Ein Rücktritt, der offenbar doch keiner war

Der Dornacher Gemeinderat entschied, den Rücktritt des Gemeindepräsidenten abzulehnen. Damit wurde ein Rechtsstreit vermieden.

Gemeindepräsident Christian Schlatter hatte zu Beginn der Gemeinderatssitzung vom 11. Januar überraschend einen Teilrücktritt angekündigt und teilte dies den Medien mit. Einige Ratskollegen zeigten sich vor den Kopf gestossen. Zum einen über den Zeitpunkt, zum andern über die Art und Weise. Schlatter schlug vor, dass Statthalter Daniel Müller die politische Verantwortung übernehmen könnte. Für die Verwaltungsleitung hingegen sei weiterhin er zuständig, meinte Schlatter, der noch bis Ende Juli als vollamtlicher Gemeindepräsident gewählt ist. Müller gab zu verstehen, die Botschaft komme für ihn aus heiterem Himmel.

Die Dornacher Gemeindeordnung sieht keinen Teilrücktritt vor. Das Amt für Gemeinden in Solothurn schloss das Vor­gehen jedoch nicht aus. Die passende ­Regelung zu finden, falle in die Kompetenz des Gesamtgemeinderates, hiess es. Allerdings stehen sich sehr unterschiedliche Gehälter gegenüber. Der Statthalter hat eine Jahresentschädigung von 2000 Franken, der Gemeindepräsident einen Lohn von 160000 Franken.

Schlatter hatte die Öffentlichkeit an der Sitzung vom 11. Januar wissen lassen, dass sein Vorgehen dem Gemeinwohl nutze. Mit dem Urnenentscheid vom 10. Januar, der einen Wechsel vom Präsidial- zum Ressortsystem brachte, habe er sein Wahlversprechen eingelöst – er mache nun den Weg frei für die Nachfolgelösung. Schlatters Parteikollege Daniel Urech (FWD) hatte sich an derselben Ratssitzung überrascht gezeigt ob Schlatters Vorgehen. Er wies darauf hin, dass der Gemeinderat nun so rasch wie möglich Klarheit schaffen sollte.

Keine Demission ausgesprochen

Doch der Gemeinderat fand sich im Nachgang nicht für eine ausserordentliche Sitzung und den Termin für die ordentliche Sitzung liess Schlatter mangels spruchreifer Traktanden absagen. «Dagegen gab es Widerstand», bestätigt Daniel Müller auf Anfrage. «Sechs Gemeinderäte beauftragten den Gemeindeschreiber, für den 25. Januar in einem Raum eine nicht öffentliche Sitzung vorzubereiten.» Diese fand dann als Videokonferenz statt. Einleitend seien die Ratsmitglieder von Christian Schlatter darüber aufgeklärt worden, dass er nie von einer Demission gesprochen habe. «Daraus entstand im Rat eine Debatte über die Auslegung der Worte, also ob es sich um einen Rücktritt handle oder nicht.» Christian Schlatter habe sich insgesamt auf den Standpunkt gestellt, dass bei den einen wohl der Wunsch Herr der Gedanken gewesen sei. «Er betonte, es habe sich lediglich um das Angebot gehandelt, die politische Verantwortung abzugeben», führt Müller aus und ergänzt: «Man darf darüber rätseln, was der Gemeindepräsident mit dem medialen Wirbel um seinen Rücktritt bewirken wollte. Wäre die ganze Geschichte nicht zum Schaden der Gemeinde, könnte man ja vielleicht darüber lachen.»

Gemeinderat lehnt Rücktritt ab

Daniel Urech als Jurist hatte offenbar den Ratsmitgliedern Erläuterungen zu einem Rücktritt unter besonderen Umständen zukommen lassen. Die Erläuterungen beinhalteten auch die Option einer Freistellung. Schlatter wies aber offenbar darauf hin, dass damit ein Rechtsstreit provoziert würde. Urech wollte auf Anfrage dieser Zeitung seine Überlegungen nicht öffentlich ausführen. Der Gemeinderat kam letztlich zum Schluss, dass er «den vom Gemeindepräsidenten am 11. Januar 2021 zu Protokoll gegebenen Rücktritt ablehnt», hält Müller fest. Der von Schlatter vorgesehene Teilrücktritt sei nicht praktikabel und würde letztlich zu Unruhe und organisatorischen Unklarheiten führen, laute die Begründung. Es sei viel Geschirr zerschlagen worden, ärgert sich Müller. «Diesen Scherbenhaufen sollte Christian Schlatter aufwischen.»

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