Landräte sagen Wahlmuffeln Kampf an

Kantonsparlamentarier aus Aesch, Pfeffingen und Reinach wollen die Politik den Menschen näherbringen.

Wollen die Politik in ein besseres Licht rücken:(v.l.) Jan Kirchmayr, Rolf Blatter, Jacqueline Bader Rüedi, Beatrix von Sury, Marco Agostini und Christina Wicker-Hägeli. Foto: Caspar Reimer
Wollen die Politik in ein besseres Licht rücken:(v.l.) Jan Kirchmayr, Rolf Blatter, Jacqueline Bader Rüedi, Beatrix von Sury, Marco Agostini und Christina Wicker-Hägeli. Foto: Caspar Reimer

Die Idee entstand nach einer Parlamentssitzung in Liestal: Zehn Landrätinnen und Landräte aus Aesch, Pfeffingen und Reinach haben als informelle Gruppe die Köpfe zusammengesteckt. Ihr Ziel: die Politik den Menschen näherbringen und dadurch mehr Wählerinnen und Wähler an die Urne locken.

«Es heisst immer: ‹Die da oben machen, was sie wollen!› Da möchten wir Gegensteuer bieten», sagt die Reinacher FDP-Landrätin Jacqueline Bader Rüedi. «Die Wahlbeteiligung in den drei Gemeinden ist jeweils sehr gering, dümpelt irgendwo um die 30 Prozent. Wir fragen uns, woran es liegt und was man dagegen tun kann. Viele Leute bekommen gar nicht richtig mit, was wir machen», so der Sozialdemokrat und Parlamentskollege aus Aesch, Jan Kirchmayr. Dabei gehe es – unabhängig von der Parteizugehörigkeit – darum, die Interessen der Region im Landrat zu vertreten. «Es gibt durchaus politische Geschäfte im Landrat, welche unsere Gemeinden betreffen, bei denen wir uns parteiübergreifend für die beste Lösung einsetzen», fügt Caroline Mall, SVP-Landrätin aus Reinach, hinzu. Im Oberbaselbiet und im Laufental sei diese Form der Zusammenarbeit von Landräten etabliert, weiss Kirchmayr.

Überzeugungsarbeit statt Pflicht

Auf die Frage nach den Ursachen der geringen Wahlbeteiligung sagen alle ­unisono: Uns gehe es schlicht zu gut. «Es funktioniert alles. Deshalb ist es nicht zwingend notwendig, sich einzubringen», fügt der Aescher FDP-Mann Rolf Blatter hinzu. «Viele Menschen nehmen ihre Rechte grosszügig war, wettern, wenn etwas nicht funktioniert, bringen sich aber nicht ein, wenn es darum geht, Lösungen zu finden.» Dabei wäre es einfach, sich mit der Materie auseinanderzusetzen, meint Marco Agostini, Landrat der Grünen aus Pfeffingen. «Es kann einem doch nicht einfach egal sein, ob für dies oder jenes Millionenbeträge ausgegeben werden. Schliesslich handelt es sich dabei um die eigenen Steuergelder.»

Bader Rüedi veranschaulicht mit ­einem Bild: «Wenn die eigenen Kinder in einem Onlineshop für teures Geld Kleider bestellen, sagen die Eltern auch: ‹Das geht nicht!› Das müsste doch auch in der Politik möglich sein.»

Gemeinsame Auftritte

Einer Wahlpflicht, wie sie in anderen Kantonen bereits existiert, steht die Mehrheit der Landrätinnen und Landräte kritisch gegenüber: «Natürlich steht es jedem frei, nicht wählen zu gehen. Unsere Arbeit muss es sein, die Menschen davon zu überzeugen, dass es sich lohnt, an die Urne zu gehen», sagt die Reinacher Mitte-Landrätin Béatrix von Sury. Das Image von Politik sei in der Bevölkerung «nicht gerade gut», meint Agostini. In deren Wahrnehmung werde viel geredet und gestritten, aber wenig gemacht. «Schaut man einer Parlamentsdebatte zu, kann dieser Eindruck tatsächlich entstehen. Der Landrat ist eine Bühne. Die wirkliche Arbeit findet aber in den Kommissionen statt», sagt die Reinacherin Christina Wicker-­Hägeli von der GLP.

Auf die Frage, was die Gruppe konkret unternehme, um ihr Ziel zu erreichen, sagt Bader Rüedi: «Wir haben bereits eine Art Brainstorming gemacht. Daraus entwickelte sich die Idee, vor den Wahlen gemeinsam in den Gemeinden aufzutreten und den Kontakt zur Bevölkerung zu suchen.» Und Kirchmayr bringt eine weitere Idee ins Spiel: «Möglich wäre auch, dass wir Entscheidungen des Kantons, die unsere Gemeinden betreffen, gemeinsam kommunizieren. So kann die Bevölkerung direkt sehen, dass wir im Kanton etwas für den Wahlkreis bewirken.» FDP-Mann Blatter fügt hinzu: «Wir möchten, wenn möglich, auch die Plattform des Wochenblatts nutzen, um uns als Landräte ausführlicher und abseits der Wahlen zu Themen zu äussern.»

Wie es funktioniere, wenn Parteien unterschiedlicher Ausrichtung zusammenarbeiten, sagt Agostini: «Letztendlich geht es immer um die Interessen der Region, auch wenn der Weg dazu vielleicht ein anderer ist.» Eine Herausforderung sei es im Landrat, die unterschiedlichen Strömungen im Kanton einfliessen zu lassen und trotzdem die Belange der eigenen Gemeinden zu vertreten: «Gerade im Oberbaselbiet gibt es teilweise eine starke Abgrenzung zur Stadt Basel, was für unsere Gemeinden, die nahe bei der Stadt liegen, schwierig ist», so Wicker-Hägeli. Um ihr Anliegen voranzubringen, will sich die Gruppe viermal jährlich treffen, um weitere Schritte zu planen.

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