von politischen Entscheiden, die zum Beispiel allen Bauern vorschreiben würden, Schleppschläuche zu verwenden. Auch neue Verbrennungsmotoren bei Fahrzeugen und Industrieanlagen wären wirksame Verminderer von Stickstoff-Emissionen.

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