Den Abfallsündern auf den Fersen

Littering und Vandalismus nehmen deutlich zu. Die Gemeinden reagieren mit verstärkter Präsenz von privaten Sicherheitsdiensten, Polizei und Streetworkern.

Einfach liegengelassen: Die Gemeinden versuchen dem Problem mit Patrouillen und Gesprächen Herr zu werden. Foto: ZVG / Marco Agostini
Einfach liegengelassen: Die Gemeinden versuchen dem Problem mit Patrouillen und Gesprächen Herr zu werden. Foto: ZVG / Marco Agostini

«Seit Mitte Februar dieses Jahres haben sich Littering und Vandalenschäden ­gehäuft», sagt Gemeinderat Pascal Leumann, der in Arlesheim für das Ressort Tiefbau und Sicherheit zuständig ist. Oft sei der Übergang von Littering zu Vandalismus fliessend. Im Februar hätten ­Unbekannte auf Schulplätzen Glasflaschen herumgeworfen, was zu einem Scherbenmeer führte – kleine Kinder hätten sich daran verletzen können, sagt Leumann. In derselben Nacht sind auch Verkehrs- und Informationstafeln demoliert worden, es entstand ein Schaden von 5000 Franken. Und erst letzte Woche sind WC-Einrichtungen und Anlagen von Vereinen beschädigt worden. Die Gemeinde Arlesheim ist heuer früher mit Littering konfrontiert als in den vergangenen Jahren. Die Schulanlagen Gerenmatte und das Domplatzschulhaus sowie die Sportanlagen Hagenbuchen gehören zu den gegenwärtigen Abfall-Hotspots. «Littering ist aber generell ein Problem im öffentlichen Raum, angefangen bei den Haltestellen des öffentlichen Verkehrs bis hin zu den Naherholungsräumen in der Ermitage und an der Birs», stellt Leumann fest.

Der Arlesheimer Gemeinderat hat dagegen nun Massnahmen ergriffen: Zusätzlich zum Ordnungsdienst, der tagsüber unterwegs ist, patrouilliert verstärkt eine private Sicherheitsfirma durchs Dorf. Auf variablen Touren werden dabei besonders die Gerenmatte, der Bewegungspark, der Domplatz, die Hagenbuchen, öffentliche WC-Anlagen, die BLT-Haltestelle Baselstrasse, das Schappe-Areal und das Pulverhüsli in der Ermitage frequentiert.

Gleichzeitig soll von der mobilen ­Jugendarbeit das direkte Gespräch mit Jugendlichen gesucht werden, um diese im Sinne der Prävention zu einer Verhaltensänderung zu bewegen, erklärt Leumann. Die Jugendarbeit patrouilliere nicht zusammen mit dem Sicherheitsdienst, sie würden sich aber austauschen und ihre Aktivitäten koordinieren.

Gespräch, aber auch Bussen

Auch in Münchenstein und Aesch wird derzeit eine Zunahme von Littering verzeichnet. «Wegen Corona werden viele öffentliche Plätze stärker besucht als sonst – auch unter der Woche», weiss der zuständige Aescher Gemeinderat Stephan Hohl. Besonders der Dorfkern, die Tramschlaufe, aber auch die Schulhäuser und Kindergärten seien betroffen. Um dem Problem Herr zu werden, setzt die Gemeinde auf Kontrollen und Aufklärung durch die Gemeindepolizei während der Nachtdienste und an Wochenenden. «Daneben ist unser Streetworker regelmässig unterwegs, um mit den Jugendlichen in Dialog zu treten.» Ausserdem unternehme die Gemeinde alles dafür, dass wichtige Treffpunkte wie das Jugendhaus phönix sowie Freizeitanlagen coronakonform geöffnet bleiben können, betont Hohl.

