Mit kritischem Blick durch virtuelle Welten
Mit der Ausstellung «Ubermorgen, Johanna Müller und Giulia Essyad. Schweizer Medienkunst – Pax Art Awards 2023» zeigt das Haus der Elektronischen Künste (HEK) wieder herausragende und preisgekrönte Arbeiten. Vernissage ist morgen Freitag.
Elektronische Kunst ist trotz Omnipräsenz von Smartphone und Internet für viele Menschen etwas rätselhaft. Medienkunstwerke sind komplex, vielschichtig und nicht leicht zugänglich. Sie sind digital und analog zugleich: Einerseits gibt es sie wirklich, sind sie im realen Raum als Ausstellungsstücke zu betrachten. Andererseits existieren sie vollkommen virtuell oder erwachen erst in der Interaktion mit Menschen zu realem Leben. Aber auch bei elektronischer Kunst gilt: Sie liegt im Auge des Betrachters, und ab morgen Freitag gibt sich im Haus der Elektronischen Künste (HEK) wieder die Gelegenheit, die Werke von Medienkünstlerinnen und Medienkünstlern zu sehen, in diese Welt einzutauchen.
Wie jedes Jahr zeigt das HEK Werke aufstrebender und besonders innovativer Kunstschaffender, die im Vorjahr mit dem Pax Art Award ausgezeichnet worden sind. Seit 2018 wird der Preis von der in Basel ansässigen Art Foundation Pax verliehen, einer Stiftung zur Förderung der digitalen und bildenden Kunst. Die Hälfte des Preisgeldes wird jeweils für den Ankauf eines Werkes für die Sammlung der Art Foundation eingesetzt, die andere Hälfte unterstützt die Kunstschaffenden bei der Entwicklung eines neuen Werkes.
Aktivistisch und systemkritisch
Den mit 30000 Franken dotierten Hauptpreis hat das Künstlerduo Ubermorgen erhalten, das bereits seit den 1990er-Jahren Pionierarbeit im Bereich der Netzkunst leistet. «Ihre Arbeiten haben einen aktivistischen, system- und gesellschaftskritischen Charakter», sagt Kuratorin Marlene Wenger. Der in Basel aufgewachsene Luzius Bernhard und Maria aka Liz Haas reflektieren «über die Logik des Internets als Marktplatz und Vernetzungsmaschine». Unter anderem hatte Ubermorgen in der Vergangenheit eine Website aufgeschaltet, auf der US-Wählerinnen und -Wähler ihre Stimme für die Präsidentschaftswahlen versteigern konnten. In einer weiteren Aktion veröffentlichte das Duo eine Aufstellung von Rocksongs, die angeblich zur Folterung von Kriegsgefangenen verwendet worden seien. Für die neue Ausstellung zeigt Ubermorgen unter anderem die neue Arbeit «PMC Wagner Arts», deren Konzept mit der Erkenntnis spielt, dass die komplexen Probleme der Welt nicht alle auf einmal und einige momentan gar nicht lösbar sind.
Spielteppich und Gummipuppe
Weiter zu sehen sind Werke von Johanna Müller und Giulia Essyad, die je mit dem auf 15000 Franken dotierten Pax Art Award für junge aufstrebende Künstlerinnen und Künstler ausgezeichnet wurden. Müller bezeichnet sich selbst als «Flaneurin des Internets». Sie untersucht, wie Menschen sich im virtuellen Raum bewegen und verhalten. Im HEK ist unter anderem ihre Arbeit «Invalid Credentials» zu sehen: «Die Arbeit besteht aus einer Konversation mit einem Chatbot, die auf einen überdimensionalen Spielteppich gedruckt ist», verrät Wenger. Chatbots sind Computerprogramme, mit denen man mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) kommunizieren kann. Die Künstlerin zeigt, wie ein Mensch trotz KI-Assistent und Chatbot im virtuellen Raum orientierungslos bleibt. Giulia Essyad dagegen erforscht die Darstellung des menschlichen Körpers in den Medien, Video, Fotografie, Skulptur, Poesie und Performance: «Mit einer grossen Gummipuppe spielt sie mit der Darstellung des eigenen Körpers in den Medien und bricht mit konventionellen Schönheitsidealen», so Marlene Wenger.
Die Vernissage der Ausstellung findet morgen Freitag um 19 Uhr statt. Die Ausstellung ist bis am 10. März im HEK zu sehen. Jeweils an den Sonntagen um 15 Uhr finden geführte Rundgänge statt.