Die erste Ludothek der Schweiz wird 50 Jahre alt

Die Ludothek Münchenstein feiert ihr Geburtsjahr. Vor 50 Jahren hat sie ihre Tore geöffnet – und damit schweizweit einen Funken gezündet.

Inmitten von 1000 Spielsachen: Yvonne Hänni (l.) und Jennifer Ensner haben die Auf- und Übersicht. Foto: Caspar Reimer
Inmitten von 1000 Spielsachen: Yvonne Hänni (l.) und Jennifer Ensner haben die Auf- und Übersicht. Foto: Caspar Reimer

«Die Zeit rinnt mir durch die Finger», sagt Meta Zweifel erstaunt lachend, während sie von der Zeit vor 50 Jahren erzählt, als sie in Münchenstein die erste Ludothek der Schweiz gegründet und damit für das ganze Land einen Funken gezündet hatte, denn im Gegensatz zu den USA, wo 1934 die erste Ludothek weltweit ihre Tore öffnete, kannte man ein solches Angebot hierzulande nicht. Den Anstoss in Münchenstein gab die damalige Einwohnerrätin und Radioredakteurin Heidi Roth, die während eines Aufenthaltes in Paris eine Ludothek entdeckt und Meta Zweifel davon berichtet hatte. «Die Idee, etwas Ähnliches in Münchenstein auf die Beine zu stellen, fand ich interessant», erzählt Zweifel, denn als Mutter erkannte sie darin auch einen pädagogischen Wert – die Lebenslektion darüber, etwas nicht zu besitzen, sondern zu teilen und es entsprechend sorgsam zu behandeln, leuchtete Zweifel ein. «Abgesehen davon waren gute Spiele in der damaligen Zeit relativ teuer», was sich auch im späteren Motto der Ludothek «Viel Spiel für wenig Geld» widerspiegelte.

Mit «Elan und wenig Kenntnissen» machte sich Zweifel an die Arbeit, und um ihr Vorhaben zu verwirklichen, stellte ihr das Kirchgemeindehaus einen Raum zur Verfügung. «Ich habe die ganze Schweiz nach Spielen abgesucht», erinnert sie sich. Ihre Idee sprach sich herum, Vertreter von Firmen und anderen Gemeinden pilgerten nach Münchenstein, um sich die Neuigkeit anzusehen: «Das war mir unangenehm, denn die Ludothek bestand damals nur gerade aus einigen Regalen und einem Schrank.»

Schweizer Fernsehen zu Besuch

Als sich der Bestand aber stetig vergrösserte, zügelte der Spielverleih an die Fichtenwaldstrasse, wo anlässlich des 20-jährigen Bestehens das Schweizer Fernsehen zu Besuch kam, um über das Münchensteiner Pionierprojekt zu berichten. Für Zweifel, die heute noch im Alter von 88 Jahren als Journalistin arbeitet, die Redaktionsleitung der «Senioren Gazette» innehat und am Felix Platter-Spital in Basel Veranstaltungen moderiert, war dann die Zeit gekommen, die Ludothek in andere Hände zu übergeben. «Etwas aufzubauen ist eine Sache, es dann über Jahrzehnte weiterzuführen, eine andere», sagt sie. Gerade in der heutigen Zeit, die von Zweisamkeit mit dem eigenen Smartphone geprägt ist, sei ein Spielnachmittag mit der Familie besonders wertvoll: «Das hat einen grossen sozialen Lerneffekt für die Kinder.»

Knapp 1000 Spiele

Heute leiten Jennifer Ensner und Yvonne Hänni die Ludothek, welche seit 2016 an der Loogstrasse 17 zu finden ist und einen Bestand von fast 1000 Spielen aufweist. Darunter finden sich traditionelle Brettspiele, anspruchsvolle Denksport-Spiele, Puzzles, Lernspiele oder auch grosse, themenspezifische Kisten mit Playmobil-Bausätzen, die, wie die beiden Leiterinnen der Ludothek verraten, besonders beliebt sind.

Hänni ist seit 1999, Ensner seit 2009 dabei, weshalb sie beide um die Trends am Spielhimmel Bescheid wissen: «Eine Weile waren elektronische Spiele im Fokus, doch jetzt zeigt sich wieder mehr eine Bewegung in Richtung der traditionellen Spiele», erzählt Ensner. Wer in einer Ludothek arbeite, sollte sich nicht nur mit Spielen auskennen, sondern auch wissen, welche Spiele in welcher Situation am besten geeignet sind. «Meist sind es Familien mit kleineren Kindern, die das Angebot der Ludothek nutzen, im Jugendalter nimmt das Interesse etwas ab», so Hänni. Auch Dreiräder oder andere kleine Fahrzeuge für Kinder können gemietet werden. Mit einem symbolischen Jahresbeitrag von 20 Franken ist Frau, Mann oder Kind dabei.

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