Mit viel Fleiss zurück ans Klavier
Elina Kaikovas Karriere war nach einem Schicksalsschlag eigentlich zu Ende. Doch nun ist die Reinacherin zurück und tritt am kommenden Sonntag mit Christian Wenk und dem Sinfonieorchester Nota Bene im Stadtcasino Basel auf.
Ihre Anspannung kann Elina Kaikova nicht verbergen. Zugleich verspüre sie auch eine grosse Vorfreude, wenn sie an den kommenden Sonntag denke. Die Reinacherin tritt zusammen mit dem Pianisten Christian Wenk und dem Zürcher Sinfonieorchester Nota Bene im ruhmreichen Stadtcasino Basel auf. Für die Konzertpianistin ist es der grösste Auftritt seit vielen Jahren. Ein Schicksalsschlag stoppte vor elf Jahren ihre Karriere abrupt. Während der Schwangerschaft entzündete sich ihr Rückenmark. Elina Kaikova sitzt seitdem im Rollstuhl.
Ohne Gefühl in den Beinen kann Elina Kaikova die Pedale des Klaviers nicht bedienen. Auch verlor sie durch die Querschnittslähmung viel an Muskulatur, die beim Klavierspiel essenziell ist. Damals war für die mittlerweile 41-Jährige undenkbar, einst wieder auf dem Niveau zu spielen, das sie heute dank viel Fleiss wieder erreicht hat. Fünf Jahre lang spielte sie keinen Ton. Die Wende brachte eine spezielle Mundsteuerung, welche ihr Konzertpartner vom Sonntag, Christian Wenk, in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich entwickelt hat. Mit dem weltweit einzigartigen Mundstück kann das rechte Pedal des Klaviers bedient werden. Dieses verlängert unter anderem die Töne und sorgt für unterschiedliche Klangfarben. «Beisst man auf das Mundstück, wird das rechte Pedal heruntergedrückt. Lässt man los, geht das Pedal wieder hoch», erklärt Kaikova den Mechanismus, der einfach tönt, aber in der Praxis hochkomplex ist.
«Ein fantastisches Stück – Romantik pur»
Weil mit dem Mundstück nur ein Pedal bedient werden kann, müssen Elina Kaikova und Christian Wenk ohne linkes Pedal auskommen. Auf das linke Pedal könne man beim Klavier eher verzichten, auf das rechte auf keinen Fall, weil viele gerade klassische Werke auf dieses ausgerichtet seien, beschreibt Kaikova. Am Sonntag spielt die Reinacherin mit Christian Wenk und dem Sinfonieorchester im ersten Teil das Konzert für zwei Klaviere und Orchester Op. 88a von Komponist Max Bruch. Im zweiten Teil spielt Nota Bene die Scheherazade Op. 35 von Nikolai Rimsky-Korsakow. Dirigiert wird der Abend von Jascha von der Goltz. Elina Kaikova schwärmt: «Es ist ein fantastisches Stück. Romantik pur, das die Menschen ganz schnell abholen kann.»
Bereits mit sechs Jahren wurde bei Elina Kaikova eine ausserordentliche Begabung festgestellt. Zum Klavier kam sie durch ihre Mutter, die während Jahren in Russland als Konzertpianistin aufgetreten ist und noch heute unterrichtet. Elina Kaikova zog für ein Klavierstudium an der heutigen Zürcher Hochschule der Künste (ZHDK) in die Schweiz. Nach zehn Jahren in Zürich zog sie der Liebe wegen in die Region Basel nach Reinach.
Auftritte in renommierten Konzerthäusern
Premiere der vor zwei Jahren aufgegleisten Zusammenarbeit mit Christian Wenk und dem Sinfonieorchester Nota Bene feiert Elina Kaikova schon am Samstag im Paraplegiker-Zentrum Nottwil. Für sie ein ganz besonderer Auftritt: «Ich möchte zeigen, was mit einer Behinderung möglich ist. Ich möchte den Menschen dort Mut machen, an ihre Ziele und sich selbst zu glauben.» Den Abschluss der Konzertreihe bildet der Auftritt übernächsten Sonntag in der Tonhalle in Zürich. Es sind Konzertsäle mit grosser Geschichte und Ausstrahlung. Sämtliche Einnahmen aus den drei Konzerten gehen ans Paraplegiker-Zentrum Nottwil und an die Christian Wenk Stiftung, die sich für die Förderung der Gleichberechtigung von Menschen mit einer Behinderung einsetzt. Konkrete Erwartungen an die drei Konzerte hat Elina Kaikova nicht. Aber für ihr Klavierspiel hat sie klare Ziele. «Ich würde gerne wieder unterrichten und so meine Leidenschaft weitergeben.» Sie hofft sehr, dass sie bald eine passende Stelle findet. Für sie sei das Klavier die «Königin aller Instrumente». «Es hat eine der grössten Tonumfänge, ist sehr vielseitig und bietet ein beinahe endloses Repertoire.» Sie spiele zumeist klassische Musik, sagt die Mutter einer elfjährigen Tochter. Doch das Klavier biete auch ganz viel Raum für moderne Stücke, die gerade bei den Jüngeren beliebt seien.