Das Erbe der Birs

Am vergangenen Montag fand eine Führung mit dem Titel «Brüglingen und die Birs» in den Merian-Gärten statt. Eine Spurensuche von der Eiszeit bis heute.

Lebendige Exkursion: Engagiert demonstrierte Claudia Di Feliciantonio, wie sich die Birs im Lauf der Zeit verändert.Foto: Axel Mannigel
Lebendige Exkursion: Engagiert demonstrierte Claudia Di Feliciantonio, wie sich die Birs im Lauf der Zeit verändert.Foto: Axel Mannigel

Eisig war es am Montagnachmittag keineswegs: Bei strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel hatten sich zehn Interessierte am Lehmhaus in den Merian Gärten eingefunden, um sich auf die Spuren der Birs zu machen. Denn wo sich heute die gepflegte Gartenanlage ­befindet, floss einst der Fluss und hat eine besondere Landschaft hinterlassen. Exkursionsleiterin Claudia Di Feliciantonio stellte mit ihren ersten Worten gleich klar, um was es ging: Natur und Mensch im Zusammenspiel. «Wir werden sehen, wie beide die Gegend, in der wir uns jetzt befinden, geprägt haben», so die stu­dierte Archäologin. Die Merian Gärten, 18 Hektar gross und mit den Bereichen Englischer Garten, Brüglinger Hof und Vorder Brüglingen, dienen als beliebtes Naherholungsgebiet. Angefangen hatte alles damit, dass Christoph Merian das Land 1824 zur Hochzeit bekam. Damit die Fläche jedoch das werden konnte, was sie heute ist, musste Merian vor allem eines oben vom Bruderholz holen: Erde. Die gab es nämlich unten am Fluss nicht mehr, er hatte sie in Tausenden von Jahren immer wieder fortgewaschen und Richtung Rhein weggespült.

Vom Gletscherbach zum Dalbedych

Lebendig und anschaulich erklärte Di Feliciantonio die Geschichte der Birs seit ihren Anfängen in der letzten Eiszeit vor etwa 10000 Jahren. Damals sei der Gletscherbach noch da geflossen, wo heute das Dreispitzareal ist. Mit der Zeit habe sich das Flüsschen einen anderen Weg gesucht und sei auf diese Weise durch die komplette Gartenanlage und den heutigen Sportbereich gewandert. Dabei, so Di Feliciantonio, habe es auch das freiwerdende Eis mitgenommen; mitunter muss die Birs deutlich gewaltiger gewesen sein, als in ihrem Beginn und heute. Der Mensch auf der Gegenseite war schon früh daran interessiert, diese Naturkraft für sich zu nutzen und nutzbar zu machen. So wurde etwa im Hochmittelalter der Dalbedych (St.-Alban-Teich) angelegt, der durch den Park im Grünen, die Merian Gärten und Basel fliesst. Er si­cherte sowohl Energie als auch die Papierproduktion und betrieb etliche Mühlen, etwa auch diejenige beim Mühlemuseum Brüglingen. Gleichzeitig nahm die Nutzbarmachung dem Fluss seine Gefahr und die Menschen mussten nicht mehr mit der Sorge leben, dass ihr Erschaffenes und Erbautes hinweggespült werden würde. Di Feliciantonio überzeugte ­einerseits mit ihrem Fachwissen, andererseits mit ihrem pointierten Erzählstil, der, ähnlich wie die Birs lange vor ihrer Begradigung, etliche Seitenarme zuliess.

Wilde Kraft

Vom Lehmhaus ging es am Mühlemu­seum vorbei hoch vor die Villa. Noch immer läuft die Erneuerung von Vorder Brüglingen (siehe Wochenblatt vom 11.3.2021) und Bagger brummten auf den Wegen. Noch weiter oben und von einem Rondell aus zeigte Di Feliciantonio auf das Gelände: «Die Birs schuf eine einzigartige Auenlandschaft, die für die Natur so wertvoll ist.»

Auenlandschaften sind Gebiete, in denen sich Feuchtigkeit und Trockenheit abwechseln und so besondere Lebensräume für Pflanzen, Insekten und Tiere darstellen. Der Mensch jedoch brauchte kontrollierte Natur und begradigte die Birs, legte sie sozusagen in Ketten. Erst 1997 begann das Umdenken und mit ihm die Renaturierung der Birs. Inzwischen ist auch der Biber wieder an der Birs heimisch. Di Feliciantonio leidenschaftlich: «Für unsere Siedlungspläne haben wir die Birs gezähmt, aber auch wenn sie für uns selbst eine Gefahr sein sollte, für die Natur ist die wilde Kraft sehr wichtig.» Andererseits, so die Exkursionsleiterin, gäbe es die Merian Gärten ohne den «gefährlichen Eingriff» im 19. Jahrhundert nicht und somit nicht «diesen wunderschönen Ort voller Ruhe im so dicht bebauten Basel».

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