Anerkennung für pflegende Angehörige
SP-Landrätin Miriam Locher fordert von der Gemeinde Münchenstein ein Reglement zur Entschädigung pflegender Angehöriger im Sinne einer Wertschätzung, so wie dies der Kanton empfiehlt.
Während rund 80 Millionen Stunden im Jahr pflegen Menschen in der Schweiz zu Hause Angehörige. Zumeist sind dies Partnerinnen und Partner oder Kinder, die Eltern pflegen. Diese Arbeit wird zumeist gratis geleistet. Würde diese Arbeit allesamt im Rahmen des Systems – zum Beispiel in Alters- und Pflegeheimen – passieren, würde dies Kosten von rund 3,7 Milliarden Franken ausmachen, rechnet die Münchensteiner SP-Landrätin Miriam Locher vor. Die Zahlen stammen von ProFamilia Schweiz, dem Dachverband der Familienorganisationen und Kompetenzzentrum für Familienpolitik. Die Pflegeinstitutionen wären kaum in der Lage, auch noch diese Aufgaben zu übernehmen. Entsprechend unverzichtbar seien pflegende Angehörige. «Und es werden immer mehr Menschen, die Pflege benötigen», mahnt Locher im Hinblick auf die demografische Alterung der Gesellschaft.
Locher möchte, dass pflegende Angehörige eine finanzielle Entschädigung erhalten. Die SP-Landrätin legt Wert darauf, zu betonen, dass es sich dabei nicht um einen Lohn handle: «Der mögliche Betrag entspricht keinem Lohn. Er ist deshalb als Wertschätzung zu verstehen, um die Anerkennung der Leistung für die gepflegte Person und die ganze Gesellschaft zu zeigen.» Locher möchte, dass die Pflege zu Hause als «Grundpfeiler der Betreuungsarbeit der Pflegebedürftigen» die Wertschätzung erfährt, die ihr zusteht. «Ohne diese Pflege zu Hause könnten viele Menschen weniger lange in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben, sie entlastet also nicht nur das System, sondern ist auch für das psychische Wohlbefinden enorm wichtig.»
30 Franken pro Tag
Im Kanton Baselland sind dafür die Gemeinden zuständig. Der Kanton empfiehlt den Gemeinden, die Arbeit der betreuenden und pflegenden Bezugspersonen im Sinne von Wertschätzung finanziell anzuerkennen. Die Grundlagen dazu finden sich im Altersbetreuungs- und Pflegegesetz (APG), im total revidierten Altersleitbild sowie in einem vom Kanton erarbeiteten Musterreglement. Dieses gibt es seit rund zwei Jahren. Gestützt darauf sollen die Anerkennung und Unterstützung der betreuenden und pflegenden Angehörigen durch die Gemeinden mit einem Beitrag von mindestens 30 Franken pro Tag abgegolten werden, falls die Pflege pro Tag mindestens 90 Minuten dauert. Dies haben erst zehn der 86 Baselbieter Gemeinden umgesetzt. Münchenstein gehört nicht dazu.
Mit einem Antrag an der kommenden Gemeindeversammlung vom 27. September will Miriam Locher dies ändern. Sie fordert den Gemeinderat auf, der Gemeindeversammlung ein Reglement entsprechend dem Musterreglement des Kantons vorzulegen. Für sie geht es auch ums Prinzip: «Wegen dieser 30 Franken pro Tag wird sich niemand dazu entscheiden, jemanden zu Hause zu pflegen und zu betreuen. Das macht man aus Nächstenliebe.» Der verhältnismässig kleine Batzen könne aber trotzdem helfen, um zum Beispiel die Vereinbarkeit zwischen der Pflege eines Angehörigen und der eigentlichen Arbeit zu verbessern.