«Der Preis wird der Zusammenarbeit weiteren Schub verleihen»
Mit der Wakkerpreis-Auszeichnung ist für den Verein Birsstadt nicht nur Anerkennung, sondern auch viel Arbeit und eine wichtige Botschaft verbunden.
Der Verein Birsstadt und damit verbunden die zehn Mitgliedergemeinden sind seit Dienstag in aller Munde. Schweizweit wird über die Auszeichnung berichtet. Das Interesse am Wakkerpreis ist jedes Jahr gross. Die ausgezeichneten Gemeinden werden auf einen Schlag zum Vorbild. Was auf den Verein und die Birsstadt-Gemeinden nun zukommt, das lässt sich anhand vergangener Beispiele nur erahnen. Bereits die Auszeichnung 2012 des Birsraums als Landschaft des Jahres sorgte national für viel Aufmerksamkeit. Damals gab es den Verein Birsstadt noch nicht.
«Im ersten Moment fragten sich wohl viele, wo denn diese Birsstadt liege», schmunzelt Reinachs Gemeindepräsident Melchior Buchs. Als er als Präsident des Vereins am vergangenen 18. November an der Delegiertenversammlung des Schweizer Heimatschutzes in Biel den Verein vorstellen durfte, sagte er zur Erheiterung der Anwesenden: «Die Birsstadt ist die einzige Stadt der Schweiz, die als Verein organisiert ist.» Mit dabei in Biel waren neben Melchior Buchs Münchensteins Gemeindepräsidentin Jeanne Locher und Geschäftsleiterin Gelgia Herzog.
Die Delegiertenversammlung des Schweizer Heimatschutzes ist mehr ein formaler Akt, an der jeweils der Vorschlag der Wakkerpreis-Kommission abgesegnet wird. Die Idee, den Verein Birsstadt ins Rennen um den Wakkerpreis zu schicken, sei vom Baselbieter Heimatschutz gekommen, verrät Buchs. «Ich konnte mir darunter zunächst nicht viel vorstellen», erinnert sich der Reinacher Gemeindepräsident. «Beim Wakkerpreis dachte ich zunächst an Dörfer und Städtchen, in denen möglichst viele alte Gebäude erhalten bleiben.» Dass dies längst nicht mehr so ist und der Wakkerpreis mittlerweile weit über den historischen Kontext hinausgeht, beweist gerade auch die Auszeichnung des Vereins Birsstadt.
Auf Basis von Konsens und Kompromissen
Für Melchior Buchs ist die Auszeichnung mit dem Wakkerpreis mit einer wichtigen Botschaft verbunden: «Zusammenarbeit lohnt sich – zwischen Gemeinden und sogar über die Kantonsgrenze hinaus.» Die Auszeichnung werde der Idee hinter dem Verein Birsstadt weiteren Schub verleihen, ist Buchs überzeugt. «Die grosse Mehrheit der Bevölkerung und der Politik steht hinter dem Verein. Es gibt aber vereinzelt immer noch Zweifler und Kritiker, gerade auch, weil die Gemeinden jährliche Zahlungen an den Verein tätigen müssen.»
Mit dem Wakkerpreis sollte auch den Letzten klar werden, dass die Zusammenarbeit für alle Seiten gewinnbringend ist. Für Buchs ist der Preis auch die Bestätigung dafür, dass es richtig war, die Zusammenarbeit als Verein und nicht als Zweckverband zu organisieren. «Der Verein ist viel mehr auf Konsens basiert, was der Kompromissfindung und somit der Entscheidungsfindung dient. Auch bleibt die Gemeindeautonomie bestehen.» Das Präsidium rotiert jährlich. Den Vorstand bilden die Gemeindepräsidien aller zehn Mitgliedergemeinden.
«Die Abläufe sind klar festgehalten»
Freude löste die Auszeichnung auch bei den Fachplanerinnen und Fachplanern auf Verwaltungsebene der Gemeinden aus. Benjamin Kobler, Co-Leiter des Bereichs Raum und Umwelt bei der Gemeinde Münchenstein, sieht den Wakkerpreis auch als Bestätigung ihrer Arbeit. Durch die Vereinsstruktur sei die Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden institutionalisiert und damit klar geregelt. «Es braucht nicht bei jedem Projekt einen neuen Anlauf. Die Abläufe sind klar festgehalten. Das hilft enorm.»
Auch Benjamin Kobler ist überzeugt: «Der Preis wird der Zusammenarbeit weiteren Schub verleihen.» Die Fachgruppen, in denen der Verein Birsstadt die unterschiedlichen Themen organisiert und plant, treffen sich bis zu achtmal im Jahr. «Wir sind eingespielt und haben über die Jahre ein Gewicht erlangt – auch gegenüber dem Kanton», erklärt Kobler, der die Koordinationsstelle der Arbeitsgruppe Raumplanung leitet. Die Souveränität über Entscheidungen bleibe aber bei den Gemeinden, sagt der Münchensteiner Co-Leiter des Bereichs Raum und Umwelt.
Der Wakkerpreis beinhaltet neben den klassischen Faktoren wie dem Erhalt der historischen Bausubstanz und der entsprechenden Entwicklung der Ortskerne auch die Themen Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Landschaft. Für Letzteres ist im Verein Birsstadt Aurelia Wirth als Leiterin der Arbeitsgruppe Birspark Landschaft verantwortlich.
Im Rahmen des Aktionsplans Birspark Landschaft wurden und werden zwischen Birsfelden und Grellingen diverse kleinere und grössere Projekte realisiert. «Man denkt gemeinsam und vernetzt», beschreibt Wirth die Arbeit im Verein Birsstadt. Das Über-die-Gemeindegrenzen-hinweg-Denken verleihe den einzelnen Projekten mehr Gewicht, ist die Leiterin der Abteilung Umwelt der Gemeinde Muttenz überzeugt. «Es ist ein gemeinsames Bekenntnis. Es braucht nicht jedes Mal ein neues Verhandeln.» Man profitiere viel mehr voneinander, indem zum Beispiel gemeinsame Konzepte erarbeitet würden. Dies sei aktuell unter anderem bei der Klimaadaption Birsstadt der Fall. «Damit sorgt die Zusammenarbeit bei den Gemeinden auch für Einsparungen», betont Aurelia Wirth.
Preisübergabe am 22. Juni
Nur ein kleiner Kreis wusste seit dem 18. November über die Auszeichnung für den Verein Birsstadt Bescheid. Ohne konkret zu wissen, worum es geht, mussten Mitarbeitende der Gemeinden Projekte aufgleisen.
Das Wakkerpreis-Jahr soll schliesslich gebührend begangen werden. Unter anderem sind Führungen geplant. Das grosse Fest im Rahmen der Preisübergabe finde am 22. Juni auf dem Domplatz in Arlesheim statt, verrät Melchior Buchs. «Das Fest muss man an einem festen Standort planen. Aber alle Gemeinden der Birsstadt und natürlich die Bevölkerung sollen involviert werden. Genau so, wie es zum Verein Birsstadt passt.»