Petri Heil in der PCB-entlasteten Birs

Nach jahrelangen Einschränkungen wegen PCB-Belastung des Gewässers darf in der Birs nun wieder fast ohne Restriktionen gefischt werden. Die Fischer haben aber noch ganz andere Sorgen.

Die PCB-Belastung ist gesunken: Hermann Koffel, Präsident des Fischervereins Münchenstein-Reinach, freut sich.
Die PCB-Belastung ist gesunken: Hermann Koffel, Präsident des Fischervereins Münchenstein-Reinach, freut sich.

Lukas Hausendorf

Zu Beginn dieses Monats hob die Baselbieter Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion die Einschränkungen für die Birsfischerei teilweise auf. Dies, nachdem letztes Jahr die Emissionsquelle geschlossen werden konnte, die für die PCB-Belastung des Flusses hauptursächlich verantwortlich war, und die Werte an chlorierten, organischen Verbindungen in der Folge merklich zurückgegangen sind. Mittlerweile werden in der Bachforelle nur noch 1,4 Pikogramm des giftigen dioxinähnlichen polychlorierten Biphenylen (PCB) nachgewiesen.

Der Toleranzwert liegt bei 4 Pikogramm. «In dieser Menge ist das gesundheitlich nicht mehr bedenklich», sagt Kantonstierarzt Ignaz Bloch. Er erwartet auch, dass die Werte nun kontinuierlich zurückgehen werden. Ganz verschwinden werde das Gift aber nicht. Für die Fischer, welche die Birs bewirtschaften und pflegen, ist das eine erfreuliche Nachricht. «Jetzt kann ich wieder guten Gewissens Fisch verzehren», sagt Hermann Koffel, Präsident des Fischervereins Münchenstein- Reinach.

Die Birs ist denn auch Habitat von elf verschiedenen Arten, darunter beliebte Verzehrfische wie die Äsche oder die Forelle. Diese dürfen nun wieder uneingeschränkt gefangen, verzehrt und an Dritte abgegeben werden. Heikler ist es mit fettigeren Arten wie dem Aal oder der Barbe, bei denen der Verzehr nach wie vor auf eigene Verantwortung erfolgt. Der Kantonsveterinär empfiehlt, dass Kinder und Jugendliche sowie Frauen im gebärfähigen Alter auf diese Fische verzichten sollten.

Giftquelle im Jura
Die Suche nach der Giftquelle dauerte Jahre. Nachdem der Kanton Baselland wegen massiv erhöhter PCB-Werte im April 2008 während eines Jahres sogar ein totales Fischfangverbot erliess, dauerte die Suche nach der Emissionsquelle noch bis 2011, als dank neuer Nachweismethoden der Weg des Giftes zum von-Roll-Infratec-Werk in Choindez zurückzuverfolgen war.

Dort lief von Altmetallen belastetes Regenwasser mehr oder weniger ungehindert in die Birs. Nach der Bereinigung der Situation wurde die Wasserqualität merklich besser. Aber erst in diesem Frühling waren die Kontaminationswerte tief genug, um die grössten Restriktionen wieder aufheben zu können. Entlang der Solothurner Birs galten diese für den Eigenverzehr übrigens nie.

Gefährliches PCB
Obwohl PCB in der Schweiz seit 1986 verboten ist, sind die hiesigen Gewässer und auch der Mensch nach wie vor mit diesem Gift belastet. Denn noch immer liegen Hunderte Tonnen davon auf Deponien und Schrottplätzen. Über Wasser und Luft gelangen sie in die Umwelt und die Nahrungskette. Auch von Fischen. Die Folgen beim Menschen, die ein chronischer Konsum haben kann, sind indes noch sehr wenig erforscht. Es gebe noch kaum Studien, sagte die Umwelttoxikologin Margret Schlumpf in einem Bericht von Swissinfo.
Der Basler Altlastenexperte Martin Forter vermutet aufgrund einer neueren Studie, dass die schlechte Spermienqualität von Männern in Industriezentren mitunter auf chronische PCB-Aufnahme zurückzuführen sei. Er plädiert deshalb möglichst für eine Nulltoleranz. «Man müsste strengere und restriktivere Vorschriften zum Verzehr erlassen», fordert er gegenüber dem «Wochenblatt».

Übernutzte Gewässer
Chemische Altlasten sind aber längst nicht die einzige Sorge der Fischer. Am meisten macht ihnen der Mensch zu schaffen. «Es wurde viel zu nah an die Gewässer gebaut», sagt Hermann Koffel. Und Flüsse wie die Birs seien völlig übernutzt. Nicht nur haben die Fische kaum mehr Ruhe, auch der achtlos liegen gelassene Abfall verschmutzt ihren Lebensraum. Die Fischer räumen diesen in aufwendigen Putzaktionen wieder weg, wofür sie von den Gemeinden mit Rabatten auf die Pachten entschädigt werden. Diese kosten allein den Fischerverein Münchenstein-Reinach jährlich über zehntausend Franken. Mit Anlässen wie dem Fischessen auf der Holzbrücke bei der Grün 80 soll ein Teil dieser Kosten wieder gedeckt werden. Das nächste findet Ende August statt.

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