«Shootingstar» Christopher Lehmpfuhl gibt humorvollen Einblick in sein Schaffen

Ende 2023 verloste das Wochenblatt 25 Plätze für eine exklusive Führung im Forum Würth. Der Künstler Christopher Lehmpfuhl nahm die Gewinnerinnen und Gewinner mit auf eine Reise durch sein Inneres.

Inspirierende Landschaften: Christopher Lehmpfuhl ist gerne in den Bergen unterwegs – als Maler, aber auch 
als begeisterter Skifahrer. Fotos: Fabia Maieroni

Inspirierende Landschaften: Christopher Lehmpfuhl ist gerne in den Bergen unterwegs – als Maler, aber auch als begeisterter Skifahrer. Fotos: Fabia Maieroni

Rundbild: Der Künstler erklärt den Aufbau des Werkes.

Rundbild: Der Künstler erklärt den Aufbau des Werkes.

Freundlich und nahbar: Christopher Lehmpfuhl signiert ein Buch zur Ausstellung.

Freundlich und nahbar: Christopher Lehmpfuhl signiert ein Buch zur Ausstellung.

Lässig steht er an jenem Sonntagmorgen im Forum Würth in Arlesheim. Er, der «Shootingstar» des zeitgenössischen Realismus, nimmt sich die Zeit, um 25 Wochenblatt-Leserinnen und -Leser durch die Ausstellung zu führen. Wer künstlerische Abgehobenheit erwartet hat, der wird rasch eines Besseren belehrt: Lehmpfuhl führt während einer Stunde humorvoll-selbstkritisch durch seinen Schaffensprozess.

35 Werke, vornehmlich grossformatige Bilder aus den letzten zwei Jahrzehnten, sind in der Ausstellung zu sehen. Besonders beeindruckend: die Berlin-Arbeiten. Zwei Bilder zeigen den Schlossplatz in der deutschen Hauptstadt im Jahre 2014. Sie sind Teil einer Reihe von insgesamt 120 Bildern, mit denen er die Transformation des Platzes festhält. «Ich verstehe mich als künstlerischen Chronisten», erklärt er den Anwesenden, die interessiert die Details auf den Leinwänden inspizieren. «Jede Stadt hat einen eigenen Sound, einen Farbklang.»

Lehmpfuhl malt die Bilder zum Teil über Tage hinweg direkt vor Ort. Licht und Schatten können sich da rasch ändern. «Ich kann mir Namen schlecht merken, aber bei Licht habe ich ein fotografisches Gedächtnis.»

Die Farben sind zentimeterdick aufgetragen, die Bilder grossformatig, eindrucksvoll – der Berliner Künstler ­versteht es, mit seinen Händen Landschaften so darzustellen, dass sie auch auf der Leinwand lebendig bleiben. Pinsel benutzt er keine. Betrachtet man seine Bilder von nahem, entfaltet sich eine ganz andere Wirkung als aus der Ferne. Eindrücklich sind sowohl die schiere Grösse als auch die Farbmassen,die der Künstler verarbeitet. Sein grösstes Werk misst 30 Meter, besteht aus 12 Teilen und entstand in zwei Jahren. Lehmpfuhl malt an gewissen Tagen bis zu 12 Stunden am Stück, bei Sonne, Kälte und Wind. So ist ein Werk der Ausstellung bei Sturmböen in Orkanstärke auf Helgoland entstanden. «Die Leinwand wurde quasi zum Segel im Wind», sagt der Maler lachend. Bei solchen Bedingungen kann ein Rahmen auch mal brechen – ärgerlich, aber kein Grund, nicht noch einmal neu zu beginnen, meint der Künstler.

Die grossformatigen Bilder müssen ein halbes Jahr lang trocknen, bevor sie aufgehängt werden können. «Ganz trocknen werden sie nie», hält der Künstler fest.

Von Trauer und Familienbäckereien

Christopher Lehmpfuhl plaudert an jenem Sonntagmorgen entspannt mit den Gästen, beantwortet Fragen, macht Sprüche. Er ist nahbar, erklärt viel und lässt die Anwesenden an seinen Gefühlen im Schaffungsprozess teilhaben. Er erzählt von seiner Liebe zu den Bergen – besonders zum Engadin – davon, wie er begeistert Ski fährt oder eben bei minus 20  Grad malt. Auch da mit den Händen, nicht mit Pinseln. «Irgendwo muss man ja sparen», sagt er lachend.

Zum Abschluss der Führung zeigt der Künstler Bilder, die ihm ganz besonders am Herzen liegen. 2019, als seine Eltern verstarben, malte er zur Trauerverarbeitung nur Schwarzweissbilder. Die Exponate aus dem Zyklus «Neue Heimat» sind anders im Stil, voller Emotionen, voller Erinnerungen. Gemalt hat Lehmpfuhl diese Werke – für ihn völlig ungewöhnlich – teilweise ab Foto mit Pinsel.

Während des Schaffensprozesses hat sich der Maler auch mit der Vergangenheit seiner Familie beschäftigt. Die Urgrosseltern hatten eine Bäckerei mit «Lehmpfuhl-Brot» aufgebaut. Geplant sei nun, das Brot in diesem Jahr wiederaufzunehmen und eine neue Bäckerei in Berlin zu eröffnen. Das weckt das Interesse der Gruppe – jemand möchte wissen, ob es die Backware auch in der Schweiz geben werde. Lehmpfuhl meint schmunzelnd, dass er das Brot zuerst selbst probieren müsse; aber wenn es gut sei, stünde einer Expansion in die Schweiz nichts im Wege.

Die Wochenblatt-Leserinnen und -Leser sind am Ende des Rundganges voll des Lobes für den Künstler und die Aus­stellung. Und sogar ursprünglich kritische Stimmen begeistert Lehmpfuhl spielerisch: «Meine Frau hat mich mitgeschleppt und wenn ich ehrlich bin, wusste ich nicht, wie ich diesen Morgen überstehen soll», sagte ein wenig kunstaffiner Besucher. «Doch die Werke und der Künstler haben mich total fasziniert! Eine grossartige Überraschung an diesem Sonntagmorgen», sagt ebendieser nach der Führung.

Die Ausstellung «Zwischen Pathos und Pastos» von Christopher Lehmpfuhl ist noch bis zum 25. Februar geöffnet.

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