A18-Zubringer: Eine Pattsituation

Der Kanton Solothurn hat seinen Richtplan bezüglich Birsquerung angepasst: Variante Mitte soll nicht mehr verfolgt werden. Marco Feusi, CEO der Hiag, die das Wydeneck-Quartier in Dornach entwickelt, begrüsst dies.

Stellt die Haltung der Hiag klar: Geschäftsführer Marco Feusi. Foto: zVg

Stellt die Haltung der Hiag klar: Geschäftsführer Marco Feusi. Foto: zVg

Wo soll die Birs überquert werden? Darüber sind sich die Gemeinden Dornach und Aesch nicht einig. Foto: Kenneth Nars

Wo soll die Birs überquert werden? Darüber sind sich die Gemeinden Dornach und Aesch nicht einig. Foto: Kenneth Nars

Die geplante Brücke, die den Autoverkehr von Dornach dereinst auf die Aescher Seite und dort auf die Autobahn A18 führen soll, wird die Birs nicht an ihrer breitesten Stelle überqueren – zumindest wenn es nach dem Kanton Solothurn geht. Für mögliche zukünftige Varianten sollen nun nördlich und südlich des Birsbogens Trassees gesichert werden. Die entsprechende Richtplananpassung liegt bis zum 5. April öffentlich auf.

Doch warum braucht es die Änderung überhaupt? 2003 hatten die Kantone Basel-Landschaft und Solothurn eine Machbarkeitsstudie für eine solche Birsquerung erstellen lassen. Die Linienführung, heute unter dem Namen Variante Mitte bekannt, wurde 2009 im Richtplan beider Kantone festgehalten.

In den folgenden Jahren wurde ein Vorprojekt durchgeführt, doch offenbar wurden Zweifel an der angestrebten Lösung laut, und so wurden zwei weitere Querungslinien flussabwärts und -aufwärts ins Spiel gebracht: zuerst eine Variante nördlich der ursprünglichen Planung und deutlich später dann die Variante Süd.

Aufgrund einer Studie, die vom Verein Birsstadt in Auftrag gegeben wurde, kamen die Regierungen von Solothurn und Baselland im Sommer 2021 zum Schluss, Variante Mitte nicht mehr zu verfolgen. Sie argumentierten mit dem starken Eingriff in den Naturraum des Birsbogens und damit, dass das Swissmetal-Areal in den kommenden Jahren einer grossen Transformation unterliege.

Grosses Wohn- und Gewerbeareal an der Birs

Die Hiag plant auf dem Gelände das neue Wydeneck-Quartier. Die Arealentwicklerin sieht auf der Grundstücksfläche von 136000 Quadratmetern Wohn- und Gewerberäume für 1800 Einwohner und bis zu 900 Beschäftigte vor. Der Teilzonenplan für das Wydeneck-Areal liegt zurzeit beim Kanton zur Vorprüfung.

Solothurn hat seinen Richtplan für den A18-Zurbinger auf dieser Grundlage angepasst – der Dornacher Gemeinderat hatte sich im November mit 4 zu 3 Stimmen für die Streichung von Variante Mitte ausgesprochen.

Weil die Hiag ein wichtiger Player ist, haben Stimmen aus Aesch und Dornach in den vergangenen Wochen die Bedürfnisse der Hiag unterschiedlich wiedergegeben. Die Hiag brauche die Variante Mitte zwingend, um das Areal bestmöglich zu erschliessen, hiess es auf der einen Seite unter Berufung auf «enge Beziehungen zur Chefetage». Andere Stimmen erklärten, dass die Hiag sich eben explizit gegen Variante Mitte ausspreche.

Das Wochenblatt hat deshalb bei Marco Feusi, Geschäftsführer der Hiag, nachgefragt. Am Telefon erklärt dieser: «Wir haben unsere Stellungnahme dem Solothurner Regierungsrat bereits im Feb­ruar zukommen lassen. Variante Mitte sehen wir aus politischen und gesellschaftlichen Gründen als nicht mehr vertretbar. Das hätte man vielleicht in den 60er-Jahren machen können. Der Schutz der Natur ist heute jedoch deutlich wichtiger als noch vor einigen Jahrzehnten.»

Die Hiag plant, einen Teil des heutigen Swissmetall-Geländes entlang der Birs zu renaturieren, um einen Naherholungsraum zu schaffen. «Fast 30000 Quadratmeter werden zu einer Auenlandschaft umgestaltet, obwohl der grösste Bereich Bauland wäre.» Diese Landschaft würde durch den «Kunstbau» einer Birsquerung zerschnitten.

