Gemeindepräsident oder Schulleiter: Muss auch Zeller sich entscheiden?
Das Kantonsgericht entschied vergangene Woche, dass Schulleitungsmitglieder nicht in den Gemeinderat gewählt werden dürfen. Die neue Auslegung des Gemeindegesetzes könnte auch Arlesheims Gemeindepräsident Karl-Heinz Zeller betreffen.

Lukas Hausendorf
Es war die Birsfelder SVP, die den Braten gerochen hat, als die SP-Kandidatin Regula Meschberger vergangenen März in den Gemeinderat gewählt wurde. Die Politikerin und amtierende Landrätin ist in ihrer Wohngemeinde Birsfelden nämlich auch Leiterin des Kindergartens und der Primarschule und damit Gemeindeangestellte. Demnach ist sie laut Artikel 9 des kantonalen Gemeindegesetzes, der die Unvereinbarkeit von Beruf und politischen Ämtern regelt, nicht wählbar für eine Gemeindebehörde. Eine Ausnahme macht das Gesetz nur bei Lehrkräften. Weil Meschberger nicht unterrichtet, fällt sie aber nicht unter diese Ausnahme.
Das erkannte die SVP Birsfelden und erhob eine Wahlbeschwerde, die am 4. Juli vom Kantonsgericht beurteilt wurde. Die Richter bejahten die Unvereinbarkeit im Fall Meschberger einstimmig. Damit könnte man meinen, sei der Fall gegessen. Dem ist aber nicht so, denn im Urteilsspruch nimmt das Gericht eine folgenschwere Auslegung des Unvereinbarkeitsartikels des Gemeindegesetzes vor. Schulleitungsmitglieder seien indes nicht Lehrkräfte, und zwar auch dann nicht, wenn sie nebenher unterrichteten, argumentiert das Gericht. Dabei stützt es sich auf das kantonale Bildungsgesetz, das die Schulleitung als administrative Stelle, die über der Lehrerschaft steht, umschreibt.
Von dieser Auslegung des Gesetzes, wie sie das Kantonsgericht nun vorgenommen hat, könnte auch der Arlesheimer Gemeindepräsident Karl-Heinz Zeller betroffen sein, der im Hauptberuf Sekundarlehrer ist. Zeller wurde am 26. April nämlich in die Schulleitung von Kindergarten und Primarschule gewählt. Darüber könnte er nun stolpern.
Fall Zeller ist nicht Fall Meschberger
Selbst wenn die neue Rechtsauslegung des Gerichts erst nach Zellers Wahl in Gemeinderat und Schulleitung kommt, ist es nicht auszuschliessen, dass Zeller davon betroffen sein könnte. Ist jemand aufgrund des Urteils des Kantonsgerichts über die Unvereinbarkeit nicht wählbar, so ist dieser Grund ein absoluter. Damit besteht sogar das Risiko der sogenannten Nichtigkeit, womit Juristen aber kaum rechnen. Es könnte aber auch ganz anders kommen, wenn Zeller sich dazu entschliessen sollte, seinen Fall vom kantonalen Verwaltungsgericht beurteilen zu lassen. Die Rechtsauslegung im Fall Meschberger ist nämlich nicht als bindende Rechtsregel zu verstehen. Das Gericht könnte in einem anders gelagerten Fall, was bei Zeller der Fall ist, da er im Unterschied zu Meschberger Lehrer ist, anders urteilen.
Kämen die Richter tatsächlich zum Schluss, dass Zeller aufgrund seiner Tätigkeit als Lehrer legitimiert ist, sowohl ein politisches Exekutivamt in der Gemeinde als auch ein Schulleitungsmandat zu halten, würde dem politischen Mehrheitswunsch im Dorf entsprochen. Damit wäre eine «exeptio Zelleris», wie sie FDP-Präsident Balz Stückelberger in diesem Zusammenhang auf seinem Weblog «Dometown Arlesheim» ins Feld führte, rechtlich doppelt begründet. Der kantonale Rechtsdienst hatte bereits in den 90er-Jahren den gleichen Interessenskonflikt zu beurteilen, als Schulleiter Felix Müller für die SP im Arlesheimer Gemeinderat gesessen hat. Damals wurde die im Buchstaben des Gesetzes festgehaltene Ausnahme für Lehrpersonen höher gewichtet.
Zeller hat sich schon festgelegt
Mehr Klarheit über mögliche Szenarien wird erst die schriftliche Urteilsbegründung des Kantonsgerichts bringen. Ob darin die im mündlichen Urteilsspruch getroffene Rechtsauslegung, die das Schulleitungsmandat höher gewichtet als die Lehrtätigkeit, Bestand haben wird, ist nicht sicher. Wenn doch, dann stünde in Arlesheim möglicherweise bereits der erste Kläger bereit. Die CVP hat das Urteil im Fall Meschberger mit Interesse zur Kenntnis genommen. Allerdings will Parteipräsident Stephan Kink zuerst die schriftliche Urteilsbegründung abwarten, bevor rechtliche Schritte in Erwägung gezogen werden. Auf der Gemeinde will man ebenfalls erst die schriftliche Urteilsbegründung abwarten, bevor man aus dem Fall Meschberger allfällige Konsequenzen zieht.
Karl-Heinz Zeller wird sich selbst kaum auf eine juristische Auseinandersetzung einlassen. Eine Entscheidung habe er für sich bereits gefällt. Ob für die Politik oder für die Schule – das behält er freilich vorderhand für sich.