Ein Debakel oder eine Chance für etwas Besseres?

Nach dem knappen Nein zum Quartierplan vanBaerle zeichnen Befürworter und Gegner ein diametral anderes Bild der Zukunft des Industrieareals.

VanBaerle-Areal: Am Ende waren es nur 10 Stimmen Differenz, die für das Nein zum Quartierplan sorgten. Foto: zVg/Archiv
VanBaerle-Areal: Am Ende waren es nur 10 Stimmen Differenz, die für das Nein zum Quartierplan sorgten. Foto: zVg/Archiv

Am Ende waren es bei einer Stimmbeteiligung von knapp 52 Prozent nur zehn Stimmen Unterschied. Münchenstein sagte am Sonntag mit 1908 zu 1898 Stimmen Nein zum Quartierplan vanBaerle. Die Überbauung auf dem 22000 Quadratmeter grossen Industrieareal zwischen Bahn- und Tramgleisen für über 400 Wohnungen und rund 1000 neue Bewohnerinnen und Bewohner wird nicht realisiert. «Von allem zu viel», resümierte Abstimmungssiegerin Isabelle Viva, die aus Verärgerung über den Vorstand aufgrund dessen Parolenfassung aus der Ortspartei der Grünen ausgetreten war. Stefan Haydn, Co-Präsident der SVP Münchenstein, bläst ins gleiche Horn. «Beim Quartierplan hat man es mit der Verdichtung schlichtweg übertrieben. Das wollte die Stimmbevölkerung nicht.»

Anders tönt es beim zuständigen Gemeinderat Daniel Altermatt (GLP). Der Quartierplan vanBaerle hätte von den ökologischen Gesichtspunkten her neue Massstäbe und weit über Münchenstein hinaus Standards gesetzt. Altermatt nimmt bei seiner Analyse kein Blatt vor den Mund. Die Folgen des Neins seien «gravierend» und für Münchenstein «ein Debakel». Es habe sich wieder einmal gezeigt, dass «im Moment alles abgelehnt wird, das Weiterentwicklung und Fortschritt bedeuten würde». Für Altermatt war der Quartierplan vanBaerle das «Filetstück» unter den Quartierplänen. Dessen Ablehnung habe für Münchenstein schlimme finanzielle Folgen. «Wir können so nicht wachsen und kommen vom strukturellen Defizit nicht weg.» Dass damit der mit den Investoren vereinbarte Infrastrukturbeitrag ausbleibt, verstärke die negativen finanziellen Folgen des Neins. «An der Gemeindeversammlung im März haben wir Millionen für die Sportanlagen und Spielplätze gesprochen. Es war klar, dass dafür auch der Infrastrukturbeitrag aus dem Quartierplan vanBaerle eingeplant war. Wir als Gemeinderat müssen jetzt schauen, in welchem Rahmen wir die Investitionen noch tätigen können.»

Aufwertung der Sportanlagenin Gefahr?

Daniel Altermatt glaubt im Gegensatz zu Isabelle Viva und Stefan Haydn nicht, dass die Investoren so schnell ein neues Projekt aufgleisen werden. «Und wenn, muss man wieder bei null anfangen. Es dauert mindestens acht Jahre, bis etwas Neues realisiert werden könnte.» Altermatt sieht eine Industriebrache und damit viele Probleme auf Münchenstein zukommen. Viva und Haydn sind im Gegensatz dazu überzeugt, dass die Investoren rund um die Halter AG rasch ein «neues, besseres» Projekt ausarbeiten werden. Zu wertvoll sei das Areal, um es brachliegen zu lassen.

Ärger über Partikularinteressen

Zu den Verlierern gehörte am Sonntag auch alt Gemeindepräsident Giorgio Lüthi (CVP), der sich als Co-Präsident im Ja-Komitee engagierte. Lüthi hadert mit der aktuellen Lokalpolitik in Münchenstein. «Es kommt immer öfter vor, auch an Gemeindeversammlungen, dass Leute nur ihre Partikularinteressen vertreten und sich sonst für nichts interessieren.» Der ehemalige Gemeindepräsident kann sich vorstellen, dass der Quartierplan vanBaerle der berühmte Tropfen zu viel war, der das Wachstumsfass zum Überlaufen gebracht hat. Die Botschaft, warum die Überbauung für Münchenstein positiv und wichtig gewesen wäre, sei zu wenig durchgedrungen, klagt ­Lüthi. Für Isabelle Viva ist klar, dass es unbedingt eine Quartierplanungskommission braucht, die dafür sorgt, dass Quartierpläne von Beginn weg in der Bevölkerung breiter abgestützt sind. Eine solche Kommission schlugen die Grünen an der letzten Gemeindeversammlung per Antrag vor. Ziel einer solchen Kommission sei es, die gesamte Bevölkerung frühzeitig in die Prozesse von Quartierplanungsverfahren miteinzubeziehen und sie laufend über den Stand der Planungen zu informieren. Auch soll die Bevölkerung Quartierpläne aktiver mitgestalten können.

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