Dornach will keine «Variante null»

Die Option, dass am Ende gar keine Autobrücke gebaut wird und dafür der öffentliche Verkehr sowie Velowege stark ausgebaut werden, sieht Feusi als unrealistisch. Die durch die Birsstadt in Auftrag gegebene Studie von letztem Sommer hatte diese Variante als Möglichkeit festgehalten. «Es ist klar, dass es einen Zubringer braucht, das haben wir immer kommuniziert. Der hohe Gewerbeanteil, der auf dem Areal vorgesehen ist, sowie das umfangreiche Transformationsgebiet Widen bedingen einen Anschluss. Ob dieser am Ende im Süden oder im Norden der ursprünglichen Planung zu liegen kommt, ist für uns zweitrangig», sagt Feusi. «Zudem hätte eine Birsquerung in Verbindung mit dem S-Bahnhof Apfelsee das Potenzial, dass die kantonal bedeutenden Arbeitsplatz­gebiete Aesch Nord und Kägen in Reinach sowie die angrenzenden Wohnquartiere mit Bus- oder Tramlinien an das S-Bahnnetz besser angeschlossen werden könnten.»

Der Dornacher Gemeindepräsident Daniel Urech schliesst sich Feusi an: «Der Gemeinderat stellt ernsthaft in Frage, ob die Variante null ein gangbarer Weg sein könnte, weil es damit zu keinerlei Entlastung der zwei Dorfzentren von Dorn­achbrugg und von Aesch kommen würde.» Vorwürfe, der Gemeinderat hätte die Planung in den vergangenen acht Jahren extra verzögert, damit am Ende gar keine Strasse gebaut werden könne, weist er zurück: «Der Gemeinderat Dorn­ach hat sicherlich keine bewusste Verzögerungsstrategie gefahren. Insbesondere hat er – wie übrigens unsere Nachbargemeinde auch – die Erstellung eines Zusatzberichts zum Mobilitätskonzept Birsstadt unterstützt, der die Basis für die nun vorliegende Richtplananpassung bildet. Aus heutiger Sicht können wir dankbar sein, dass vor acht Jahren nicht einfach die für die Natur und die Entwicklungsperspektiven des Ent­wicklungsareals Widen sehr nachteilige Variante Mitte realisiert wurde.»

Aesch beharrt auf Mitte, Dornacher Parteien sammeln Unterschriften

Das sieht die Gemeinde Aesch, auf deren Boden der Zubringer auf die Autobahn führen wird, ganz anders. Auf Nachfrage des Wochenblatts verweist sie auf die Stellungnahme vom letzten Dezember. Dort heisst es: «Die Gemeinde Aesch [vertritt] klar die Haltung, dass für Aesch nur die Variante Mitte für eine Über- oder Unterquerung der Birs in Frage kommt. Diese Variante führt in direkter Linie vom neuen Vollanschluss-Kreisel nach Dornach.» Verzichtet der Kanton Solothurn mit der Anpassung im Richtplan auf diese Variante, werde es für Dornach voraussichtlich keinen direkten Anschluss an die A18 geben.

Der Meinung von Aesch schliessen sich auch die bürgerlichen Parteien von Dorn­ach an. SVP, FDP und die Mitte sammeln derzeit Unterschriften gegen die Richtplananpassung von Solothurn. «Unser Ziel ist es, dass die Variante Mitte nicht definitiv gestrichen wird. Dafür wollen wir rund 1000 Unterschriften sammeln», sagt FDP-Ortspräsident Ludwig Binkert.

Andreas Fritschi, Präsident der Dorn­acher Mitte, ergänzt, für seine Partei stehe im Vordergrund, dass die anderen beiden Varianten zuerst auf den gleichen Planungsstand gebracht würden. Das Ziel könne nicht sein, dass am Ende gar keine Brücke entstehe. «Warum sollten wir jetzt die Variante Mitte, von der es Machbarkeitsstudien gibt, für zwei Varianten aufgeben, von denen wir noch gar nicht wissen, ob sie überhaupt umsetzbar sind?» Die Unterschriften wollen die Parteien schliesslich beim Kanton einreichen, damit die Richtplanänderung von Solothurn verworfen wird.

«Solche Diskussionen kennen wir von anderen Standorten nicht»

Die Hiag hofft indes, dass sich die Kantone und die Gemeinden einigen. «Solche Diskussionen kennen wir von anderen Standorten nicht. Vielleicht liegt es daran, dass zwei Kantone beteiligt sind», vermutet Feusi. Das Wydeneck ist ein grosses Areal, das hervorragende Voraussetzungen biete. «Es ist gut erschlossen und erhält ab 2026 sogar eine S-Bahn-Haltestelle. Wir glauben an das Areal, trotz Altlasten und Schadstoffen, die noch zu sanieren sind. Dass nicht konstruktiv an einer Lösung gearbeitet wird, finden wir nicht zielführend.» Für Feusi ist klar: Sollten sich die Gemeinden auf keine Variante einigen können, müsste die Hiag noch einmal über die Bücher. «Die Entwicklungen des Areals könnten dann nicht wie geplant umgesetzt werden. Das würde uns sicher zwei bis drei Jahre zurückwerfen.»

Die Richtplanänderung von Solothurn liegt noch bis 5.April öffentlich auf. Baselland will eine erste Stellungnahme voraussichtlich Ende April abgeben.

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