Zwischen Befürchtung und Zuversicht — der Wald verändert sich schneller als gedacht

Brigit Wyss, Vorsteherin des Volkswirtschaftsdepartements, nahm am Montag Stellung zum Kahlschlag im Wald des Solothurnischen Leimentals.

Informierten über den Zustand des Waldes: Die Solothurner Regierungsrätin Brigit Wyss und Revierförster Christoph Sütterlin. Foto: Bea Asper
Informierten über den Zustand des Waldes: Die Solothurner Regierungsrätin Brigit Wyss und Revierförster Christoph Sütterlin. Foto: Bea Asper

«Es ist noch heftiger als angenommen», sagte Regierungsrätin Brigit Wyss bei der Waldbesichtigung vom Montag im Solothurnischen Leimental. Zwei Jahre nach der Aufnahme der Trockenheitsschäden schaut Wyss auf eine sieben Hektaren grosse Waldfläche, auf der nur noch einzelne Bäume stehen. Die Forstbetriebsgemeinschaft FBG am Blauen musste die ausgetrockneten Buchen dem Kahlschlag opfern — aus Sicherheitsgründen. Durch das Gebiet oberhalb von Rodersdorf führt der Pilgerweg zum Kloster Maria­stein und der Solothurner Wanderweg. «Dieser Ort soll der Bevölkerung weiterhin als Naherholungsgebiet zur Verfügung stehen», erklärte Revierförster Christoph Sütterlin und räumte ein: «Der Eingriff schmerzte und übertraf die ­Befürchtungen, die sich aus der Entwicklung ableiten, die ich in meiner dreissigjährigen Tätigkeit hier im Wald wahrnehme. Doch offenbar ist es die neue Realität, an die wir uns gewöhnen müssen.» An einzelnen, abgelegenen Orten prüfe man in Zusammenarbeit mit der Vogelwarte, auf Eingriffe zu verzichten, ergänzte ­Sütterlin.

Das Waldsterben nimmt seinen Lauf

«Der Wald verändert sich in kurzer Zeit schneller, als wir alle dachten», zu diesem Fazit kommt Rolf Manser, Chef des Amtes für Wald im Kanton Solothurn. Er sprach aber nicht zuletzt — dank der grossartigen Arbeit des neunköpfigen FGB-Teams — auch von Zuversicht. Durch Neubepflanzung sei man im Begriff, aus dem Buchenwald ein Mischwald entstehen zu lassen. Bisher würden die neuen Pflänzchen gedeihen und er habe den Eindruck, dass Christoph Sütterlin auch wieder etwas positiver in die Zukunft blicke als vor zwei Jahren. Nebst der Natur mit ihrem derzeit wunderschönen Bild des hoffnungsvollen Grüns seien es die Reaktionen von Bund, Kanton und Gemeinden, welche die Stimmung anheben. «Ich kann Politik und Verwaltung ein Kränzchen winden, es wurden hilfreiche Unterstützungsprogramme lanciert und Gelder gesprochen», meinte Sütterlin.

Die Herausforderungen seien hoch: «Der Pflegeaufwand wird enorm ansteigen und die Forstbetriebe kämpfen ­bereits jetzt mit einem Mangel an Fachkräften.» Letztlich liege es in den Händen der Politik und der Gesellschaft, wie sich der Wald weiter entwickeln werde, gab Sütterlin zu bedenken. Die Problematik des Waldsterbens und die Faktoren, die den Vorgang beschleunigen, seien ­bekannt, hiess es denn am Montag an der Pressekonferenz des Wald-Dauer-Beobachtungsprogramms. Die Wissenschafter des Instituts für angewandte Pflanzenbiologie sagten, dass die intensive Landwirtschaft zu den Hauptverursachern gehöre. Der Dünger, der in der Landwirtschaft in der Produktion von Getreide für Mehl und Teigwaren und in der Milch- und Fleischwirtschaft eingesetzt werde, verirre sich in den Wald und dort schade er der Pflanzenwelt. «Über die Luft gelangen die Stickstoffverbindungen in den Wald. Einträge von mehr als 15 Kilogramm Stickstoff pro Hektare und Jahr hätten negative Auswirkungen auf das Waldökosystem. Solche Belastungen würden auf allen untersuchten Flächen im Kanton Solothurn sowie in 89 Prozent der Schweizer Wälder überschritten», erklärte Sabine Braun, Leiterin des Instituts. Die Folgen seien Nährstoffungleichgewichte, erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Trockenheit und Krankheiten, Ausbreitung von stickstoffliebenden Pflanzen im Wald (z.B. Brennnesseln und Brombeeren) und ansteigende Bodenversauerung. «Die Bäume können bei Bodenversauerung die Nährstoffe schlechter aufnehmen, sie wurzeln weniger tief und sind anfälliger gegenüber Trockenheit und Stürmen. Wichtige Mykorrhizapilze und sogar Regenwürmer verschwinden», resümierte Braun.

Die statistische Auswertung der verschiedenen Beobachtungsflächen zeige, dass die Belastungen im Mittelland deutlich höher sind als im Schwarz­bubenland.

Brigit Wyss, Chefin von Forst und Landwirtschaft, sagte, dass der Kanton bei der Einflussnahme an seine Grenzen stosse. Die nationale Landwirtschaftspolitik habe es in der Hand und sei aber auch daran, Gegensteuer zu geben, unter anderem mit der Vorgabe, dass in Zukunft Gülle nur noch mit dem Schleppschlauchverfahren ausgebracht werden darf, damit der Dünger dort bleibt, wo er nützt.

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