«Wir haben schon beim ersten Treffen viel gelacht»
Das «Salute»-Programm vom Roten Kreuz Baselland bringt Migrantenfamilien und Einheimische zusammen. Daraus entstehen echte Freundschaften.
Als Andrea Zimmermann Anfang Jahr vom Kriegsausbruch in der Ukraine hörte, war sie geschockt. Die Nachrichten über die Flüchtlingsströme betrübten sie zutiefst. «Die Flüchtlingskrise hat mich sehr beschäftigt. Ich wollte irgendwie helfen.» Sie erkundigte sich bei der Gemeinde Reinach. Diese verwies sie an das Programm Salute vom Roten Kreuz Baselland. «Ich habe dann mit der Koordinatorin des Projekts telefoniert.» Während des Telefonats erklärt ihr die Koordinatorin, dass es nicht bloss ukrainische Flüchtlinge gibt, die Hilfe benötigen, sondern auch solche aus anderen Herkunftsländern. So gäbe es eine Familie aus der Türkei, die sehr froh wäre um etwas Unterstützung.
Familie Ünal ist in die Schweiz geflohen, weil Sie in der Türkei politisch verfolgt wurde. Die Frau ist Sozialpädagogin, der Mann Akademiker. Zusammen haben sie einen achtjährigen Sohn und sechs Jahre alte Zwillinge. Bei der Ankunft in die Schweiz mussten sie zuerst in ein Bundesasylzentrum. «Die Situation dort war nicht einfach. Es gab so viele verschiedene Leute, so viele verschiedene Nationalitäten», sagt Ferdane Ünal. Zum Glück mussten sie nur sechs Wochen dort bleiben. Als ihr Asylgesuch angenommen wurde, wurden sie zuerst in einer Wohnung in Birsfelden untergebracht, danach zogen sie nach Reinach. Sie belegten Deutschkurse und ihre Kinder gingen in die lokalen Schulen. Trotzdem hatten sie Mühe damit, sich an das neue Leben in der Schweiz zu gewöhnen. Die Sprachbarriere war hoch und auch sonst liefen die Dinge hier anders als in ihrem Herkunftsland. «Das Freiwilligenprogramm Salute wurde uns von einer Sozialarbeiterin empfohlen», erzählt Ünal.
Grosse Unsicherheit vor dem ersten Treffen
Vor dem ersten Treffen war die Unsicherheit auf beiden Seiten gross. «Ich war richtig nervös. Was würde ich tun, wenn es einfach nicht passt?», erinnert sich Andrea Zimmermann. Diese Befürchtung löst sich aber schon bald in Luft auf. «Wir haben uns getroffen und haben sofort gemerkt: Die Chemie stimmt! Es hat mich gefreut, dass es eine Familie in einer ähnlichen Lebenssituation ist», sagt Andrea Zimmermann, selbst Mutter von zwei kleinen Kindern. «Wir haben schon beim ersten Treffen viel gelacht!»
Seither geht es bei den Treffen sehr herzhaft und abwechslungsreich zu und her. Manchmal sind es bloss die beiden Frauen, manchmal die ganzen Familien. Auch wo die Treffen stattfinden, hängt ganz von Laune und Wetter ab. Wenn es ein Ausverkauf gibt, gehen die beiden Frauen zum Beispiel Schuhe kaufen, bei schönem Wetter gehen sie mit ihren Familien in die Eremitage oder ins Schwimmbad. So entsteht schon nach kurzer Zeit eine echte Freundschaft. «Bald gehen wir auch gemeinsam in die Ferien», scherzt Mehmet Ünal, Ferdanes Ehemann.
Dank der Treffen können die Ünals Deutsch üben und Fragen stellen. Warum gibt es zum Beispiel die Wörter «einsam» und «allein», wenn sie doch beide dasselbe bedeuten? Auch kulturelle Unklarheiten werden geklärt. Wie darf man etwa in der Schweiz Kinder begrüssen? «Sie wollen die Kultur kennen lernen», sagt Zimmermann. «Sie sind auch sehr interessiert an der Weihnachtszeit und den Ritualen, die damit verbunden sind.»
«Das Ziel ist die sprachliche und soziale Integration»
Hamiyet Vural, die Koordinatorin von Salute, ist in den neunziger Jahren selbst in die Schweiz geflohen und kennt die Situation der Flüchtlinge. Auch sie wurde damals von einer freiwilligen Person unterstützt und konnte dank ihr vieles lernen.
«‹Salute› ist ein Integrations- und Begleitprojekt», erklärt sie. «Das Ziel ist die sprachliche und soziale Integration.» Die Rahmenbedingungen für die Teilnehmenden sind weitgehend flexibel und können individuell angepasst werden. Es sollte aber mindestens einmal pro Woche zu einem Treffen kommen, das mindestens eine Stunde dauert. Zudem sollten die Treffen mindestens über ein halbes Jahr stattfinden. «Es darf natürlich auch länger dauern», lacht Vural. «Es gibt auch Vermittlungen, die schon über fünf Jahre dauern und irgendwann braucht es ‹Salute› auch nicht mehr.» Dies scheint bei den Familien Zimmermann und Ünal auch schon bald der Fall zu sein.