Abstimmungskampf zwischen Fiktion und Realität

Der Neubau der Gehörlosen- und Sprachheilschule Riehen bei der Gerenmatte wird von Links bis Rechts unterstützt. Die Gegner agieren weiterhin anonym und argumentieren teilweise irreführend.

Lukas Hausendorf

Am 25. November entscheidet das Arlesheimer Stimmvolk über den Neubau der Gehörlosen- und Sprachheilschule Riehen (GSR) auf der Gerenmatte. Dass darüber abgestimmt werden muss, erstaunt, denn für einmal kommt die Opposition nicht aus der Politik. Privatpersonen, die nicht parteipolitisch engagiert sind, haben in Arlesheim das erste Referendum gegen ein Neubauprojekt seit zehn Jahren ergriffen. Innert Kürze sammelten sie 620 Unterschriften gegen das Vorhaben der Gehörlosen- und Sprachheilschule Riehen, die auf der Gerenmatte ihre zurzeit auf vier Gemeinden verteilten Angebote unter ein Dach bringen möchte. «One Roof», wie das Projekt bezeichnenderweise heisst, soll bis zu 150 Schülern mit einer Kommunikationsbeeinträchtigung Platz bieten.

Das Projekt stiess in der Nachbarschaft der Gerenmatte nicht nur auf Zustimmung. Kinder aus dem Quartier verlören eine beliebte Spielwiese, der Pausenplatz der Schüler werde kleiner, wurde moniert. Und Bedenken wegen einer drohenden Verkehrslawine durch Schulbusse wurden laut. Diese Bedenken sind bis heute nicht ganz ausgeräumt und bereiteten den Boden für das Referendumskomitee, das bis heute anonym operiert und sich der öffentlichen Diskussion entzogen hat, was in der politischen Öffentlichkeit mit Befremden zur Kenntnis genommen wurde.

Argumente jenseits der Fakten
Anstatt von 150 Schülern, die von der GSR am Standort Gerenmatte unterrichtet werden sollen, spricht das Referendumskomitee in seiner schriftlichen Begründung von rund 500 einzelnen Schülern, die unter der Woche zu unterschiedlichen Zeiten dort unterrichtet würden. Diese hohe Zahl würde eine Integration der GSR-Schüler in die Regelschule verunmöglichen, schreiben sie. Zudem würde die Gemeinde mit der Abgabe des Baurechts an eine private Institution das Entwicklungspotenzial ihrer eigenen Schule auf Jahrzehnte hinaus blockieren.

Diese Argumentation zeugt in den Augen der Gemeinde und insbesondere der GSR selbst, der damit implizit der Vorwurf gemacht wird, das Stimmvolk mit falschen Zahlen in die Irre zu führen, von einem flexiblen Umgang mit den Fakten. «Die Behauptung mit den 500 Schülern ist schlicht nicht wahr», ärgert sich die pädagogische Leiterin der GSR, Claudia Sturzenegger. Tatsächlich würden nur 130 bis 150 Schüler in Arlesheim unterrichtet werden. Des Weiteren betreue die GSR rund 230 Schüler integrativ in den Regelschulen am Wohnort der Betroffenen. Das Referendumskomitee müsste das eigentlich wissen, hat die GSR doch schriftlich auf seine Fragen Stellung genommen.

Die Gemeinde widerlegt die Argumente des Komitees ebenfalls in einer schriftlichen Stellungnahme zum Abstimmungs-Ratschlag. Die Befürchtung, für die Umsetzung von HarmoS nicht den benötigten Schulraum realisieren zu können, wird darin zerstreut. «Die zusätzlichen benötigten zwei Klassenzimmer können als Erweiterung des GSR-Neubaus zeitnah und kostengünstig realisiert werden» und würden im Stockwerkeigentum erworben.

Parteien in der Verantwortung
Der einzige Vorbehalt, der auch bei den Parteien nach wie vor besteht, ist die Entwicklung der Verkehrssituation am Mattweg durch den Neubau der Sprachheilschule. Allerdings wurde an einer gemeinsamen Sitzung aller Parteivertreter, Gemeinde und GSR die Bildung einer Begleitgruppe beschlossen, in der auch Anwohner vertreten sein werden, um eventuelle Probleme mit dem Mehrverkehr durch GSR-Schulbusse am Mattweg zu bewältigen. «Wir sehen wie die Gegner heikle Punkte, aber die Parteien stehen auch in der Verantwortung Lösungen zu bieten», erklärt FPD-Präsident Balz Stückelberger.

Der Abstimmung sieht er, wie übrigens auch GSR-Schulleiterin Claudia Sturzenegger mit Zuversicht entgegen. «Wir haben die Fakten und Lösungen auf unserer Seite», sagt er. Das anonyme Referendumskomitee hätte Stückelberger, der die Kampagne für den GSR-Neubau leitet, übrigens gerne in die Debatte miteinbezogen und an besagte Sitzung eingeladen. Nur wusste er nicht, wen er denn einladen sollte.

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