Kleine Erfolgsgeschichten und eine Gemeinschaft für Geflüchtete
Der Verein Esperanza hilft Geflüchteten in der Region. So haben die Helfenden eine Gemeinschaft aufgebaut.
Im Foyer des Neuen Theaters in Dornach sitzt Maggie Daems am Dienstagnachmittag an einem der vier aufgestellten Tische und unterhält sich mit zwei jungen Männern. Ein dritter Mann hilft den beiden Afghanen bei der Übersetzung ihrer Unterhaltung per Videocall. Konzentriert übersetzen sie geduldig ihre Antworten auf die vielen Fragen, die Daems ihnen stellt: «Seid ihr verheiratet? In welcher Gemeinde wohnt ihr?»
Die beiden sind vor einem Jahr aus Afghanistan in die Schweiz gekommen. Seither haben sie einen A1-Deutschkurs besucht – und sich kürzlich entschieden, sich bei verschiedenen Arbeitgebenden als Putzkräfte zu bewerben. Das Verfassen der Bewerbungsunterlagen ist nicht einfach. Hier kommt Daems ins Spiel. Oder besser gesagt: der Verein, den sie vor Jahren mitgegründet hat. «Esperanza» wurde 2016 von einer kleinen Gruppe gegründet, die Geflüchtete in der Region unterstützen wollte.
Von einem gemeinsamen Ziel
Die kleine Gruppe hat Deutschkurse durchgeführt, Jugendlichen bei der Prüfungsvorbereitung geholfen und die Anwesenden bei administrativen Aufgaben unterstützt. «In den ersten Jahren war die Nachfrage bereits so hoch, dass die Helfenden sogar etwas überfordert waren», so Vorstandsmitglied Lukas Oppler. Das Ziel des Vereins ist gleich geblieben, die Mitgliederzahl aber gewachsen. Etwa 20 Helferinnen und Helfer zählt der Verein inzwischen. Auch das Programm wurde ausgeweitet: Neu findet wöchentlich ein Treffen statt, bei dem Deutschkurse, Bewerbungshilfe, Coaching und Nachhilfe angeboten werden. Zielpublikum sind Menschen, die gerade frisch in die Schweiz gekommen sind und Unterstützung benötigen – unabhängig davon, ob sie sich in einem Asylprozess befinden oder nicht. Finanziert wird der Verein von Mitgliedsbeiträgen und Spenden.
Eines der wichtigsten Hilfsangebote des Vereins ist der Deutschkurs. Dieser findet dienstagabends am wöchentlichen Treffen statt, wird aber auch an zwei weiteren Wochentagen intensiviert. An diesem Dienstagabend werden die Anwesenden gerade von drei Helferinnen und Helfern betreut. Einer davon ist Artur Mikoyan. Vor nicht allzu langer Zeit sass er noch als Schüler am anderen Ende des Tisches. Mikoyan ist 2017 aus Armenien in die Schweiz gezogen. Als er nach Dornach kam, lernte er unter anderem auch im Verein Esperanza Deutsch.
Neben der Sprachhilfe leistet der Verein viel Unterstützung im administrativen Bereich. Helfer Martin Moser arbeitet am Dienstag zusammen mit einem jungen Mann an einem Flyer, welcher dem Geflüchteten dabei helfen soll, eine Unterkunft bei einer Pflegefamilie oder bei einer Person mit einem leer stehenden Zimmer zu finden. Moser unterschreibt den Flyer auch mit seinen eigenen Kontaktdaten und erhöht somit die Erfolgschancen der Geflüchteten.
Die Lage verschlechtert sich weiter
«Inzwischen klappt es auch nicht, wenn ich anrufe», so Moser. «Die Beiträge der Gemeinde sind sehr tief», fügt er an. Darüber hinaus: Im Kanton Baselland müssen unbegleitete Minderjährige neuerdings nach ihrem 18. Lebensjahr komplett selbstständig leben. Sprich: Sie müssen Pflegefamilien oder bestehende Wohngruppen verlassen. Das erschwere den Prozess, weshalb der Verein zunehmend Unterstützung in diesem Sektor anbiete.
Die Helfenden arbeiten eng mit den Geflüchteten zusammen, oftmals über eine lange Periode. In diesem Raum besprechen sie schwierige Themen: Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot, Aussichtslosigkeit. Doch von dieser Schwere lässt sich an diesem Dienstagabend kaum etwas spüren. Die Stimmung wirkt unbeschwert. Helfende bemühen sich um jedes neu gelernte Wort, Mitwirkende feiern grosse, aber auch kleine Erfolge und die Gemeinschaft begrüsst alle mit einer ehrlichen Freude, sie wiederzusehen. Helfer Loris Scandella sagt: «Die kleinen Erfolgsgeschichten, die aus dieser Arbeit entstehen, zeigen uns, warum sich unsere Arbeit lohnt.»
Seine Aussage bestätigt sich nur wenige Minuten später, als ein weiterer junger Mann strahlend auf seine neue Mütze mit Mercedes-Logo zeigt und reichlich Handschläge und Glückwünsche für sein neu ergattertes Einstiegspraktikum beim Autohersteller erntet. Am Dienstagabend herrscht ausserdem grosse Vorfreude: Der Verein feiert nämlich am 31. August ein grosses Sommerfest. Eingeladen sind alle, die Lust haben, die Gemeinschaft von «Esperanza» kennenzulernen. «Wir sind wirklich riesig dankbar für die Unterstützung, die wir kriegen», sagt Daems. Sei es die Gratisnutzung der Räumlichkeiten des Neuen Theaters oder die Geduld der Unternehmen, welche sich darum bemühen, Geflüchtete in eine Beschäftigung zu bringen. Oppler fügt hinzu: «Wir machen in dieser wöchentlichen Stunde alles, was nur möglich ist. Aber die, die jeden Tag dran sind, machen den grössten Unterschied.»
Esperanza-Sommerfest: 31. August, 12 bis 20 Uhr, Treff 12. Mit Konzert,Kunstausstellung, Kunsthandwerkermarkt und Kinderspielecke. Infos unter: schule-esperanza.ch/sommerfest