Ähnlich klingt es bei Thomas Gerber, Leiter der Gemeinde Polizei Münchenstein. Tendenziell seien es eher jüngere Menschen, die beispielsweise eine PET-Flasche einfach fallen lassen, deswegen sei die Gemeindepolizei vermehrt an den Wochenenden und nachts unterwegs. Auch Gerber setzt auf den Dialog: «Vielleicht können wir an gewissen Punkten etwas bewirken, wenn die jungen Erwachsenen die Polizei nicht als Feindbild wahrnehmen. Auch hinsichtlich Lärm, Drogenkonsum oder Gewalt.» Gerber hält aber fest: «Wenn wir die Jugendlichen jedoch bei frischer Tat beim Littering oder bei einer Nachtruhestörung ertappen, erhalten sie eine Busse.»

Es sind aber nicht nur Jugendliche, die nach einer Outdoor-Party ihren Abfall nicht mehr wegräumen: Auch bei den kommunalen Wertstoffsammelstellen ergeben sich am Montagmorgen oft unschöne Bilder. «Abfälle verschiedener Art sind nicht korrekt entsorgt, ganze Kehrichtsäcke werden an den Sammelstellen deponiert und Hausabfälle werden in öffentlichen Abfalleimern entsorgt», stellt Gerber fest. Gerade über die Festtage und verlängerte Wochenenden würden die Sammelstellen oft als Abfallhalde missbraucht.

Gempen sucht nach Lösungen

Dass nur Jugendliche Abfallsünder seien, das kann Eleonora Grimbichler, Gemeindepräsidentin von Gempen, auch nicht bestätigen. Viel eher sei es in Gempen ein Problem der allgemeinen Besucherzahlen, die eine grosse Menge von Abfällen liegen lassen. Beliebte Ausflugsorte kämpfen oft mit Litteringproblemen. Die beiden Gemeindearbeiter müssen an bestimmten Orten sogar täglich Abfall beseitigen. Dazu zählen unter anderem die Parkplätze am Dorfeingang, aber auch das Naturschutzgebiet, wo immer wieder Unmengen an Abfall liegen bleiben, sagt Grimbichler. Die Problematik werde in der Umwelt- und Gesundheitskommission schon längere Zeit ­diskutiert. Man sei daran, entsprechende Lösungen zu erarbeiten.

Raumpatenschaften in Reinach

In klarem Kontrast zu den anderen ­Gemeinden steht Reinach: Es sei keine Zunahme der Abfallmengen im öffentlichen Raum während der Pandemie zu beobachten, sagt Evelyn Lenzin, bei der Gemeinde für Umwelt und Energie zuständig. Zudem bestehe das Problem über alle Altersklassen hinweg. Typische «Abfall-Hotspots» seien in Reinach Grillplätze, Sitzstufen, Bushaltestellen, das Dorfzentrum und Spielplätze. Reinach setzt auf zusätzliche Reinigungen in den Sommermonaten, zudem gibt es Privatpersonen mit einer «Raumpatenschaft», welche herumliegende Abfälle einsammeln und vor Ort das Gespräch mit Personen suchen, sagt Lenzin gegenüber dem Wochenende.

Ehrenamtliches Abfallsammeln

Der Verein Suuberewald sammelt jährlich grosse Mengen an Abfall in der Region – besonders im Wald und in Naherholungszonen. «Die ganzen Take-aways mit den vielen Verpackungen, aber auch Dosen, PET- und Glasflaschen sind Hauptbestandteil des Abfalls, den wir wöchentlich einsammeln. Die gleichen Stellen müssen wir sonst nur drei- bis viermal jährlich bearbeiten», erzählt Suuberewald-Präsident Marco Agostini.

Bei Schulhäusern sammle er nicht direkt, erklärt Agostini, aber drum herum. Und da sehe es oft nicht schön aus. Um Jugendliche zu sensibilisieren, müssen Erwachsene Vorbilder sein, ist Agostini überzeugt. «In der eigenen Familie, in den Schulen und in den Kindergärten vermehrt über Naturschutz, Littering, Recycling und Verpackungen reden und diskutieren, das ist wichtig. Oder Social-Media-Kanäle nutzen und coole Spots schalten, die auch die jungen Menschen ansprechen.»

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