Mit Totholz zu vielfältigem Leben

Im Spechtgarten von Rosmarie Champion ist in 30 Jahren ein üppiger Lebensraum für Tiere und Pflanzen geworden. Totholz ist dabei ein wichtiges Element.

Viel Arbeit und Herzblut: Rosmarie Champion pflegt ihren Garten täglich. Fotos: Fabia Maieroni

Viel Arbeit und Herzblut: Rosmarie Champion pflegt ihren Garten täglich. Fotos: Fabia Maieroni

Lebensraum für Libellen, Frösche und Molche: Auch im Teich schwimmt Totholz – dieses verrottet im Wasser weniger schnell als an Land.

Lebensraum für Libellen, Frösche und Molche: Auch im Teich schwimmt Totholz – dieses verrottet im Wasser weniger schnell als an Land.

Verwandlung über Jahrzehnte: Das Bauernhaus mit Garten hat Rosmarie Champion in den 80er-Jahren gekauft.

Verwandlung über Jahrzehnte: Das Bauernhaus mit Garten hat Rosmarie Champion in den 80er-Jahren gekauft.

Es ist perfektes Wetter für einen Gartenbesuch an diesem Sonntag – es ist warm, die Sonne scheint, der Boden ist nach dem Regen etwas abgetrocknet und die letzten Tropfen auf Blatt und Blüte sind verdampft. Es ist Tag der offenen Gärten in der Schweiz – eine willkommene Gelegenheit, sich bei Nachbarinnen und Nachbarn Inspiration zu holen, Neues zu lernen oder aber um Neugierde zu stillen. Auch Rosmarie Champion hat heute ihre Tore geöffnet.

Ein schmaler Weg bahnt zum Sitzplatz vor dem Bauernhaus. Üppige Blütenpracht umrahmt ihn. Pfingstrosen strecken ihre prächtigen Blüten gen Himmel, Rosensträucher ranken sich um Holzgestelle. Bienen tummeln sich auf den unzähligen Blüten am Wegrand. Zwei Schmetterlinge tanzen über das hohe Gras. Bilderbuchidylle.

Auf einer Fläche von über 6000 Quadratmeter erstreckt sich das grüne Paradies. Blumenbeete stehen neben romantisch überwachsenen Baumresten, hohes Gras und wilde Farbenpracht wechseln sich ab.

Ihre Lektüre: 200 Gartenbücher

Rosmarie Champion ist gerade in einem angeregten Gespräch vertieft. Viele Interessierte sind heute nach Hochwald gekommen, um ihren Spechtgarten zu erleben. Auch für das Wochenblatt nimmt sie sich heute Zeit.

Wir spazieren unter grossen Baumkronen durch den Garten. «Ich wusste immer, dass ich ein Bauernhaus mit Umschwung wollte», erzählt Champion. «Mit jungen 25 Jahren kam ich zu dieser Chance. Damals, in den 80er-Jahren, waren solche Häuser nicht sehr gesucht. Das Gebäude war alt und heruntergekommen, der Garten kleiner und eintöniger.» Seither ist viel geschehen.

Den Grundstein für die Gartenvielfalt legte Rosmarie Champions Bruder Rudolf vor 25 Jahren, als er ihr ein ganz spezielles Stück Totholz brachte. Seither hat der Forstwart ihr viele weitere abgestorbene Baumreste gebracht, die in Hochwald ein zweites Leben erhalten. Der «Spechtgarten» war geboren.

Das charakteristische Totholz, das an jeder Ecke im Garten zu finden ist, dient als Kletterhilfe für Rosen, als natürliche Blumentöpfe, als Einfassung für Hochbeete oder als Naturskulptur. Vor allem aber bietet das abgestorbene Holz einen Lebensraum für Insekten, Vögel und andere Tiere. Biodiversität liegt Champion sehr am Herzen. Die Finanzfachfrau hat sich über die Jahrzehnte ein immenses Wissen angeeignet. Hunderte Pflanzenarten und -sorten wachsen in ihrem Garten. Den Überblick hat sie nie verloren: Champion weiss, was bei ihr wächst, und kennt fast jede Pflanze in ihrem Garten mit deutschem sowie mit lateinischem Namen. Rund 200 Gartenbücher nennt sie ihr Eigen – und sie liest regelmässig darin.

Schädlinge dank Nützlingen in Schach halten

Wie wertvoll Totholz für einen Garten sein kann, entdeckte Champion in einer Broschüre von BirdLife Schweiz. Diese habe den Anstoss gegeben, das Projekt des Totholzgartens umzusetzen. «Kein Garten ist zu klein für das Aufschichten eines Asthaufens», sagt Champion.

Totholz hat denn auch einen direkten Nutzen: «Dort fühlt sich zum Beispiel der Laufkäfer wohl, der Schneckeneier vertilgt», erzählt Champion.

Das Gras, das zwischen den Beeten und Totholzecken wächst, lässt Champion an vielen Stellen bewusst stehen. So finden Insekten Unterschlupf; dadurch können Nützlinge Schädlinge in Schach halten.

Im Teich finden überdies Kröten, Frösche und Molche einen Lebensraum. Vögel können an heissen Sommertagen innehalten und trinken. Auch hier findet sich Totholz. Dieses verrotte im Wasser weniger schnell als an Land, weiss Champion. Die Hobbygärtnerin investiert viel Zeit und Herzblut in den Garten. Auch Stecklinge zieht sie selbst. Etwa drei Viertel all ihrer Rosen im Garten hat sie selbst gezogen. Dennoch: «Meine Rosen mag ich nicht eine ganze Saison lang in der Blüte anschauen, das würde mir fast zu viel. Der Geschmack ändert sich immer wieder. Momentan ist meine Lieblingsfarbe gerade Purpurrot. Aber wenn man etwas zur Genüge sieht, braucht man irgendwann wieder einen Wechsel», sagt die Hobbygärtnerin mit einem Schmunzeln.

Abwechslung – davon gibt es in dem leicht hügeligen Gelände des Gartens genug. Die Blütenpracht ist vielfältig – besonders in diesem Jahr. Was für die Landwirtschaft zum Problem werden kann, ist im Hobler Garten ein grosser Vorteil: Das wechselhafte Wetter und der viele Regen im Frühling hat den Garten üppig wachsen lassen. «So wie in diesem Jahr war es schon länger nicht mehr», konstatiert Champion.

Ein Paradies für allerlei Getier

Rosmarie Champion zeigt, wie es sich im Einklang mit der Natur leben lässt. «Wir haben bewusst wilde Ecken geschaffen, an denen ich nie vorbeikomme. Wir hatten auch schon ein Hornissennest am Haus – wir kamen problemlos an den Tieren vorbei.»

Ihr Garten ist ein Paradies für allerlei Getier. Ringelnattern, Frösche und Molche fühlen sich hier ebenso wohl wie Igel, Reh und Fuchs. Aber auch Waldohreule, Gartenrotschwanz, Fledermaus sowie Grün- und Buntspecht finden im Garten einen Lebensraum. Letztere sind die Namensgeber von Champions Garten. «Wir haben sehr viele Spechte, deshalb haben wir unseren Garten nach ihnen benannt», erklärt Champion.

Ob sie nie genug hat vom Pflegen, Jäten und Sähen, will ich wissen. «Doch!», sagt Rosmarie Champion wie aus der Pistole geschossen. «Aber auch das braucht es, sonst würde man nur noch mehr übertreiben», sagt sie mit einem Lächeln.

Tipp: «Hinter den Hecken», Folge 5 vom 7. April 2024. Verfügbar auf Play SRF

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