Fehler im Fall Schlatter

Der ehemalige Gemeindepräsident Christian Schlatter liess sich zu viel Ferienguthaben ausbezahlen. Bei der Rückforderung kam es seitens ­Gemeinde zu einem Verfahrensfehler.

René Umher, Präsident der SVP Dornach, versucht seit längerer Zeit in Erfahrung zu bringen, ob sich der frühere Gemeindepräsident Christian Schlatter zu Unrecht Überstunden ausbezahlen liess und was der Gemeinderat dagegen unternommen habe. Gemeindepräsident Daniel Urech (Grüne/FWD) bestätigte an der letzten Gemeindeversammlung und auf Anfrage, dass der Gemeinderat von Schlatter eine Rückzahlung einforderte, und zwar gestützt auf die «ungerechtfertigte Bereicherung» OR 66ff. Es handle sich um Ferienguthaben. Über die Details schwieg sich Urech damals aus. Der Gemeinderat hatte den Fall Schlatter im Verlauf des Jahres 2022 jeweils im nicht öffentlichen Teil seiner Sitzungen behandelt.

Umher liess nicht locker und reichte, gestützt auf das Öffentlichkeitsprinzip des Kantons Solothurn, ein Gesuch ein, mit welchem er Zugang zu den Informationen verlangte. Und in der Tat lüftet die Exekutive nun das Geheimnis. Aus einem mehrseitigen Antwortschreiben geht hervor, dass Schlatter die Lohnbuchhaltung angewiesen hatte, im Juni, Juli und August 2021 insgesamt 30120.25 Franken auf sein Konto auszubezahlen – visiert vom damaligen Finanzverwalter ad interim. Es handle sich um nicht bezogene Ferienguthaben. Der Gemeinderat liess dies Anfang 2022 durch die Gemeindeschreiberin prüfen und kam zum Schluss, ­19040.75 Franken zurückzufordern. Die Differenz von 11079.50 Franken erachtete der Gemeinderat als zu Recht ausbezahlt. Der Gemeinderat entschied im Sommer 2022, die Rückzahlung über den Weg einer Verfügung einzufordern. Schlatter erhob gegen diese Verfügung beim kantonalen Volkswirtschaftsdepartement Beschwerde – woraufhin der Gemeinderat von Solothurn darauf aufmerksam gemacht wurde, ­einen Verfahrensfehler begangen zu haben. Der Rat hätte mittels Klage den Gerichtsweg einschlagen müssen. «Es kann juristisch als Fehler angesehen werden, der vom Gemeindepräsidenten und der Gemeindeschreiberin zu verantworten ist», heisst es in den Unterlagen des Gemeinderates. Letztlich sei es aber gelungen, einen kostspieligen Prozess vor Gericht zu vermeiden und mit Schlatter einen Vergleich abzuschliessen. Denn im Verlauf des Verfahrens habe Schlatter anerkannt, der Gemeinde 15351.78 Franken zu schulden, hielt Urech fest.

Der Vergleich beinhaltete auch, dass die Gemeinde für Schlatters Anwaltskosten von 2174.75 Franken aufkomme. Nebst dem Risiko wäre ein Prozess mit viel Aufwand für die Verwaltung verbunden gewesen. «Daher könne nicht davon ausgegangen werden, dass mit dem Abschluss eines Vergleichs ein finanzieller Nachteil für die Gemeinde entstanden ist», so der Gemeindepräsident. Sämtliche Beschlüsse in dieser Sache seien einstimmig gefällt worden und Schlatter habe die Schulden beglichen, heisst es weiter.

600000 Franken fürs Gigersloch

Zu reden gab an der Sitzung ein ganz anderes Thema. Der für den Freizeitbereich zuständige Gemeinderat Kevin Vögtli (SP) hatte letzten Herbst für die Sanierung und Aufwertung des roten Platzes im Gigersloch vorgeschlagen, 200000 Franken in die Investitionsrechnung 2023 aufzunehmen. Nun stellt sich heraus, dass sich Vögtli bloss auf eine Empfehlung des Bauchefs Urs Kilcher (FDP) verlassen hatte und man nach Abklärungen durch Fachpersonen von einem Betrag von über 600000 Franken ausgehen muss. Statthalter Daniel Müller (FDP) erachtete das Vorgehen als unseriös und vermisste an der Sitzung die zuständige Landschaftsarchitektin als Auskunftsperson. Sein Rückweisungsantrag war jedoch chancenlos. Annabelle Lutgen (FDP) schlug vor, das Thema auf eine der nächsten Sitzungen zu verschieben und sich von der Fachperson die Kostenaufstellung im Detail erklären zu lassen. Doch auch dieser Antrag wurde abgelehnt. Die Ratsmehrheit gab Vögtli grünes Licht, so dass das Projekt im Juni vor die Gemeindeversammlung kommt.

Uneinig war sich der Gemeinderat auch bei einem anderen Thema: Die Personalverantwortliche, Gemeindeschreiberin Sarah-Maria Kaisser, schlug vor, «als Notnagel-Lösung» für diese Saison Kevin Vögtli die Personalverantwortung für das Freibad Glungge anzuvertrauen und ihn dafür mit 1000 Franken pro Monat zu entschädigen. Dies, weil der zuständigen Bauverwaltung im Moment die Ressourcen fehlten und man für diese Aufgabe an sieben Tagen erreichbar sein müsse. Müller und Lutgen brachten zum Ausdruck, dass eine derartige Vermischung vom Operativen mit dem Strategischen unter keinen Umständen vertretbar sei. Dies öffne Tür und Tor zur Mauschelei, gab Lutgen zu bedenken. Sie und Müller wurden aber überstimmt, und Urech gratulierte Vögtli zu seiner neuen Zusatz-Funktion als Badi-Chef.

Annabelle Lutgen tritt zurück

Zu den Überraschungen gehörte an der Sitzung vom Montag auch ein Demissions­schreiben. Unter Verschiedenem kündigte Finanzchefin Annabelle Lutgen (FDP) für Sommer 2023 ihren Rücktritt an. Sie bedauerte ihren Entscheid – verwies aber darauf, sie möchte ihrer beruflichen Situation und der Familie gerecht werden.

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