Qualitätsmängel, fehlende Bewilligungen: Behörden stoppen Safetest in Reinach

Die Corona-Testcenter der umstrittenen Zuger Firma sind in Basel und Reinach geschlossen worden wegen fehlender Bewilligungen und Konzepte sowie Qualitätsmängel.

Seit vergangener Woche geschlossen: Das Corona-Testcenter im Reinacher Industriequartier Kägen. Foto: Kenneth Nars
Seit vergangener Woche geschlossen: Das Corona-Testcenter im Reinacher Industriequartier Kägen. Foto: Kenneth Nars

Corona ist ein Geschäft. Wer, wenn nicht die Influencer der Partyszene, weiss besser über die Befindlichkeiten und Bedürfnisse junger Erwachsener Bescheid, die sich unter ihresgleichen mischen wollen – und dafür zumindest ein Zertifikat benötigen. Ehad Beciri, Clubgänger und IT-Spezialist, hat die Lücke erkannt und unter der Marke Lifetest eine Kette von Testzentren aufgebaut. Eine gleichnamige Firma gibt es nicht, dafür wurde in Zug die Safetest AG gegründet, die Lifetest als eine ihrer Marken führt. Damit werden keine Tests mehr angeboten, sondern Testanalysegeräte verkauft. ­Zügig hat die Firma ihr Netz in der Deutschschweiz dafür unter dem neuen Label corona-testcenter-schweiz.ch laut eigenen Angaben auf 41 Stationen ausgebaut.

Ein Augenschein am vergangenen Donnerstag in Reinach. Zwei Männer und eine Frau stehen verloren vor der verschlossenen Tür. Das Testzentrum ist zwischen Imbiss und Werkstatt eingemietet. Mitten im Industriequartier. Ohne online vereinbarten Termin kommt hier niemand vorbei. Die Wartenden hatten einen Termin. Mit der Bestätigung in der Hand rufen sie die Hotline des Testzentrums an. Sie landen in der Warteschlaufe. «Das kann doch nicht wahr sein», sagt einer der Männer. Er wollte sich und seinen Angestellten testen lassen, habe extra noch angerufen und den Termin vereinbart. Und jetzt das. Ein Mann tritt aus einer anderen Tür. Er sei der Standortleiter gewesen, sagt er. Seit dem Morgen ist das Center geschlossen. Er selbst habe gekündigt. Am Freitag erfolgte die Bestätigung: Der Kantonsärztliche Dienst hat «ein nicht bewilligtes Testzentrum kontrolliert und die sofortige Schliessung angeordnet». Dies schon allein aufgrund der fehlenden Ermächtigung des Kantons und weil kein geprüftes Konzept vorlag.

Vor Reinach kamen Stans, Olten, Solothurn, Aarau und Basel

Der Standort in Reinach ist nicht der erste, der geschlossen wurde. Die Center in Stans im Kanton Nidwalden, in Solothurn, Aarau und Olten sowie seit der ersten Januarwoche dasjenige in Basel sind ausser Betrieb. An der Clarastrasse hatte sich Safetest bei einem Schlüsselservice eingemietet. Die Gründe wiederholen sich: Die Gesundheitsämter stellten Qualitätsmängel fest. Testresultate wurden vertauscht, Zertifikate waren fehlerhaft. Zudem hielten die Betreibenden die nötigen Hygienemassnahmen und Anforderungen an die Räumlichkeiten nicht ein.

Beciri tritt in der neuen Firma in keiner Funktion auf. Als Präsident amtiert Ludovik Tunaj, besser bekannt als Promi-Coiffeur Ludo Lee aus dem aargauischen Oberentfelden. In der Boulevardpresse weiss er sich seit Jahren zu inszenieren. Er stylt und schneidet die Haare von Schauspielerinnen und Sängern – in den sozialen Medien verbreitet er Selfies mit Models wie Kendall Jenner und Heidi Klum. Tunaj findet die Anwürfe unfair. Es seien Fehler passiert, doch auch die Behörden hätten Fehler gemacht, erklärt er in einer schriftlichen Stellungnahme.

Zwanzig Inspektionen in verschiedenen Kantonen habe Safetest bestanden. Die Firma stelle «hohe Anforderungen an die Qualität der Infrastruktur». Dass der Basler Standort geschlossen wurde, könne er verstehen; sie selbst hätten ihn «auch nicht ideal» gefunden. Ein neuer werde gesucht, die Nachfrage sei gross.

Tunaj sagt, er sei lediglich Investor und helfe, die richtigen Leute zusammenzubringen. Über die Geschäftszahlen könne er keine Auskunft geben. Eine eigentliche Geschäftsleitung mit Unterschriftsberechtigung ist im Handelsregister nicht erkennbar. Und doch würden rund 600 Mitarbeitende für die Firma arbeiten.

Zusammenarbeit mit umstrittener Ecolog bahnt sich an

Wer sich für das geschäftliche Umfeld interessiert, wird bei Instagram fündig. Da zeigt sich Tunaj etwa mit Christophe Christ, der hauptberuflich als Schönheitschirurg in Zürich unterwegs ist und bei Safetest als ärztlicher Verantwortlicher auftritt. Kontakte bestehen auch zum umstrittenen Militärdienstleistungskonzern Ecolog von Nazif Destani, der in Deutschland Testzentren betreibt. Da sei aber «noch nichts spruchreif», erklärt Tunaj.

Dafür werde alles daran gesetzt, dass die geschlossenen Zentren wieder geöffnet werden können. Dies sei für die Bevölkerung wegen der täglich steigenden Ansteckungsquote wichtig. Bewohnerinnen und Bewohner aus Reinach müssen sich bis dahin ein anderes Testcenter suchen.

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