Aufhören, bevor die Begeisterung nachlässt

Während neun Jahren hat Linard Candreia als Laufentaler Landrat politisiert. Nun tritt er zurück und übergibt sein Amt an den Nachrückenden Rolf Stöcklin.

Zu Hause: Linard Candreia vor der vermutlich grössten rätoromanischen Bibliothek des Laufentals. Foto: Martin Staub

Genau zwanzig Jahre lang war Linard Candreia politisch aktiv. Zuerst vier Jahre als Präsident der Sozialdemokratischen Partei Graubünden. Im Jahre 2003 zog er mit seiner Familie nach Laufen, wo er bereits fünf Jahre später in den Laufner Stadtrat gewählt wurde. Sieben Jahre später folgte die Wahl in den Baselbieter Landrat. Am vergangenen Donnerstag wurde Linard Candreia an der letzten Landratssitzung vor der Sommerpause als Mitglied der SP-Fraktion verabschiedet: «Die erste Sitzung im neu renovierten Landratssaal war zugleich meine letzte als Landrat», sagte der Bündner, der sich schon lange hier im Laufental wie dort in Graubünden zu Hause fühlt. Der Bürger von Stierva (Gemeinde Albula) und Wahllaufner beantwortet zwei Fragen des «Wochenblatts»:

Letztes Jahr wurdest du für eine dritte Wahlperiode in den Landrat gewählt. Weshalb trittst du nun bereits nach einem Jahr zurück?

Als 67-Jähriger bin ich im Pensionsalter. Deshalb spielte ich bereits vor 2023 mit dem Gedanken, nicht mehr zur Landratswahl anzutreten, was aber meine Kolleginnen und Kollegen aus Angst vor Sitzverlust nicht als geschickt erachteten. Zurücktreten wollte ich aber, solange die Motivation zum Politisieren da ist. Als lahme Ente wollte ich auf keinen Fall enden. Ich bin überzeugt, dass Rolf Stöcklin (Laufen), der bereits lange Jahre aktiv im Hintergrund für die SP politisiert, ein würdiger Nachfolger ist. Und um ihm genügend Zeit zum Einarbeiten in die aufwendige Landratsarbeit zu geben, finde ich den jetzigen Zeitpunkt als optimal.

Du warst als gemässigter linker Landrat recht aktiv und auch bei den anderen Parteien beliebt. Fällt dir der Abgang aus diesem politischen Umfeld nicht besonders schwer?

Ich erinnere mich mit Genugtuung an meine 20-jährige politische Aktivzeit in verschiedenen Funktionen. Nun freue ich mich aber auch auf mehr Unabhängigkeit, mehr Zeit zum Wandern sowie mehr Raum für meine Leidenschaft als Lokalhistoriker für die Geschichte hier in der Umgebung und in meiner Heimat Graubünden. In den kommenden Jahren werde ich mich mit Recherchen und als Autor für einen historischen Roman mit dem Thema «Bauernaufstände im Laufental und französisch sprechenden Jura im 18. Jahrhundert» beschäftigen.

Aktiv auf mehreren Ebenen

Linard Candreia hat während 13 Jahren Sprache und Geschichte an der Handelsschule Surselva in Ilanz unterrichtet. Vor seinem Umzug ins Laufental war er viele Jahre als Chordirigent aktiv. Unter anderem dirigierte er den bekannten «Männerchor viril Laax». Er und seine Frau singen in Laufen im Herz-Jesu-Chor.

Von 1986 bis 1989 unterrichtete Linard Candreia an der Schweizerschule in Catania/Sizilien. In seiner Amtszeit als Landrat hat Candreia 17 Vorstösse eingereicht. Er war während neun Jahren Mitglied der Geschäftsprüfungskommission (GPK) und hat sich unter vielem anderen für Gemeindefusionen eingesetzt. Er hat Druck gemacht für die Beschleunigung im Hochwasserschutz und sich engagiert für durchgehende Radwege im Laufental (Chessiloch).

Als erfolgreicher Autor in Rätoromanisch und Deutsch hat Candreia viele Bücher und Schriften — Romane, Biografien und Lokalgeschichtliches — veröffentlicht. Candreia ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Töchtern.

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