Beglückend-besinnliches Konzert
Am 26. Juli konzertierte Gidon Kremer mit der Cellistin Giedre Dirvanauskaite und dem Pianisten Georgijs Osokins vor vollen Rängen. Das Publikum durfte ein abwechslungsreiches Programm geniessen.
Dank der Verbindung zu Gidon Kremer hat Laufen punkto Klassik einen privilegierten Status. «Kammerkonzerte Laufen» bot ein Konzert auf höchstem Niveau. Zuerst spielte der mehrfach ausgezeichnete lettische Pianist Gerogijs Osokins in memoriam Marek Włodarczak — kürzlich verstorbener Ehemann von Rutz Wlodarczak, Präsidentin der Kammerkonzerte Laufen — die innige Nocturne op. 61.1 von Frédéric Chopin. Er interpretierte das Werk mit klarem Anschlag, emotionaler Tiefe und schönen Schattierungen. Die Sonate für Violine und Klavier Nr. 6 op. 136 von Mieczyslav Weinberg war nichts für an Wohlklang gewohnte Ohren. Das Moderato begann in der von Gidon Kremer gespielten Violine — an Hindemith erinnernd — mit nervösen Quart- und Quint-sprüngen. Der Satz mit metallisch klingender Geige in den höchsten Lagen evoziert in seiner gebrochenen Tonalität eine bedrohliche Situation — Exil, Flucht, stalinistischer Terror. Das Adagio startet mit einer versöhnlichen Kantilene. Doch der Flügel prescht jäh mit brachialer Gewalt in die Harmonie hinein. Man spürte, dass beiden Musikern Weinbergs Werk am Herzen liegt. Das Moderato Adagio mit seinen fallenden Bewegungen endet elegisch. Es ist kein Wunder, dass Schostakowitsch seinen Freund und Kollegen Weinberg als einen der besten Komponisten des 20. Jahrhunderts bezeichnete.
Johann Sebastian Bach als Kontrast
In der Sonate für Violine und Cembalo Nr. 6 G-Dur BWV 1091 war vor allem im ersten Allegro das Klavier zu laut und übertönte die Violinstimme. Trotz dieses Makels gestaltete Osokins seinen Part mit einem perlenden Staccato. Spannungsvoll gespielt entwickelte das Allegro zu einem munter plätschernden akustischen Bergbach. Im Largo war der Dialog zwischen dem Staccato des Flügels und dem Legato der Violine perfekt herausgearbeitet. Das zweite Allegro spielt der Pianist solistisch. Osokins tat dies sehr transparent und frisch — als erklänge dieser Teil zum ersten Mal. Das Adagio in h-Moll beginnt mit einer einschmeichelnden Violinmelodie. Es entwickelt sich zu einer vorwärtsdrängenden wilden Jagd. Forte und Pianissimo wechseln sich ab. Auch im abschliessenden Allegro war Osokins nie eine «Schreibmaschine», sondern verlieh wie auch Gidon Kremer dem Stück den Puls der Leidenschaft.
Rachmaninoff als Höhepunkt
Das Trio élégique Nr. 2 d-Moll op. 9 von Sergei Rachmaninoff bildete nach der Pause den Höhepunkt des Konzerts. Das Publikum lernte den russischen Tonkünstler als brillanten Kammermusiker kennen. Der erste Satz Moderato-Allegro vivace beginnt mit einer Kantilene im Cello, wunderbar gespielt von der lettischen Cellistin Giedre Dirvanauskaite. Rachmaninoff hat diesen Satz mit dem Wechsel von Insistenz und Verhaltenheit, mit seiner fulminanten Steigerung in Dynamik und Tempi mit grossem Raffinement geschrieben. Schliesslich ist das Allegro risoluto-Moderato ein wirklich resoluter und virtuoser Satz. Anklänge an Rachmaninoffs Klavierkonzerte sind unüberhörbar. Gidon Kremer bewies in diesem Konzert, dass er seine Amati noch immer bis in die höchsten Lagen beherrscht. Giedre Dirvanauskaites warmer Celloklang verlieh dem Trio Tiefe, und Osokins am Steinway wurde seinem Ruf in der Musikwelt gerecht. Langer, lauter Applaus für das grossartige Konzert in der Katharinenkirche.