Altes wahren, Neues wagen
Ein neues Buch erzählt die Geschichte des Kloster Dornach und zeigt, wieso sie prägend ist für seine Zukunft.
Gleich drei Jubiläen feiert das Kloster Dornach mit einem grossformatigen Buch, das auf 68 Seiten 350 Jahre Klostergeschichte bespricht, dem Vierteljahrhundert der Stiftung Kloster Dornach nachgeht und die fünf jüngsten Jahre mit dem neuen Kulturprogramm skizziert. Es ist die erste Publikation, in der die Geschichte des Klosters aufgearbeitet wird, zusammengefasst auf knapp sechs Seiten von Historiker Christian Schweizer, Provinzarchivar der Schweizer Kapuziner. Warum aber zog es die Kapuziner, die sich der Rückkehr zum franziskanischen Ideal der buchstabengetreuen Regelbeachtung und strengen Armut verschrieben hatten, just nach Dornach? Zum einen sollte eine Seelsorgestation zur Betreuung der Katholiken im reformierten Basel und der Umgebung geschaffen werden. Zum anderen wurde so eine Niederlassung zwischen den im Elsass und in der Schweiz gelegenen Ordenshäusern ermöglicht. 1672 zogen die ersten vier Kapuzinerbrüder in die alte Landschreiberei in Dornach-Brugg. Die nahegelegene Schlachtkapelle wurde ihnen ebenfalls überlassen. 1673 erfolgte die Grundsteinlegung der Kirche und des Klosters, die ersten Kapuziner zogen 1676 ein.
Traditionell und dennoch modern
Über drei Jahrhunderte lang konnte das Kloster als Seelsorgeinstitution bestehen, obwohl seine Existenz besonders im turbulenten 19. Jahrhundert mehrfach bedroht war. Erst 1991 stellte es sein Konventleben ein, zu einer Zeit, als Nachwuchsmangel und Austritte viele Klöster in der Schweiz zur Auflösung zwangen. 1994 verliess der letzte Kapuziner die alten Gemäuer. Bis 1999 gehörte das Kloster dem Kanton Solothurn, danach ging es an die Stiftung über, die 1996 gegründet wurde und heuer ihr 25-Jahr-Jubiläum feiert. Ihr Ziel ist der Erhalt der Gebäude und deren Nutzbarmachung: Heute vereint das Kloster Hotel, Restaurant, Kirche und Kultur unter einem Dach.
Barbara van der Meulen, Herausgeberin des Buches und Programmleiterin Kultur, sieht ihre Aufgabe darin, die alten Klostergemäuer nicht nur äusserlich zu bewahren, sondern von innen neu zu beleben. «Die hauseigene Tradition zu respektieren, ohne an ihr haften zu bleiben», das ist das Credo. Das kulturelle Angebot reicht von Jazzkonzerten über kulturelle Bespielungen der Klosterkirche bis hin zu Ausstellungen von Künstlern, die für einige Zeit kostenlos in einer Klosterzelle eine «schöpferische Auszeit» nehmen können.
Die Klosterzimmer, die nach der Buchvernissage am Mittwoch das erste Mal besichtigt werden konnten, wurden während des Lockdowns von Theaterregisseurin Sandra Löwe sanft restauriert und teilweise neu ausgestattet. Dabei hat Löwe immer die Geschichte des Klosters im Hinterkopf: «Pompös und ausladend, das würde hier nicht passen», sagt sie. Die Zimmer sind schlicht eingerichtet, ohne dabei kleine Überraschungen und besondere Stücke zu vergessen. «In der jüngsten Ausgabe des Schweizer Heimatschutzes rangiert das Kloster Dornach unter den ‹schönsten Hotels der Schweiz›», freut sich van der Meulen.
Zwischen Rentabilität und sozialem Engagement
Das Kloster steht heute – wie viele historische Gebäude in der Schweiz – im Spannungsfeld zwischen Rentabilität und niederschwelliger Bespielung mittels kultureller Veranstaltungen. Zudem will es dem sozialen Angebot im Sinne der Tradition der Kapuziner nachkommen: Bedürftige erhalten im klostereigenen Restaurant eine warme Suppe, auch wenn sie sie nicht bezahlen können. Das Haus, das durch seine Lage am Bahnhof Dornach am Puls einer wirtschaftlich dynamischen und vernetzten Region liegt, bietet eine Palette von Angeboten. Oder um es mit den Worten von Regierungsrat Remo Ankli (FDP), der die Ansprache hielt, zu sagen: Das Kloster Dornach offeriert Gottessuchenden eine Heimat, Kulturaffinen Nahrung für ihre Leidenschaft, ruhebedürftigen Menschen eine Rückzugsmöglichkeit und Hungrigen eine gastronomische Offerte.» Das aussergewöhnlich gestaltete Buch widerspiegelt diese Vielfalt: Unterschiedliche Schriftarten, Layoutformen und Satzspiegel wechseln sich ab – ein puristischer Stil zieht sich durch. Wie eben auch im Kloster.