Aus für das Münchensteiner «Jugi»?
Bis mindestens Ende Jahr bleibt das Jugendhaus geschlossen. Mehrere Mitarbeitende der Jugendarbeit haben zuvor gekündigt.
Das Jugendhaus an der Tramstrasse ist in Münchenstein eine Institution. Mehrere Generationen Jugendlicher haben im «Jugi» unvergessliche Stunden verbracht. Das Jugendhaus ist ein Treffpunkt, aber auch ein Ort, wo Jugendliche niederschwellig Unterstützung erhalten, wenn sie Kummer und Fragen haben.
Doch nun ist dieser für die Jugendarbeit in Münchenstein elementare Baustein geschlossen. An der Gemeindeversammlung vergangene Woche sorgte die unerwartete Schliessung für eine emotionale Debatte. Losgetreten hatte sie Michael Rentsch von den Grünen. Mit einem Fragenkatalog an den Gemeinderat brachte er das Thema aufs politische Parkett. Von der Schliessung wurden viele an der Versammlung überrascht.
Rentsch wollte vom Gemeinderat unter anderem wissen, weshalb das Jugendhaus geschlossen wurde und wie es mit dem Treffpunkt der Münchensteiner Jugend langfristig weitergehen soll. Gemäss Gemeinderat David Meier (FDP), Vorsteher des Departements Bildung / Kind, Jugend und Familie, ist die Jugendarbeit zurzeit eingestellt. Grund dafür waren mehrere Kündigungen. «Wir vom Gemeinderat und von der Verwaltung haben hohe Ansprüche an die Jugendarbeit», stellte Meier klar. Und er präzisierte auf Nachfrage: «Die Jugendarbeit entwickelte sich in den letzten Jahren immer mehr in Richtung Treffpunkt. Wir haben aber höhere Ansprüche.» Die Jugendarbeit soll breiter aufgestellt sein und qualitativ aufgewertet werden, findet der Gemeinderat. Die Ansprüche der Gemeinde seien bei Mitarbeitenden der Jugendarbeit nicht gut angekommen, erklärte Meier. Deshalb kam es zu Kündigungen. Ins Detail wollte der Gemeinderat nicht gehen.
Öffnet das Jugendhaus gar nie wieder?
Ohne Mitarbeitende könne das Jugendhaus nicht betrieben werden, machte Meier klar. Der FDP-Gemeinderat sprach von einer «temporären Schliessung» bis mindestens Ende Jahr. Ob das Jugendhaus überhaupt wieder öffnen wird, ist aber keinesfalls sicher. Bei Kontrollen seien auch Schäden gefunden worden, unter anderem durch Vandalismus, verriet Gemeinderat René Nusch (parteilos). Gemäss dem Vorsteher des Departements Hochbau/Immobilien sei eine Option, das Jugendhaus nach der nötigen Sanierung einem anderen Zweck innerhalb der Gemeinde zuzuführen und eine andere Lokalität für die Münchensteiner Jugend zu suchen.
Gemäss Nusch haben nur noch rund 20 Jugendliche regelmässig das Jugendhaus besucht. Diese Jugendlichen seien frühzeitig informiert und in den Jugendhäusern Arlesheim und Reinach unkompliziert aufgenommen worden, betonte Gemeinderat Meier.
Jugendliche müssen nach Arlesheim oder Reinach
Obwohl Meier versicherte, die Jugendarbeit in Münchenstein sei nicht gefährdet, folgten auf die Antworten des Gemeinderates kritische Fragen und Voten. Förmlich entsetzt über die Schliessung des Jugendhauses zeigte sich Arnold Amacher (Grüne). Er forderte vom Gemeinderat per sofort eine Anpassung der zuvor vorgestellten Legislaturziele. «Die Jugendlichen brauchen Orte, wo sie sich wohl fühlen können. Die Probleme werden nach Arlesheim und Reinach ausgelagert. Das ist inakzeptabel.» Amacher sprach von einem «wirklichen Desaster».
Florian Merz, ebenfalls von den Grünen, konnte der vom Gemeinderat positiv dargestellten Möglichkeit, dass die Jugendlichen nach Arlesheim und Reinach gehen können, nichts abgewinnen. «Jugendliche aus Münchenstein konnten seit jeher nach Arlesheim oder Reinach. Der Wohnort hat nie eine Rolle gespielt. Das Problem ist, dass das ganz viele gar nicht wollen.» Für die Jugendlichen sei ein Treffpunkt in der Gemeinde enorm wichtig. Die Botschaft aus der Versammlung war eindeutig: Münchenstein braucht eine Jugendarbeit und einen Treffpunkt für die Jugendlichen.
Auf Nachfrage des Wochenblatts äussert sich auch die Führung der SP Münchenstein. Für Co-Präsident Patrick Rickenbach ist klar, dass Kinder und Jugendliche in Münchenstein einen Ort haben sollen, der niederschwellig zugänglich ist, Geborgenheit bietet und bei Bedarf Unterstützung leistet. «Jugendarbeit muss aber weitergedacht werden – über den offenen Treff hinaus.»
Nachfrage hat abgenommen
Die Mitarbeitenden der Jugendarbeit sollten durch aufsuchende Jugendarbeit im öffentlichen Raum und an Schulen präsent sein und eng mit allen relevanten Akteuren vernetzt arbeiten, fordert Patrick Rickenbach. «Wichtig ist auch, dass die Angebote nicht nur von Erwachsenen gestaltet werden, sondern dass die Jugendlichen ihre eigenen Wünsche und Themen einbringen können und ernst genommen werden.»
Aufgrund der Brisanz des Themas ergriff auch Gemeindepräsidentin Jeanne Locher (SP) das Wort: «Uns ist bewusst, dass Jugendarbeit wichtig ist. Wir haben aber realisiert, dass die Jugendarbeit nicht den Anklang findet, den wir uns vorstellen.» Damit stehe Münchenstein nicht alleine da, so Locher. «Die Nachfrage nach gewissen Angeboten hat abgenommen, das Freizeitverhalten und die Kommunikationswege der Jugendlichen haben sich geändert. Wir möchten, dass die Angebote für die Jugendlichen auch bei den Jugendlichen ankommen.» Die Botschaft von Locher zum Schluss: «Uns ist Jugendarbeit wichtig.»