«Ich hätte gut und gerne noch fünf Jahre weiterarbeiten können»
Einem alten verlassenen Haus am Bruggweg in Arlesheim wird neues Leben eingehaucht: Seit vergangener Woche lädt Sarah Walbecks Ausstellung zur Reflexion über Vergangenheit, Zukunft und Veränderung ein.
Es ist Donnerstag, kurz vor 19 Uhr. Die letzten Sonnenstrahlen schimmern durch die hellen, grossen Fenster des etwas heruntergekommenen Hauses. Im Wohnzimmer drängen sich rund 50 Interessierte um die junge Künstlerin Sarah Walbeck und lauschen ihren Einführungen. Die Besucherinnen und Besucher der Vernissage hören gespannt zu, als Walbeck den Namen ihrer Ausstellung, «Veränderung Vormals 14», erklärt. Das sogenannte «Abrisshaus» am Bruggweg, das heute die Hausnummer 60 trägt, birgt viel Geschichte in sich. Es gehörte dem mittlerweile verstorbenen Ehepaar Chrétien, welches das Haus und das dazugehörige Anwesen jahrzehntelang mit Leben und vor allem mit Erinnerungen füllte. Diese Erinnerungen in Kombination mit dem Motiv der Veränderung wollte Sarah Walbeck in ihrer Ausstellung verarbeiten. Die 30-Jährige machte es sich zur Aufgabe, die 20 Räume des alten Hauses zu einer Erlebniswelt werden zu lassen, die möglichst viele Sinne anspricht und ihrem Motiv stets treu bleibt – der Veränderung.
Vom Keller bis in den Dachstock
Einige staubige, von Kerzen beleuchtete Treppenstufen führen hinab in den Keller. Im ganzen Haus gibt es weder fliessend Wasser noch Strom, was die neonfarbene (batteriebetriebene) Lichtinstallation umso mehr erstrahlen lässt. Mit der bunten Projektion wird eine Wand beleuchtet, auf der sich die im Keller umherwandelnden Menschen selbst als Teil eines Schattenspiels wiederfinden. Treppen hoch, am Flur vorbei, hinauf in den ersten Stock und dann links: Hier befindet sich ein weisser Raum mit mehreren Fensterscheiben und Spiegelelementen im Zentrum. Der bei Tageslicht hell wirkende «Fensterraum» verändert sich bei Einbruch der Dunkelheit zu einem völlig anderen Sinneserlebnis. Der Fokus liegt nun nicht mehr auf dem Visuellen, sondern auf den Geräuschen der Wassertropfen, dem Geruch von Farbe und alten Büchern – den weiteren Elementen des Raumes, die bei Tageslicht wohl eher in den Hintergrund rücken. So verhält es sich auch bei den weiteren Räumen: Die Ausstellung interagiert mit Komponenten wie dem Gemurmel der Besuchenden, der Tageszeit oder dem Wetter.
«Die Idee, ein leer stehendes Haus künstlerisch zu gestalten, hatte ich jahrelang im Hinterkopf, und sie liess mich einfach nicht los», sagt Walbeck über die Inspirationssuche für die Ausstellung. Sie habe die Kunst und das Kreativsein immer schon als wichtigen Teil ihres Lebens gesehen, meint die ausgebildete Hotellerie-Gastronomin, die mit der aktuellen Ausstellung ihr Studium der bildenden Künste an der Visual Arts School Basel abschliesst. «Die Kunst war seit jeher mein Safe Space, da, wo ich mein Herzblut reingesteckt habe.» Doch es habe einige Zeit gebraucht, um den Mut zu fassen, beruflich auf diese Karte zu setzen, und mittlerweile laufe es ganz gut. Neben der Arbeit an ihren Projekten ist sie als Gastdozentin und Fotografin tätig.
«Kunst muss nicht verstanden, sondern erlebt werden»
«Das ursprünglich für drei Monate geplante Projekt dauerte schliesslich fast ein Jahr, irgendwann musste ich mir aber eine Grenze setzen – ich hätte sonst gut und gerne noch fünf Jahre weiterarbeiten können», sagt Walbeck schmunzelnd. Ein neues Projekt habe sie konkret noch nicht geplant, meint aber optimistisch, dass sich im Leben durch die konstante Veränderung sicher irgendwo eine neue Tür öffne. Bereits geöffnet ist die Tür zu Sarah Walbecks Ausstellung, die noch bis zum 15. Oktober besucht werden kann. Die Ausstellung sei «transformativ, vielschichtig sowie abwechslungsreich», ergänzt Walbeck und meint abschliessend: «Alle sind willkommen – Kunst muss nicht verstanden, sondern erlebt werden.»
Ausstellung «Veränderung Vormals 14»: Do und So, 14–18 Uhr, Fr und Sa, 16–21 Uhr, Bruggweg 60. www.sarah-walbeck.com