«Birdwatching» auf dem Gempen
Die beiden Natur- und Vogelschutzvereine Dornach und Arlesheim trafen sich am Sonntag zum «Birdwatching»: Dabei wurden Zugvögel beobachtet, gezählt und dokumentiert.
Der frühe Vogel fängt den Wurm: Das nahmen sich auch die Mitglieder der Natur- und Vogelschutzvereine aus Dornach und Arlesheim zu Herzen, als sie sich am Sonntagmorgen bei kalten Temperaturen auf dem Gempen verabredeten. Etwas mehr als ein Dutzend Ornithologinnen und Ornithologen stehen bereits kurz vor 8 Uhr mit Feldstecher, Fernrohr, Kamera und wärmenden Getränken am Feldweg bereit.
Angelika Christofori vom Vorstand des Dornacher Natur- und Vogelschutzvereins erklärt das Vorhaben: «Wir dokumentieren die vorbeiziehenden Vogelarten und senden die Listen anschliessend zur Auswertung an BirdLife. Dafür sind auch viele andere Vereine in der ganzen Schweiz unterwegs, damit sich daraus ein möglichst gutes Bewegungsbild der Zugvögel ergibt.» Sie zeigt das Vogelprotokoll vom vergangenen Jahr, auf dem beispielsweise Ringeltauben in Schwärmen von bis zu 300 Exemplaren verzeichnet werden konnten. Beim Studieren der Liste, die alphabetisch mit dem Buchfink beginnt und mit dem Steinschmätzer aufhört, springt einem eine Sonderkategorie ins Auge: Unter «UVO» werden nämlich «unidentifizierte Vogelobjekte» gezählt, die aufgrund ihrer Entfernung oder ihrer Grösse auf die Schnelle keiner Art zugeordnet werden können. Die Liste enthält aber auch viele Vogelarten, die Laien nicht als typische Zugvögel kennen. Brigitte Honegger, Präsidentin des Arlesheimer Naturschutzvereins, erklärt: «Unter Zugvögeln versteht man nicht nur Vögel, die jeden Winter über 10000 Kilometer nach Afrika ziehen. Es gibt auch kleinere Vogelarten, die von Norden her zu uns kommen, um hier zu überwintern. So sind unsere grossen Seen ein beliebtes Winterquartier für nordische Enten.»
«Eine schöne Tradition geworden»
Neben den sogenannten obligaten Zugvögeln wie der Rauchschwalbe gibt es auch die «Teilzieher». Dazu gehört beispielsweise der Buchfink, bei dem nur das Weibchen am winterlichen Vogelzug teilnimmt, wohingegen das Männchen im Brutgebiet bleibt. Während die anderen Vogelbeobachterinnen und -beobachter bei einer neuen Sichtung zum umgehängten Feldstecher greifen, versucht sich Gerhard Christofori hin und wieder auch hinter der unter einer tarnfarbenen Blache aufgestellten Kamera. Er ist Mitglied des Dornacher Vereins und sagt über den jährlichen Vogelzugtag: «Es ist eine schöne Tradition geworden, dass wir diesen Anlass seit Jahren zusammen durchführen.» Man kenne und schätze sich untereinander. Symbolisch dafür steht die geplante Wiederaufnahme eines ornithologischen Grundkurses, den die beiden Vereine gemeinsam anbieten möchten.
Auch wenn die grossen Schwärme in den Stunden nach Sonnenaufgang noch auf sich warten lassen, lohnt sich ein Blick hinter die Kulissen der Vogelfaszination. Michael Frey ist seit vielen Jahren im Arlesheimer Naturschutzverein engagiert und erklärt: «Wenn plötzlich ein Schwarm mit mehreren hundert Vögeln über einen hinwegrauscht, ist das schon etwas Spezielles. Ausserdem finde ich es interessant, zu sehen, was es bei uns in der Natur gleich vor der Haustür alles zu entdecken gibt.»
Ob es an diesem Sonntagmorgen noch solche Riesenschwärme zu sehen gibt, ist zu diesem Zeitpunkt offen.
Doch genau das macht für Honegger den Reiz aus: «Es kann sein, dass den ganzen Morgen über fast nichts vorbeifliegt, und dann, fünf Minuten nachdem wir alles zusammengepackt haben, zieht plötzlich ein Schwarm nach dem anderen vorbei. Diese Geduld und Ungewissheit finde ich spannend.»
Vom Rotmilan bis zum Schmetterling
Klarheit herrscht dann später am Abend: Unter den 721 Vögeln, die insgesamt gezählt worden sind, haben Buchfinken mit 310 Exemplaren klar die Liste angeführt, gefolgt von 36 Distelfinken, 35 Ringeltauben und 31 eher selteneren Kernbeissern. Ein Highlight war die Sichtung einer geschlossenen Gruppe von 10 Rotmilanen. Insgesamt beobachtete man 35 verschiedene Vogelarten und 111 «UVOs». Gerhard Christofori resümiert: «Bemerkenswert waren auch die vielen Admirale, die wir vorbeiziehen sahen – das sind Schmetterlinge, die für den Winter die Alpen überqueren. Es lohnt sich aber, auch weiterhin in den Himmel zu schauen, denn die grossen Schwärme an Ringeltauben scheinen dieses Jahr verspätet unterwegs zu sein.»