Erst gewählt, dann doch nicht

Bei den Baselbieter ­Landratswahlen kam es zu einer Panne. Betroffen sind die Mitte und die EVP.

Wegen eines Fehlers der Wahlsoftware jubelten sowohl bei der Mitte als auch bei der EVP Baselland am Wahlwochenende die Falschen. Das erfuhren die Parteien am vergangenen Freitag.

Nach den bereinigten Berechnungen muss von der Mitte ein Mandat vom Wahlkreis Münchenstein in den Wahlkreis Laufen und von der EVP ein Mandat vom Wahlkreis Muttenz in den Wahlkreis Reinach wandern. Die Sitzverteilung der Parteien im Landrat ändert sich dadurch nicht. Der Frauenanteil im Landrat steigt durch die Korrektur aber um 2,2 Prozentpunkte an, verglichen mit den provisorischen Resultaten vom Sonntag, und liegt nun bei 38 Prozent. Für die EVP wurde demnach nicht Dany Hugelshofer aus dem Wahlkreis Laufen gewählt, sondern Simone Buser aus dem Wahlkreis Reinach. Für die Mitte wurde Regina Weibel im Wahlkreis Laufen gewählt, der Aescher Christian Helfenstein jubelte am Wahltag zu Unrecht.

«Das Baselbieter Wahlsystem ist kompliziert», erklärt Nic Kaufmann, zweiter Landschreiber des Kantons, denn es beruhe auf einem «doppelten Proporz», bei dem sowohl die Parteistärken als auch die Anzahl Stimmberechtigten in den 12 Wahlkreisen bei der Mandatsvergabe berücksichtigt werden.

Nach der Mandatsverteilung gemäss provisorischem Wahlergebnis am Wahlsonntag hätte die Mitte im Wahlkreis Reinach und die EVP im Wahlkreis Laufen auf ein weiteres Mandat Anrecht gehabt. Nach der Korrektur geht nun das zusätzliche Mandat der EVP an den Wahlkreis Reinach und das zusätzliche Mandat der Mitte an den Wahlkreis Laufen. Die Wahlsoftware werde seit 2000 eingesetzt und habe bisher sämtliche «Sitzsprünge» korrekt berechnet.

Im vorliegenden Fall sei es aber erstmalig zu ­einem «doppelten Sitzsprung» innerhalb einer Wahlregion gekommen. Dieser spezielle Fall, der nur in der Wahlregion 2 mit vier Wahlkreisen vorkommen kann, sei zwar im Wahlrecht geregelt, aber in der Wahlsoftware nicht programmiert gewesen.

Verlierer erhielten einen Blumenstrauss

Die Berechnungen wiesen deshalb fälschlicherweise Dany Hugelshofer von der EVP in Laufen und Christian Helfenstein von der Mitte in Reinach als Gewählte aus. Die Landeskanzlei hat sich bei den beiden Betroffenen entschuldigt und ­ihnen einen Blumenstrauss zugestellt. Nach Bekanntgabe der provisorischen Ergebnisse am Wahlsonntag prüft die Landeskanzlei jeweils die Ergebnisse vor der amtlichen Publikation. Dabei sei der Fehler laut Kaufmann entdeckt und korrigiert worden. Im September hat der Landrat eine Vorlage beschlossen, nach der das Baselbieter Wahlrecht optimiert werden soll. Die proportionalen Parteistärken sollten künftig besser abgebildet und Sitzsprünge unter den Wahlkreisen reduziert werden.

«Fehler passieren», sagt Martin Geiser, Präsident der EVP Baselland. «Für Dany Hugelshofer ist es emotional sicherlich nicht einfach.» Am Sonntag sei dieser unerwartet gewählt worden und habe sich mit der neuen Situation auseinandersetzen müssen und nun, fast eine Woche später, müsse er sich schon wieder umstellen. Als kleinere Partei war die EVP schon mehrmals von Sitzsprüngen betroffen. Im Wahlkreis Muttenz habe der Sprung aber überrascht. Das dortige EVP-Mandat habe die letzten 25 Jahre als sicher gegolten.

Die Mitte Baselland nehme die Panne mit «Befremden zur Kenntnis», sagt Parteipräsident Silvio Fareri. «Wir hätten Christian Helfenstein die Wahl gegönnt.» Dieser habe aktiv am Wahlkampf teilgenommen. «Der Fehler in der Software hätte im Sinne eines Stresstests früher erkannt werden müssen», findet Fareri. Gerade im Lichte der, im Vorfeld der Wahlen falsch versendeten Wahllisten, hinterliesse die Sache einen «bitteren Nach­geschmack».

Buser tritt Amt nicht an, EVP sucht Nachrückende für den Landrat

Die Mitteilung der Landeskanzlei am Freitag habe sie sehr überrascht, sagt Simone Buser. «Ich hatte die Wahlen bereits ad acta gelegt.» Nachdem sie sich Zeit genommen habe, ihre Wahl zu überdenken, gab die EVP am Montag bekannt: Buser verzichte aus gesundheitlichen Gründen auf das Amt. Diese würden es «in nächster Zeit» verunmöglichen, «Verpflichtungen, wie sie ein Landratsamt mit sich bringt», nachzukommen.

Die veränderten Umstände seien in den letzten Wochen zum Vorschein gekommen, sagt Buser. Mit der Wahlpanne und der verspäteten Bekanntgabe ihres Wahlsieges hänge ihr Entscheid, auf den Sitz zu verzichten, aber nicht zusammen. Die EVP drückt darüber ihr Bedauern aus. Ausserdem zeigten die Vorkommnisse nach Meinung der Partei, «wie dringend nötig die Umsetzung der vom Landrat beschlossenen Wahlreform auf die nächsten Gesamterneuerungswahlen 2027 hin ist».

Der erste nachrückende EVP-Kandidat im Wahlkreis Reinach ist Tobias Beck aus Birsfelden. Ob er das Mandat übernehmen werde, möchte er noch nicht kommentieren. Er verweist auf die Medienmitteilung der Partei, die in Aussicht stellt, die nachrückende Person nach den nötigen Abklärungen «zu gegebener Zeit zu kommunizieren». Am drittmeisten Stimmen erzielte Ursula Winkler.

Mögliche Nachrückende bräuchten bei einer Absage der klassierten Person eine Bedenkzeit und müssten den Schritt etwa mit dem Arbeitgeber abklären, erklärt Parteipräsident Martin Geiser. Seitens Landeskanzlei bestehe kein zeitlicher Druck. «Ich gehe davon aus, dass wir bis Ende März die nachrückende Person bekannt geben ­können.»

Weitere Artikel zu «Region», die sie interessieren könnten

Region20.11.2024

«Dr Schwarzbueb» blickt auf die Jugend

Letzten Donnerstag ­wurde an der Vernissage im Gymnasium Laufen der neue «Schwarzbueb» vorgestellt. Hauptthema im Jahr- und Heimatbuch 2025 ist die Jugend.
Region20.11.2024

Nach 40 Jahren ist Schluss: Ruine Dorneck braucht neuen Wärter

Die Magdalenen-Zunft ehrte zu seinem Abschied Schlosswart Alois Hasler. Dessen Enkel hat inzwischen einen digitalen Rundgang für die Ruine Dorneck erstellt.
Region20.11.2024

Kampf für anthroposophische Bauten

Jennifer Mc Gowan kämpft seit Jahren für Natur und Architektur rund ums Goetheanum. Obwohl ein brisantes Gutachten des Bundes ihr recht gibt, hatte sie bislang…