Am Rande der Gesellschaft – oder bereits darüber hinaus?

Die Inszenierung des preisgekrönten Romans «Mit einem Fuss draussen» von Anaïs Meier feiert am 21. März im Neuen Theater Premiere. Eine skurrile Krimi­geschichte über das Sein und Nichtsein in der Gesellschaft.

Setzen das Buch schauspielerisch um: Jonas Gygax (r.) als Kommissär Gerhard und Natalina Muggli in den Nebenrollen. Foto: Neues Theater

Skurril, lustig und tragisch sind wohl drei Begriffe, welche die Handlung in «Mit ­einem Fuss draussen» näherungsweise passend beschreiben dürften. Im Zentrum steht der Charakter Gerhard, der selbst eher am Rande der Gesellschaft einzuordnen ist. Genau um diese Thematik dreht sich die Geschichte, die Gerhard als Ich-Erzähler ausführt: Wie ist es am Rande der Gesellschaft, wo beginnt dieser und wo hört er auf? Wann überschreitet man diesen Rand und woran merkt man das?

Versinnbildlicht werden diese Fragen anhand eines abgetrennten Fusses, den Gerhard eines Tages in einem See findet. Dieser Park mit See liegt Gerhard sehr am Herzen, so dass er sich selbst zum «Kommissär» ernennt, um diesen vermeintlichen Kriminalfall zu lösen und damit den Frieden in seinem geliebten Park wiederherzustellen. Es beginnt eine Reise in den Kosmos der sozial Benachteiligten – da alles aus Gerhards Blickwinkel beschrieben wird, bleibt offen, inwieweit die Grenzlinien zwischen Wirklichkeit und Fantasie verschwimmen. Eine absurde Erzählung aus einer selten gehörten und wahrgenommenen Perspektive, die es schafft, in gleicher Weise skurril und lustig zu sein, ohne dabei den Tiefgang zu verlieren.

Beschwerdezettel als Ausgangspunkt

Hinter «Mit einem Fuss draussen» steckt die Berner Autorin Anaïs Meier. Ihre Schreibanfänge machte sie im Poetry-Slam und mit Kurzgeschichten. Heute schreibt sie Romane, Kolumnen und ist beim feministischen Autorinnenkollektiv «RAUF» aktiv. Ihre kreative Laufbahn begann mit einem Filmstudium, schnell merkte sie jedoch, dass das Schreiben ihre wahre Passion ist. «Ich habe vieles ausprobiert, aber Schreiben ist eigentlich das Einzige, das mir liegt», meint Meier schmunzelnd. «Ich schätze vor allem, dass ich allein und selbstständig arbeiten kann, das geniesse ich.»

So nahm auch die Entstehung ihres Debütromans «Mit einem Fuss draussen» einen eigenwilligen Verlauf – von der ersten bis zur letzten geschriebenen Zeile vergingen etwa zehn Jahre: «Als ich den ersten Teil fertig hatte, legte ich es für zwei bis drei Jahre auf die Seite, weil ich dachte, dass die Geschichte zu crazy sei. Es hat mich dann aber nie losgelassen und ich habe mit der Zeit einfach immer weitergeschrieben.»

Es ist vor allem die eigenständige Sprache voller Helvetismen und Kunst­wörter, die den Roman ausmacht und gleichzeitig auch den Ausgangspunkt der Entstehungen bildet. Alles begann mit einem Zettel an Meiers Wohnungstür mit der wörtlichen Aufschrift: «Auch du Idiot sollst die Fensterläden anmachen!!! (Ein genervter Nachbar)» Daraufhin fing Meier an, auf der Strasse solche Beschwerdezettel zu sammeln und bei sich im Atelier aufzuhängen. «Ich fragte mich, wer solche Zettel schreibt und was das für Menschen sind.» Das meine sie jedoch nicht wertend, denn auch sie selbst habe schon solche verfasst, erzählt sie augenzwinkernd. Um diese «Beschwerdebürgersprache» herum, wie Meier sie nennt, entfaltete sich dann die Persona Gerhard und seine Geschichte.

Kürzen und Fokussieren

Verantwortlich für die Bühnenumsetzung dieses Stücks mit seiner sonderbaren Sprache ist Jonas Darvas vom Neuen Theater. Er ist Regisseur und zuständig für die Ausstattung, wozu das Bühnenbild, die Requisiten und auch die Kostüme gehören. «Die entscheidende Herausforderung war sicherlich das Kürzen und Fokussieren auf bestimmte Begegnungen und Handlungen im Stück. Zudem spielt die unverkennbare und eigenartige Sprache natürlich auch in der Bühnenfassung eine wichtige Rolle», erklärt Darvas und meint: «Mich fasziniert am Stück, wie man die Geschichte eines Menschen am Rande der Gesellschaft erzählen und ihm eine Stimme geben kann, ohne sich dabei über ihn zu belustigen.»

Premiere: «Mit einem Fuss draussen», 21.  März, 19.30 Uhr, Tickets und weitere Informationen: www.neuestheater.ch

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