Ambulant ist das neue Stationär – Finanzierungsfrage bleibt offen
Zu Hause statt Spitalbett – «Hospital at Home» soll die Gesundheitskosten senken und die Spitäler entlasten. Doch im Kanton Baselland gerät das Pilotprojekt zwischen die Fronten: Wer bezahlt? Wer bestimmt? Ein Modell mit Zukunft – wenn es denn eine bekommt.

Angesichts steigender Gesundheitskosten, einer alternden Bevölkerung und des Fachkräftemangels im medizinischen Bereich wächst auch in Baselland der politische Druck, den Grundsatz «ambulant vor stationär» möglichst flächendeckend umzusetzen. Die Gesundheitsdirektion steckt dabei grosse Hoffnungen in die spitalersetzende Behandlung «Hospital at Home», welche derzeit im Rahmen eines vom Kanton finanziell unterstützten Pilotprojekts an der Klinik Arlesheim mit Patientinnen und Patienten der inneren Medizin getestet wird.
Das Konzept: Behandlungen, die üblicherweise einen Spitalaufenthalt voraussetzen, werden insbesondere bei vulnerablen Personen stattdessen in den eigenen vier Wänden durchgeführt, um einerseits Spitalinfektionen, Stürze und akute Verwirrung zu verhindern, wie diese häufiger bei älteren Menschen im Spital auftreten, und andererseits die Spitäler zu entlasten.
Das Versprechen: weniger Behandlungs- und Folgekosten, weil die Patientinnen schneller gesund werden, seltener in die Reha und später ins Alters- und Pflegeheim müssen.
Es hängt wie immer am Geld
Insbesondere im psychiatrischen Kontext ist das Konzept in vielen Ländern längst Usus. Auch die Psychiatrie Baselland (PBL) bietet bereits seit Juli 2022 Menschen in akuten Krisen die Behandlung im häuslichen Umfeld an. Nach einer Pilotphase wurde das Modell letztes Jahr mit zehn Plätzen dauerhaft etabliert.
Das Pilotprojekt an der Klinik Arlesheim wurde nach vielversprechenden Zwischenergebnissen nochmals verlängert. Ob es irgendwann im Kanton flächendeckend eingeführt wird, hängt aber vor allem von der Finanzierung ab. Und die ist nach wie vor nicht geklärt.
Das Problem: «Hospital at Home» lagert stationäre Leistungen in den ambulanten Bereich aus. Doch ambulante und stationäre Leistungen werden unterschiedlich vergütet und abgerechnet. Während ambulante Leistungen allein von den Krankenkassen bezahlt werden, übernimmt bei einem stationären Aufenthalt der Kanton mindestens 55 Prozent der Kosten.
Das ruft die Spitex-Organisationen auf den Plan, die ohnehin etwas düpiert sind, weil sie nicht von Anfang an in die konzeptionelle Planung des Pilotprojekts einbezogen wurden. Sollen nun plötzlich Spitäler gleiche oder ähnliche Leistungen erbringen wie die Spitex, aber zu höheren Tarifen, fühlt sich das für sie an, als trampele man durch ihren Vorgarten. Darüber hinaus stellen sich rechtliche Fragen. Denn aktuell findet das Modell «Hospital at Home» im Bundesgesetz keine Berücksichtigung. SP-Landrat Urs Roth, bis vor kurzem noch Geschäftsführer des Spitex-Verbandes Baselland, stellt daher die Rechtmässigkeit des Pilotprojekts infrage. Roth findet, der Kanton hätte das Projekt nicht verlängern dürfen, ehe dafür die nötige Gesetzesgrundlage geschaffen worden ist.
Die Gesundheitsdirektion ist sich hingegen keinerlei Verstösse bewusst. Ihr Standpunkt: Da das Krankenversicherungsgesetz nicht explizit vorschreibt, dass eine stationäre Leistung in einem klassischen Spitalumfeld erfolgen muss, werde auch nicht gegen dieses verstossen. Zumal die Versicherten nicht mehr bezahlen müssen als für einen Spitalaufenthalt.
Davon abgesehen werden die im Rahmen von «Hospital at Home» erbrachten Leistungen zu einer deutlich geringeren Pauschale abgerechnet als stationäre Behandlungen. Soll das Betreuungsmodell im Kanton Baselland Schule machen, muss sich das freilich ändern. Denn ohne Anerkennung als stationsäquivalente Behandlung und entsprechende Vergütung ist «Hospital at Home» nicht selbsttragend.
Ob es so weit kommt, hängt nicht zuletzt vom politischen Willen des Landrats ab. Der Regierungsrat will diesem im Sommer einen Vorschlag für einen kantonsweiten Tarif unterbreiten. Dabei wird es wohl auch um die Frage gehen, wie zwischen stationsersetzenden und ambulanten Leistungen ein Ausgleich gefunden werden kann. Sonst dürfte kaum gelingen, die Spitex-Organisationen mit ins Boot zu holen. Ohne Spitex keine integrierte Versorgung.