Der herbivore Hulk

Er trägt den Titel «stärkster Mann Deutschlands» und lebt seit Jahren vegan: Der international be-kannte Tierrechtsaktivist Patrik Baboumian ist am Wochenende an der 5. Basel Vegan Messe in Münchenstein zu Gast.

Setzt auf pflanzliche Proteine: Strongman Patrik Baboumian. Foto: zvg
Setzt auf pflanzliche Proteine: Strongman Patrik Baboumian. Foto: zvg

In seiner Höchstform hob er Bierfässer oder Baumstämme mit bis zu 200 Kilogramm Gewicht senkrecht über den Kopf. In seiner Paradedisziplin «Yoke Walk» schulterte er eine 560 Kilogramm schwere Gerätschaft über eine Distanz von zehn Metern. Patrik Baboumian ist ein veganer Tausendsassa: Weltrekordhalter in mehreren Strongman-Disziplinen, Tierrechtsaktivist und angehender Videospielentwickler. Das sind nur einige der Kapitel, die das Leben des 44-jährigen Deutscharmeniers bereits geschrieben hat. Der Schritt zum Veganismus im Jahr 2011 spielt dabei eine wichtige Rolle.

Als Kraftsportler hatte er sich zuvor schon sechs Jahre vegetarisch ernährt, doch nach seinem Titelgewinn als «stärkster Mann Deutschlands» und der damit verbundenen medialen Aufmerksamkeit entschied er sich, Veganer zu werden. «Der Vegetarismus war für mich nur der halbe Weg. Durch die Präsenz in den ­Medien wurde mir auch meine Vorbildfunktion bewusst, und der Schritt zum Veganismus war für mich die logische Konsequenz», meint Baboumian.

Neben den Konsequenzen für die Umwelt war für ihn vor allem der ethische Aspekt ausschlaggebend: «Ich war schon immer sehr tierlieb und habe früher, als ich noch in Waldnähe wohnte, auch manchmal verletzte Tiere wieder auf­gepäppelt. Für mich war es ein Widerspruch, Tieren kein Leid zufügen zu wollen und sie gleichzeitig zu essen.»

Ernährungsumstellung erforderte viel Vorbereitungszeit

Da Baboumian zum Zeitpunkt der Umstellung auf eine vegane Ernährung im Jahr 2011 aktiver Strongman-Athlet war, erforderte der Prozess auch einige Vorbereitungen. «Als Profisportler ernährt man sich funktional, deswegen brauchte es auch ein paar Monate Vorlauf. Ich selbst hatte auch ein wenig Bammel davor, doch rückblickend ärgere ich mich, dass ich es nicht schon früher gemacht habe», erzählt Baboumian. Dass er diesen Schritt auf dem Höhepunkt seiner Strongman-Karriere wagte, hätten damals viele nicht nachvollziehen können. Die Reaktionen seien von Unverständnis und Ungläubigkeit geprägt gewesen.

Für Baboumian war diese Gegenrede aber stets eine willkommene Plattform, um für seine Anliegen zu sensibilisieren. «Viele denken bei veganer Ernährung nur an Grünzeug. Dass Muskelaufbau nur mit Fleisch- und Milchprodukten möglich ist, ist eine unbegründete, rein kulturelle und gesellschaftliche Prägung, die durch Werbung und Marketing gefördert wird. Pflanzliche Proteine werden oft völlig ausser Acht gelassen», meint Baboumian. So stehen bei ihm Nahrungsmittel mit hoher Kaloriendichte wie Kartoffeln, Hülsenfrüchte oder Getreide auf dem Speiseplan.

Prägendes Erlebnis in der Kindheit

Die Leidenschaft für den Kraftsport gründet bei Baboumian tief in der Kindheit und ist mit einem familiären Schicksalsschlag verbunden: «Mein Vater starb bei einem Autounfall, als ich vier Jahre alt war. Ich habe nur wenige Erinnerungen an ihn, aber noch sehr präsent ist mir, dass wir oft gemeinsam die ‹Hulk›-Serie geschaut haben.»

Hier wurzelt seine Faszination für eine Art übermenschliche Kraft, inspiriert durch den grünen Muskelprotz – ab dem 14. Lebensjahr widmete er sich dann seiner ganz eigenen Verwandlung. Über Wrestling und Bodybuilding fand er 2005 schliesslich zu den Strongman-Disziplinen.

Unzählige Titelgewinne später, darunter auch Weltrekorde im Baumstammstemmen und Bierfassstemmen, beendete Baboumian 2016 seine Athletenkarriere. Heute schreibt er Bücher, hält weltweit Vorträge und klärt als Aktivist über Tierrechte und Veganismus auf. Während der Coronapandemie hat Baboumian zudem ein neues Projekt in Angriff genommen.

Ziel war, eine Plattform für Aktivismus zu schaffen, die isoliert von seinen sportlichen Leistungen besteht. Die Lösung: «ein Videospiel, in dem man in die Rolle eines Underground-Aktivisten für Tierschutz schlüpft. Daran habe ich die ­letzten zwei Jahre fast ununterbrochen gearbeitet.» Durch sein Psychologie­studium war er mit den Grundlagen des Programmierens und Entwickelns bereits ein wenig vertraut – auf Ende Jahr ist ein erster Prototyp angedacht. «Aktuell verbringe ich meinen ganzen Tag im stillen Kämmerlein und arbeite an der Entwicklung des Videospiels», erzählt Baboumian schmunzelnd.

Eine vielleicht willkommene Abwechslung bietet da der Ausflug nach Münchenstein am Wochenende. Anlässlich der 5. Ausgabe der Basel Vegan Messe im Kuspo wird Baboumian als Spezialgast an beiden Tagen vor Ort auf der Bühne stehen.

5. Internationale Basel Vegan Messe, 16. und 17. September im Kuspo Münchenstein
www.vegan-messe.ch

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