Fall «Nathalie» kracht in sich zusammen
Die Untersuchungen im Fall «Nathalie» sind abgeschlossen. Der Vater, dem vorgeworfen wurde, seine Tochter sexuell und rituell zu missbrauchen, wird entlastet. Es gebe keine Hinweise auf ein strafrechtlich relevantes Verhalten, so die Staatsanwaltschaft aus Solothurn.
Im Dezember 2019 zeigte eine Frau aus dem Solothurner Schwarzbubenland ihren Ex-Mann an. Er habe die gemeinsame Tochter, ein damals achtjähriges Mädchen, mehrfach sexuell misshandelt. Die Vorwürfe waren besonders heftig – von rituellen Vergewaltigungen war die Rede, von satanistischen Ritualen.
Nun, rund 2,5 Jahre später, hat die Solothurner Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen den Vater eingestellt. «Nach umfangreichen Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden stellt die Staatsanwaltschaft fest, dass sich ein anfänglicher Tatverdacht in keiner Weise erhärtet hat», teilte die Behörde letzte Woche mit.
Man habe umfangreiche Abklärungen wegen angeblicher ritueller Vergewaltigungen und Tötungen getätigt. «Es ergaben sich jedoch trotz intensiver Abklärungen keine Hinweise auf ein strafrechtlich relevantes Verhalten.»
Der Fall löste gewaltiges Medienecho aus
Der Fall hatte in den Medien unter dem Namen «Nathalie» eine regelrechte Lawine ausgelöst. Insbesondere die «Basler Zeitung», aber auch die «Solothurner Zeitung» und die «bz» berichteten über das Mädchen, das angeblich missbraucht wurde. Verschiedene Behörden mussten medial heftige Kritik einstecken: Sie würden wegschauen, den angeblichen Täter schützen, hätten den angeblichen Missbrauch nicht verhindert, trotz Hinweisen.
Der «Basler Zeitung» lagen Tonaufnahmen des Gesprächs zwischen Nathalie und der Oberärztin der Kinder- und Jugendpsychiatrie Baselland vor, in denen das Mädchen den angeblichen Missbrauch schilderte. Teile dieser Tonspur wurden veröffentlicht. Vom Presserat wurde die «BaZ» dafür deutlich gerügt: Ein so höchst vertrauliches Gesprächs eines Kindes mit einer Therapeutin über erlittene sexuelle Gewalt zu veröffentlichen, sei ein krasser Verstoss gegen die Prinzipien journalistischer Ethik. Später wurde die Tonspur von der Website entfernt.
Zahlreiche Personen mit Strafanzeigen eingedeckt
Im Verlauf des Verfahrens wurden mehrere Personen mit Strafanzeigen oder Aufsichtsbeschwerden eingedeckt. Urheber waren dabei jedes Mal eine Gruppe aus dem Umfeld der Mutter des Mädchens.
Die Ärztinnen der Kinder- und Jugendpsychiatrie Baselland wurden angezeigt, weil sie die Schilderungen des Mädchens nicht umgehend der Staatsanwaltschaft gemeldet hätten. Der fallführende Solothurner Staatsanwalt, weil er den Fall angeblich verschleppt hätte. Mitarbeiterinnen der Sozialregion, da sie das Mädchen gezwungen hätten, den Vater weiter zu besuchen, trotz der Vorwürfe. Und sie hätten Alarmzeichen ignoriert. Diese Vorwürfe waren bereits allesamt in sich zusammengefallen, in keiner einzigen Anzeige folgte eine Verurteilung.
«Damit ist aus Sicht der Staatsanwaltschaft der Verfahrenskomplex rund um den in den Medien thematisierten «Fall Nathalie› abgeschlossen», teilt die Staatsanwaltschaft mit. Ganz vorbei dürfte die Geschichte aber noch nicht sein. Die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft kann gerichtlich noch angefochten werden.