Gemeinde appelliert an die Vernunft der Eltern

Rund um die Primarschulhäuser mehren sich die Klagen über eine immer höhere Anzahl Elterntaxis. Der Schulweg auf dem Rücksitz ist nicht nur ungesund, er gefährdet auch andere Kinder.

Wartendes Mami-Taxi vor dem Löffelmatt-Schulhaus: Die einen Kinder gehen ein paar Minuten den Berg hoch, andere werden chauffiert.  Foto: Lukas Hausendorf
Wartendes Mami-Taxi vor dem Löffelmatt-Schulhaus: Die einen Kinder gehen ein paar Minuten den Berg hoch, andere werden chauffiert. Foto: Lukas Hausendorf

Lukas Hausendorf

Wenn die Schulglocke läutet, stehen sie schon – abfahrbereit. Auf dem Trottoir wartend oder in der nächsten Seitenstrasse versteckt. Die Autos von Eltern, die ihren Kindern den beschwerlichen Heimweg nicht zumuten wollen. Und die Gefahren, die auf ihm lauern, erst recht nicht. Fussgängerstreifen über viel befahrene Strassen und möglicherweise unaufmerksame Autofahrer, die von ihren Kindern auf dem Rücksitz abgelenkt werden. Auf diese Gefährdung reagieren in Münchenstein immer mehr Eltern, indem sie ihre Kinder auf dem Schulweg im Fond des eigenen Autos vor möglichem Unheil schützen. Das stösst nicht nur den Schulen sauer auf.

Auch in den Quartieren mehren sich die Klagen über den zunehmenden Verkehr. Die Gemeindepolizei hat bereits mit Präsenz und Gesprächen versucht, die Situation zu beruhigen. «Der Dialog hat nicht die Wirkung, die man sich erhofft», sagt Guido Siegrist, Leiter der Gemeindepolizei Münchenstein. Zumal man es den Eltern nicht verbieten kann, ausser sie stehen im Halteverbot. «Ich hole doch nur rasch mein Kind ab», bekommt Siegrist zu hören.

Das ist in den meisten Fällen aber nicht gerechtfertigt. Die Leitung der Primarschule hat nun reagiert und Anfang Mai einen Elternbrief verschickt, in dem sie an die Vernunft appelliert. Der Schulweg sei wichtiger Teil der Erlebniswelt für Kinder. «Hier lernen sie Freundinnen und Freunde kennen und pflegen und entwickeln damit die sozialen Kompetenzen.» Doch der Schulweg ist noch weit mehr als das. Er fördert die körperliche Fitness und sensibilisiert für die Gefahren des Strassenverkehrs und den richtigen Umgang damit. Auf dem Rücksitz bleibt dieses Entwicklungs-
potenzial auf der Strecke.

Mehr Elterntaxis wegen Elterntaxis
Was dazu geführt hat, dass Elterntaxis an den Münchensteiner Primarschulen deutlich zugenommen haben, ist nicht klar. Bekannt ist aber, dass der daraus resultierende Mehrverkehr tendenziell zu noch mehr Elterntaxis führt. «Dadurch steigt die Gefährdung der anderen Kinder und weiterer Passanten», wird im Elternbrief gewarnt. Das habe zur Folge, dass noch mehr Eltern ihre Kinder zur Schule fahren. Die oft beschworene Gefährdung kommt nicht von ungefähr. Gemeindepolizist Guido Siegrist hat mehrfach festgestellt, dass vor der Schule auf dem Trottoir wegen der Elterntaxis fast kein Durchkommen mehr war, sodass Kinder und Passanten auf die Strasse ausweichen mussten.

Problem ist ein Dauerbrenner
Elterntaxis sind längst nicht nur ein Münchensteiner Problem. Praktisch alle Gemeinden haben damit zu kämpfen. Mal weniger stark, mal mehr. «Momentan ist es gerade nicht so akut», sagt Primarschulleiterin Rosmarie Gügler in Arlesheim. Das war auch schon anders. Damals habe man an Elternabenden interveniert. «Das hat funktioniert», so Gügler. Aber aus der Welt ist das Problem nicht. Noch immer stehen praktisch täglich Autos im Halteverbot neben dem Domplatzschulhaus.

«Viele Eltern sehen die Unrechtmässigkeit nicht», sagt Gemeindepolizist Stefan Fiechter. Er büsst auch regelmässig jene, die sich übers Gesetz hinwegsetzen und Kinderabholen mit Güterumschlag verwechseln. Es scheint, als sei gegen die Elterntaxis kein Kraut gewachsen. Damit erweisen just jene überfürsorglichen Mamas und Papas ihren Kindern aber einen Bärendienst und jenen, die sie damit gefährden, ganz besonders.

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