Schwinbach-Aue: Rettung noch möglich?
Nachdem vor kurzem die Nordquelle beim Natur-schutzgebiet versiegt ist, sind nun auch die Südquelle und ein Teich auf der benachbarten Parzelle fast ausgetrocknet. Die Bauherrin erklärt, man habe Massnahmen ergriffen
Besorgt steht Jennifer Mc Gowan von der Initiative Natur- und Kulturraum Dornach-Arlesheim (IDA) beim Naturschutzgebiet Schwinbach Aue in Arlesheim. «Unsere Befürchtungen sind erschreckend schnell eingetroffen, nun ist nach der Nordquelle auch die Südquelle versiegt», stellt sie fest. Auch der Teich in der benachbarten Grünzone, Lebensquelle für zahlreiche geschützte Arten, wurde weitgehend trockengelegt. Das ist aktuell besonders prekär, da in den Frühlingsmonaten Amphibien unterwegs sind, um sich fortzupflanzen und abzulaichen. Finden sie kein Wasser vor, drohen die Arten zu verschwinden.
Ein Augenschein vor Ort: Wo letztes Jahr zur gleichen Jahreszeit noch viel Wasser in den Teich floss, kommt heute kaum noch ein Tropfen. «Wir haben Messstellen eingerichtet, um die Wasserflüsse messen zu können. Aber nun ist auch die Südquelle versiegt und es fliesst kein Wasser mehr», resümiert Ueli Steiger, ebenfalls Teil der IDA. Es sei so der Grossteil des Naturschutzgebiets trockengelegt worden, erklärt Mc Gowan. Zusätzlich pumpe die Steiner AG das durch Beton verschmutzte Wasser aus der Baustelle ab, um es zu reinigen und danach der Kanalisation zuzuführen. Wasser, das dem Naturschutzgebiet wiederum fehlt.
Wertvolle Zeit gewinnen
Auch Matthias Rang, Leiter der Naturwissenschaftlichen Sektion am Goetheanum, zeigt sich «sehr besorgt darüber, wie sich die Situation entwickelt.» Die Veränderungen des Wasserlaufs seien «erschreckend schnell gegangen». Das Goetheanum als Besitzerin des Naturschutzgebiets führe erste Gespräche mit der Bauherrin von «La Colline», weiss Rang. Lösungen seien noch keine erarbeitet, aber es gebe Bestrebungen, noch unbeeinträchtigtes Hangwasser von anderer Stelle aus dem Baugebiet zu fassen und ins Naturschutzgebiet zu leiten.
Ob das erfolgreich sein wird, sei jedoch fraglich. «Das Gleichgewicht in diesem Naturschutzgebiet ist besonders, es wird schwierig sein, die Wasserströme künstlich so zu leiten, dass das Feuchtgebiet weiterhin bestehen bleiben kann», erklärt der Naturwissenschafter. Um die Schäden der Schwinbach Aue zu begrenzen, brauche es jetzt vor allem eines: Zeit. «Wir müssen unterschiedliche Expertisen einholen. Da aber alles unter grossem Zeitdruck geschieht, ist es ein schwieriges Unterfangen, das Schutzgebiet noch zu retten.» Gemäss Rang würden aktuell Massnahmen bei der Steiner AG, der Bauherrin, umgesetzt, um das Wasser provisorisch wieder ins Naturschutzgebiet zu leiten.
Wenig Wasser oder gar keins mehr?
Steiner bestätigt die Einführung solcher Massnahmen auf Anfrage des «Wochenblattes» und hält zudem fest, dass alle Auflagen aus der rechtskräftigen Baubewilligung konsequent eingehalten würden. «Darüber hinaus wurden verschiedene Massnahmen getroffen, welche dazu beitragen, die Bauarbeiten und deren Auswirkungen besser zu protokollieren. Die Wasserqualität entspricht seit Baubeginn unverändert den behördlichen Vorgaben», schreibt Steiner. Dies würden die Wasserproben bestätigen, die von einem spezialisierten unabhängigen Unternehmen genommen wurden.
Ende Februar seien neue Messinstrumente installiert worden, um die Situation vor Ort überwachen zu können. Das Quellwasser habe im Zuge der Veränderungen des Terrains naturgemäss neue Wege in das Feuchtgebiet gefunden, heisst es von Seiten der Steiner AG. Die bisherige Austrittsstelle der Nordquelle führe derzeit weniger Wasser, jedoch sei der Bodengrund weiterhin sehr feucht. Zwei neue Quellaustritte förderten zurzeit klares Wasser an die Oberfläche.
Doch Mc Gowan schildert die Situation anders: Es gebe keinerlei Wasser mehr in der Nordquelle, in der vor den Bauarbeiten stets eine annähernd konstante, kaum von der Witterung abhängige Wasserschüttung beobachtet wurde. Ausserdem sei der Boden im Naturschutzgebiet nicht mehr feucht, sondern wegen des fehlenden Wassers deutlich trockener und fester geworden. Die bisher im ganzen Feuchtgebiet verteilten, durchgehend sumpfigen Stellen würden verschwinden. Auch gebe es keine neuen Quellen, die im Naturschutzgebiet an die Oberfläche dringen würden.
«Massnahmen» sollen es richten
Der Kanton erklärt auf Nachfrage des «Wochenblattes», die zuständige kantonale Aufsichtsbehörde sei am vergangenen Freitagnachmittag vor Ort gewesen, um sich ein Bild zu machen und mögliche Massnahmen auf der Bauparzelle zu prüfen. Die Bau- und Umweltdirektion (BUD) des Kantons Basel-Landschaft schreibt: «Die besprochenen Massnahmen werden aktuell von der Bauherrschaft umgesetzt, so dass in den Quellen nach heutiger Beurteilung und der Jahreszeit entsprechend wieder Wasser fliessen sollte.» Die Aussagen der BUD bestätigen: Das Naturschutzgebiet hat deutlich Wasser verloren, sonst wären aktuell keine Massnahmen nötig. Ausserdem: Wenn Niederschlag und Jahreszeit auf das Naturschutzgebiet einen so grossen Einfluss hätten, dann müsste jetzt, nach einer langen regenreichen Zeit, mehr Wasser fliessen als in warmen Monaten.
Schlauch soll Wasser leiten
Die BUD schreibt weiter, der Erfolg der ergriffenen Massnahmen werde in den kommenden Wochen weiter vor Ort beurteilt. Von welchen Massnahmen die Rede ist, dazu nehme die BUD keine Stellung, schreibt sie auf Nachfrage des «Wochenblattes». Auch Steiner AG äussert sich nicht dazu, welche Massnahmen ergriffen würden. Die Bauherrin schreibt: «Gemeinsam mit dem Goetheanum und in enger Zusammenarbeit mit spezialisierten Biologen und Geologen seien Lösungen zur Erhaltung des Naturschutzgebietes ‹Schwinbach› erarbeitet worden.» Wie diese Lösungen konkret aussehen, dazu äussert sich Steiner nicht. Tatsächlich wurde am Montag ein Schlauch verlegt, um das Wasser von der Baustelle in das Naturschutzgebiet zu leiten. «Dass jetzt Wasser künstlich eingeleitet werden muss, zeigt, dass das Wasser keine neuen Wege ins Feuchtgebiet gefunden hat – sonst müsste es ja nicht ersetzt werden», sagt Jennifer Mc Gowan. Ob die ergriffenen, provisorischen Massnahmen den benötigten Effekt haben, werde sich noch zeigen müssen.