Entstehung der Kunst aus der Spirale

Mit Friedensreich Hundertwasser zeigt das Forum Würth in Arlesheim ein weiteres Schwergewicht der Kunst des 20. Jahrhunderts. Die Ausstellung mit dem Titel «Die Ernte der Träume» dauert diesmal zwei Jahre.

Friedensreich Hundertwasser: «Blutregen tropft in japanisches Wasser, das in einem österreichischen Garten liegt». Mischtechnik. 1961. 131 x 163 cm.  Foto: edmondo SAvoldelli

Friedensreich Hundertwasser: «Blutregen tropft in japanisches Wasser, das in einem österreichischen Garten liegt». Mischtechnik. 1961. 131 x 163 cm. Foto: edmondo SAvoldelli

Edmondo Savoldelli

Alles Leben entstammt der Spirale, war der Maler, Zeichner, Architekt, Umweltaktivist und Provokateur Friedensreich Hundertwasser (1928–2000) überzeugt. Von den fernsten Spiralnebeln zu den ältesten Ammoniten, von der Doppelspirale eines Tannenzapfens zur Spirale einer Bohnenranke: Für Hundertwasser war die Spirale ein Synonym für alles Lebendige, das er auch mit seiner Kunst verwirklichen wollte. Alles Konstruierte wie die Gerade und der rechte Winkel waren ihm künstlerisch tief verachtenswert und stand seiner romantischen Vision der Einheit von Kunst und Leben entgegen.

Visionär einer besseren Welt
Vor mehr als 30 Jahren hat Reinhold Würth erste Arbeiten von Hundertwasser für die Kunstsammlung angekauft. Mittlerweile sind 66 Arbeiten dokumentiert. Originalmalereien, Seriegrafien, Siebdrucke. Hundertwasser hat den Drucken einen grossen Stellenwert in seinem Oeuvre beigemessen und in dieser Technik erfindungsreich und vielseitig gearbeitet. So gibt es in der Ausstellung acht Beispiele aus der Serie «10 002 Nights Homo Humus Come Va How Do You Do», die in 10 002 verschiedenen farbigen Variationen gedruckt wurde. Obwohl Hundertwasser der Ansicht war, dass die Druckgrafik geeignet sei, mehr Menschen mit Kunst anzusprechen, war er doch immer erpicht darauf, die Farben zu variieren, um so dem einzelnen Blatt etwas Originales mitzugeben. Das Beispiel zeigt auch, wie fantasievoll die Namensgebung der Werke war: «Mit der Liebe warten tut weh, wenn die Liebe woanders ist», «Friedensvertrag mit der Natur», «Recht auf Träume».

Das Traumbewusstsein war für Hundertwasser die Quelle der Kreativität und die Verbindung zu einer inneren, ursprünglichen Welt. «Malen ist träumen», sagte er, und: «Das Bild ist die Ernte dieses Traumes». Somit hatte Malen für ihn einen religiösen Aspekt, denn der Künstler ist durch seine Bilder für die Menschen ein Vermittler zu diesem inneren Paradies. Er öffnet Tore zu einer andern Welt und lässt in diesem magischen Moment den Pinsel durch die Muse führen. Dieses innere Paradies sollte aber mit dem äusseren Paradies einhergehen. Dafür hat er auf seinem Grundstück in Neuseeland 150 000 Bäume gepflanzt und organisch-ökologische Häuser gebaut wie die Markthalle Altenrhein in Staad am Bodensee.

Hundertwassers «vegetative» Bilder entstanden langsam, er liess den Bildern Zeit, damit sie ihre ornamentale Verspieltheit und ihre farbige Kraft mit ihren Spiralen, Kreisen, Bäumen und Zwiebeltürmen entfalten konnten. Die Stilrichtungen des abstrakten Expressionismus’ wie auch der Pop Art waren Hundertwasser fremd. In seinen Arbeiten lässt sich jedoch ein Einfluss von Klees Poesie und des dekorativen Reichtums des Wiener Jugendstils erkennen.
Die Ausstellung zeigt aber nicht nur den Maler Hundertwasser. Mit grossen Fotos wird auch der Vorreiter der Aktivisten für eine lebenswerte Umwelt und der Verfechter einer organischen Architektur vorgestellt. Und ein Begleitprogramm bietet die Möglichkeit, Friedensreich Hundertwassers Kunst vertieft kennenzulernen.

Zur Ausstellung ist ein Katalog mit zahlreichen Bildern erschienen.Friedensreich Hundertwasser: «Die Ernte der Träume». Im Forum Würth, Dornwydenweg 11, Arlesheim. Sonntag–Freitag, 11–17 Uhr. Bis 31.  Januar2016. <link http: forum-wuerth.ch external-link-new-window>forum-wuerth.ch.

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