Crème de la Crème der Dragster-Szene in Dornach

Die Grössen der Dragster-Szene samt Boliden tummelten sich letztes Wochenende bei der Renn- fahrerfamilie Erbacher. Jndia Erbacher verriet dabei einiges über ihr neues Tattoo und einen lang gehegten Traum, der nun konkrete Formen annimmt.

Teamgeist: Jndia Erbacher (vorne im Bild): «Meine Leidenschaft ist all das, was mit dem Rennplatz zusammenhängt. Wir sind eine Familie, wir halten zusammen wie Pech und Schwefel.» Foto: Milos Mihajlovic
Teamgeist: Jndia Erbacher (vorne im Bild): «Meine Leidenschaft ist all das, was mit dem Rennplatz zusammenhängt. Wir sind eine Familie, wir halten zusammen wie Pech und Schwefel.» Foto: Milos Mihajlovic

Auf dem Gelände der ehemaligen Swissmetal riecht es nach verbranntem Nitromethan und Kalbsbratwürsten. Getränke fliessen in Strömen. Auf dem Platz stehen zwischen mehreren Festzelten gepimpte Harleys und fette «Dragster», die um die Wette dröhnen und fauchen. Aus dem Nebel tritt eine grosse junge Frau hervor. «Jndia?», rufe ich. «Ja. Sorry, ein Moment, komme gleich», sagt die Tochter der Rennfahrerlegende Urs Erbacher. Sie hat die Fäden fest in der Hand. Jndia hier, Jndia dort. Sie geht kreuz und quer über den Platz, redet mit den Leuten, muss das und jenes organisieren. Sie bittet um Geduld fürs Interview. Dann endlich. Wir setzen uns. Ein schattiges Plätzchen. Der Grund: Jndia hat sich frisch ein weiteres Tattoo stechen lassen und muss deshalb im Schatten bleiben. «Das Tattoo zeigt meinen Vater mit Rennhelm. Unten ein Mädchen, das zu ihm hinaufschaut. Das bin ich», lächelt Erbacher.

Heute ist zweifelsohne ein aufregender Tag an einem ungewohnten Ort. Auf ­einem kleinen Platz hat sich die Crème de la Crème der Schweizer Rennszene versammelt. Die Hauptattraktion sind die Fahrzeuge: PS-Zahlen im mindestens vierstelligen Bereich. Erbachers «Auto», wie es alle in ihrer Familie liebevoll nennen, hat sogar rund 10800 Pferdestärken. Mit dabei sind Grössen wie Marcus Hilt mit seiner 63er-Corvette, oder Markus Ochsner mit rotem Dodge-Ram-Pick-up, Urs Embacher mitsamt Funny-Car Hawaiian und auch Exoten wie zum Beispiel ein Traktor-Dragster vom Tractorpulling mit V8-Motor.

Wie Pech und Schwefel

«Meine Leidenschaft ist das alles, was mit dem Rennplatz zusammenhängt. Wir sind eine Familie, wir halten zusammen wie Pech und Schwefel, ziehen an einem Strang und wollen alle in eine Richtung: Auf das oberste Treppchen auf dem Podest», macht Jndia Erbacher klar. Diese Veranstaltung sei nur zu Stande gekommen, weil dieses Jahr kein Rennen in Hockenheim stattfindet. Wegen Corona. «Und Hockenheim ist unser Heimrennen. Wir haben uns gesagt: Das ist echt schade, wieso machen wir nicht hier etwas? Geplant hatten wir nur was Kleines. Nun ist es doch ziemlich gross geworden, da all die Rennfahrer zugesagt haben.»

Nun tummeln sich rund 500 Zuschauer am Samstag und am Sonntag auf dem Industrieareal in Dornach. Wir werden jäh vom Soundcheck der Musiker unterbrochen. «Bis später», Jndia eilt davon, sie nutzt die Zeit, denn sie hat wieder einiges zu besprechen und zu organisieren. Lange still sitzen liegt nicht drin. Ihre Rennen dauern im Grunde ja auch nur wenige Sekunden. Zwischendurch erklärt mir Team-Mitglied Thomas die technischen Details ihres Dragsters vor Ort. Währenddessen hat die Band auf der Bühne jedoch bereits Vollgas gegeben. Da huschen Wortfetzen wie «Kupplung», «Selbstzündung» oder «jahrzehntelange Entwicklungsarbeit» an meinen zugedröhnten Ohren vorbei, Erstere mischen sich mit der lauten Rockmusik zu einem einzigen Brei. Ich nicke.

Der Traum von Las Vegas

Die Band macht Pause. Das Gespräch mit Jndia geht weiter: Plötzlich leuchten ihre Augen. Kleine Flammen sind in ihren Pupillen zu erkennen. Könnte man meinen. Ach nein, das war nur eine optische Täuschung. Das hatten wir der Sonne zu verdanken. Es ist heiss, wie in der Wüste Nevadas. Jndia spricht über Las Vegas. Nach sechs Jahren Rennsport in Europa wäre es für die 27-Jährige ein Traum über den grossen Teich in die Wüstenmetropole zu fliegen. Dabei betont sie, dass nicht nur sie, sondern das ganze 15-köpfige Team davon träumt. Las Vegas wäre für dieses Jahr Ende Oktober angesetzt. Doch: «Das Problem ist, dass wir aus der Schweiz nicht einreisen können. Jetzt warten wir ab, ob die Grenze wieder aufgeht oder nicht. Den Dragster schicken wir jedenfalls am Mittwoch los nach Amerika. Freunde in den USA kümmern sich um ihn, bis wir kommen.» Spätestens im März nächsten Jahres. «Hockenheim ist das, was Las Vegas am nächsten kommt. Die Leute dort in den Staaten sind ganz anders. Viel offener als wir. Da kannst du über den Parkplatz laufen und sagen: «Boah, habe ich Hunger!» Dann heisst es gleich: Ahh! Komm zu uns, wir haben noch ein Würstchen auf dem Pick-up, frisch grilliert, nimm doch eins mit auf den Weg. In der Schweiz gibt’s so was nicht», lacht Jndia herzlich. «Aber der Punkt ist, ich bin 27 und in Amerika kann ich den Traum leben, 22 Rennen zu fahren. Falls ich es schaffe, die ganze Saison durch zu fahren.»

Für sie und das Team sind die USA zum Greifen nah: «Jetzt bin ich noch jung, mein Körper und mein Lebenslauf verzeihen mir noch viel. In näherer Zukunft plane ich auch nicht, Kinder zu kriegen. Das sind Dinge, die kann ich auch später tun. Jetzt ist einfach Leben angesagt.»

Gesagt, getan. Zurück in die ausgelassene Feststimmung. Wir verabschieden uns. Und wieder startet ein Rennfahrzeug für einen «Warm-up» seinen Motor und erneut hüllt sich der Platz in eine Staubwolke begleitet von ohrenbetäubendem Heulen. Jndia winkt und verschwindet im Nebel.

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